Abschied von ZDF-Kommentator Béla Réthy: Eine TV-Stimme geht

    Abpfiff für TV-Stimme:Réthy: "Freude und Wehmut gleichzeitig"

    von Daniel König
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    Er war 28 Jahre bei Welt- und Europameisterschaften eine prägende Stimme des ZDF: Beim Halbfinale Frankreich gegen Marokko sitzt Béla Réthy nun ein letztes Mal am Mikrofon.

    Réthy: "Gefühle fahren Karussell"
    ZDF-Sport-Kommentator Béla Réthy über seine Gefühlslage vor seinem letzten Spiel, eine besondere WM-Final-Erinnerung und über die Klasse von Lionel Messi.14.12.2022 | 4:08 min
    London, 30. Juni 1996, EM-Finale: Oliver Bierhoff schießt Deutschland in der 95. Minute mit dem ersten Golden Goal der Fußball-Geschichte zum Europameister. Als Kommentator für das ZDF mit dabei: Béla Réthy, der damals sein erstes großes Endspiel kommentierte.
    Bei bisher je sieben Welt- und Europameisterschaften war er für das Zweite im Einsatz. Unter anderem kommentierte Réthy von 1996 bis 2018 alle vom ZDF übertragenen Endspiele bei Welt- und Europameisterschaften. In dieser Zeit hat der 65-Jährige viele besondere Spiele begleitet. Nun wird das Halbfinale zwischen Frankreich und Marokko am Mittwoch (20 Uhr live im ZDF) bei der WM in Katar sein letzter Auftritt am Mikrofon. Ein Rückblick. 

    Pizzakarton statt Laptop

    Das EM-Finale 1996 wird Réthy auch aufgrund der Stunden vor dem Anpfiff nicht vergessen. "Am Tag des Endspiels habe ich zwei, drei interessante Geschichten entdeckt, die ich noch nachtragen wollte", erzählt der Fußball-Experte. Allerdings stürzte der Laptop mit allen Notizen zum Finale plötzlich ab und der Bildschirm blieb schwarz. So mussten Réthy und sein Kollege Martin Schneider, der ebenfalls beim Endspiel im Einsatz war, einen alternativen Weg finden.
    ZDF-Reporter Bela Rethy
    Béla Réthy 2000 beim Länderspiel Deutschland gegen Spanien
    Quelle: ZDF

    "Auf dem Weg ins Stadion haben wir uns eine Pizza gekauft. Auf der Rückseite des leeren Kartons haben wir einen Strich gezogen und jeweils auf einer Seite alles zu Deutschland und Tschechien notiert", blickt Réthy zurück. "In der Spitze verfolgten bei dem Finale mehr als 30 Millionen Zuschauer die Partie. Da lernt man, wie man unter Druck arbeiten kann." 

    Réthy als Radioreporter 

    In besonderer Erinnerung ist ihm auch das EM-Halbfinale 2008 zwischen Deutschland und der Türkei geblieben. Aufgrund eines Unwetters fiel mitten im Spiel minutenlang das Bild aus und Réthy musste die Partie für die Zuschauerinnen und Zuschauer vor dem Fernseher im Stil eines Radioreporters kommentieren. Erst kurz vor dem 3:2-Siegtreffer von Philipp Lahm in der 89. Minute funktionierte das internationale Bildsignal wieder.
    ZDF-Reporter Bela Rethy
    Bildausfall beim EM-Halbfinale 2008
    Quelle: IMAGO / Schupfner

    "Ich erinnere mich vor allem noch an den Morgen danach. Ich dachte, das war einfach eine Panne und die haben wir irgendwie gelöst. Aber es ist ein richtiger Hype um diese Geschichte entstanden. Das war schon mit das Kurioseste, was ich in meiner Laufbahn erlebt habe", erzählt Réthy rückblickend zu dieser ungewöhnlichen Übertragung.

    "Das ist historisch"

    Am häufigsten angesprochen wird er auch heute noch auf den 7:1-Erfolg der deutschen Mannschaft im WM-Halbfinale 2014 gegen Brasilien.
    Manu Thiele: WM 2002
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    "Das ist historisch und das wird es nicht wieder geben. Vom Arbeiten her sind mir spannende Spiele aber lieber", meint der Kommentator und denkt dabei zum Beispiel an das Finale 2002, als sich Brasilien gegen Deutschland mit 2:0 durchsetzte und Weltmeister wurde: "Das war mein erstes WM-Finale. Ein sehr spannendes und enges Spiel und vom Arbeiten her fast cooler als das 7:1."
    Die WM war für Réthy, aber auch ganz privat von großer Bedeutung. Der Sportjournalist hat einen großen Teil seiner Kindheit in der brasilianischen Metropole São Paulo verbracht - er spricht neben Deutsch auch Portugiesisch, Spanisch, Ungarisch, Englisch und Französisch. Kenntnisse, die ihm immer wieder in seinem Beruf geholfen haben.
    ZDF-Reporter Bela Rethy
    ZDF-Reporter Bela Rethy
    Quelle: ZDF

    Schlusspunkt einer langen Karriere

    Die bereits im Vorfeld stark in der Kritik stehende WM in Katar ist nun der Schlusspunkt unter Réthys langer Kommentatoren-Karriere. Dabei spürte er vor Beginn des Großereignisses "nicht die gleiche, aber eine gewisse Vorfreude. Die Umstände werfen einen gewissen Schleier über das Ganze. Aber ich habe mich immer wieder auf eine WM gefreut, das ist alle vier Jahre ein absolutes Highlight."
    Aus sportlicher Sicht hatte Réthy eine spannende Weltmeisterschaft erwartet, die mit den beiden Halbfinals nun auf die Zielgeraden einbiegt. Mit seinem WM-Favoriten Brasilien sowie mit der Vorhersage, dass Deutschland das Achtelfinale erreiche, lag er allerdings daneben.

    Luxus Terminlosigkeit

    Mit Blick auf den beginnenden Ruhestand freut sich der Kommentator jetzt auf die Terminlosigkeit: "Das wird ein großer Luxus, das kenne ich gar nicht."  Dennoch verspürt er gemischte Gefühle: "Ich habe in dieser langen Zeit in der Redaktion viele Freunde gefunden. Es ist Freude und Wehmut gleichzeitig, das kann sehr gut nebeneinander existieren."
    Bela Rethy
    Béla Réthy 2011 in der Allianz-Arena
    Quelle: IMAGO / Ulmer

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