Dann wäre ich ein gemachter Mann

Themenschwerpunkt: Viele der Flüchtlinge, die aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind, haben die gleichen Hoffnungen und Träume wie wir. Aus verschiedenen Blickwinkeln wird berichtet über ihr Ankommen, ihre Erfolge und die Hindernisse, die sie auf ihrem langen Weg der Integration überwinden müssen. Einige Filme gehen auch auf die Situation in den Herkunftsländern ein.

Vor fünf Jahren habe ich den damals 15-jährigen Samir bei Recherchen für 37 Grad kennengelernt. Er ist einer von drei Protagonisten in meinem Film „Ohne Eltern im fremden Land“. Als ich Samir das erste Mal treffe, sitzt er an seinem Schreibtisch in einem Wohnheim der Caritas und lernt Deutsch. Unter seinem Fenster spielen die Jungs aus Somalia Fußball. Samir hat gerade seinen Asylantrag gestellt und möchte in Deutschland einen guten Schulabschluss machen.

In Wiesbaden hat der junge Afghane, der 2014 vor den Taliban geflohen ist, erst mal eine längere Glückssträhne. Er trifft auf die richtigen Leute: Sozialpädagogen, Lehrer und Mitschüler lotsen ihn durch den deutschen Alltag. Nach der Ausstrahlung des ersten Films überschlagen sich die Ereignisse: Es ist das Ende der Willkommenskultur, die Politik ändert sich und die Zeiten für junge Flüchtlinge werden härter. Samir und ich bleiben in Kontakt und ich wundere mich, wie lange sich sein Asylverfahren hinzieht. Nach drei Jahren in Deutschland gibt es immer noch keinen Anhörungstermin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

Endlich kommt die lang erwartete Einladung zur Anhörung beim BAMF. Samir hat sich akribisch vorbereitet und seitenlange Berichte aus seinem Heimatland in Dari auf Deutsch übersetzt. In den letzten Wochen vor der Anhörung schläft er kaum noch. Parallel laufen aber die letzten Klausuren und Prüfungen für seinen Realschulabschluss. Er wird von seinem Wiesbadener Anwalt zum Bundesamt begleitet und ich darf als Privatperson mit dabei sein. Der sogenannte Entscheider tritt korrekt und höflich auf, wirkt aber irritiert, nachdem er erfährt, dass ich Journalistin bin. Obwohl Samir seinen Bericht über die Fluchtgründe und die Situation in seiner Heimat glaubwürdig vorträgt und auch die ‚besonderen Integrationsleistungen‘ protokolliert werden, verlassen wir alle den Raum mit gemischten Gefühlen. Als ich den Namen des Entscheiders recherchiere, stellt sich heraus, dass dieser acht Jahre für die Republikaner im Wiesbadener Stadtparlament saß und zeitweilig stellvertretender Landesvorsitzender der Partei in Hessen war. Zwar sind die REP nicht verboten und werden seit 2007 nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet, aber es handelt sich um eine Partei, die in ihrem Programm das Grundrecht auf Asyl abschaffen will. Der politische Background des Entscheiders wirft bei uns also einige Fragen auf und hinterlässt ein ‚Geschmäckle‘. Ein angefragtes Interview mit den Personalverantwortlichen beim BAMF wird mir nicht gewährt. Zu diesem Zeitpunkt bekomme ich grünes Licht für einen zweiten Film. Drei Wochen später wird Samirs Asylantrag in allen Punkten abgelehnt.

Während der Dreharbeiten hat mich immer wieder überrascht, wie viele Menschen Geflüchtete unterstützen wollten. Gerade mittelständische Unternehmer berichteten mir, dass sie händeringend Azubis suchen und liebend gerne auch Afghanen, Syrer oder Somalis ausbilden würden. Diesem dringenden Bedarf an Arbeitskräften steht aber eine unübersichtliche Menge unterschiedlicher Paragraphen (einerseits im Asylrecht und andererseits im Ausländerrecht) gegenüber. Manchmal verhindern so starre Fristen und zu viel Bürokratie ein eigentlich gewünschtes Beschäftigungsverhältnis. Denn nicht alle Personalchefs gehen das Risiko ein, in einen Lehrling zu investieren, der vielleicht gar keine Bleibeperspektive hat. Sie geben auf, wenn es für sie zu kompliziert wird. Auch ich habe mich in diesem Labyrinth der Bürokratie kaum zurechtfinden können. Besonders für jemanden, der gerade erst Deutsch gelernt hat, ist es schier unmöglich, da noch durchzusteigen. Ich habe Samir in den letzten Jahren oft niedergeschlagen erlebt und gemerkt, wie sehr die Ungewissheit und das lange Warten auf offizielle Anerkennung und einen gesicherten Aufenthaltsstatus an seinen Nerven zerrt. Trotzdem hat er nicht aufgegeben und beharrlich immer weitergemacht. Nicht jeder Jugendliche wird so lange durchhalten, ohne den Mut zu verlieren. Ich wünsche mir, dass die Politik mit gesundem Menschenverstand schnellere Lösungen für gut integrierte Menschen findet, die hier arbeiten wollen. Denn viele von ihnen haben am Ende die gleichen Träume und Hoffnungen wie wir, auch wenn sie von weit her zu uns gekommen sind.

Die Aufenthaltserlaubnis wird befristet zu einem bestimmten Zweck erteilt. Das Aufenthaltsgesetz listet die möglichen Zwecke auf:

• Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung (§§ 16-17 AufenthG),
• Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit (§§ 18 ff. AufenthG),
• Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen (§§ 22-26, 104a, 104b AufenthG),
• Aufenthalt aus familiären Gründen (§§ 27-36a AufenthG).

Voraussetzung für den Familiennachzug zu einem Ausländer ist im Allgemeinen, dass

• der bereits hier lebende Ausländer eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt, eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
• ausreichender Wohnraum vorhanden ist,
• der Lebensunterhalt des Familienangehörigen sowie die Krankenversicherung ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gesichert ist und außerdem
• kein Ausweisungsgrund vorliegt.

Weitere Vorraussetzungen:

Der Ehegattennachzug hängt davon ab, dass beide Ehegatten ein Mindestalter von 18 Jahren erreicht haben und sich der nachziehende Ehegatte zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann. In Sonderfällen kann auch vom Mindestalter und/oder dem Sprachnachweis abgesehen werden.

Eine Sonderregelung besteht für den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten. Dieser ist auf 1.000 Personen pro Monat beschränkt und wird gemäß § 36a aus humanitären Gründen gewährt.

Quelle: bmi.bund.de