Schmerz, lass nach!

Beate (52) hat chronische Polyarthritis. Schmerzen prägen ihren Alltag. Was sie tut, um durchs Leben zu kommen, erzählt sie in dieser Onlinegeschichte.

Sie rannte von Arzt zu Arzt, ließ sich sogar operieren. Doch die Schmerzen gingen über Jahre nicht weg. Eine junge Erzieherin lässt uns anonym an ihrer Geschichte teilhaben.

Von Katja Aischmann und Volker Schmidt-Sondermann

Als wir uns auf die Suche nach Menschen mit chronischen Schmerzen machten, ahnten wir noch nicht, wie schwer es wird, Protagonisten für unser Thema zu finden. Viele sind verunsichert und ziehen sich zurück, weil sie nicht ernst genommen fühlen - weder von Ärzten, noch von der Gesellschaft. Denn Schmerzen, die man nicht sehen kann, werden schnell als Wehleidigkeit abgetan.

Umso dankbarer sind wir, dass wir Martina, Susanne und Selim gewinnen konnten. Dass sie bereit waren, mit uns ganz offen über ihre chronischen Schmerzen zu sprechen, ihre Hemmungen überwunden haben und sich mit der Kamera begleiten ließen.

Susanne aus Leipzig leidet seit fünf Jahren an Morbus Sudeck und hat sich völlig aus ihrem alten Leben zurückgezogen. Sie hatte bisher nur selten so richtig über ihre Probleme geredet, obwohl sie einen tollen Rückhalt in ihrer Familie hat. Doch bei den Dreharbeiten sprach sie plötzlich über ihre Verzweiflung und darüber, dass sie schon so weit war, sich ihren rechten Arm abnehmen lassen zu wollen. Die Begegnung mit ihr war so intensiv, dass sogar Tränen flossen und ihre Tochter sagte, so offen hätte ihre Mutter noch nie über die Krankheit geredet.

Auch bei Selim in Düsseldorf gab es so einen intensiven Moment. Er hat nach seiner Morbus Bechterew-Diagnose sein ganzes Leben umstellen müssen - bewusste Ernährung und tägliches Yoga-Training, um den Körper in Schwung zu halten. Schließlich standen wir mit seiner Freundin Gökcen in der Küche und sie sagte, sie würde alles für Selim tun. Als sie dann auch noch die Ukulele rausholte und „Don’t worry“ sang, wurde allen völlig klar, wie wichtig es ist, einen liebenden Menschen an seiner Seite zu haben, wenn das Leben zur Qual wird.

Und dann war da noch Martina in Berlin, die schon seit über zwanzig Jahren unter chronischen Schmerzen leidet. Die Berlinerin sprach mit uns über den dunkelsten Moment in ihrem Leben. Über den Augenblick, als sie sich völlig verzweifelt aus dem neunten Stock ihres Wohnhauses stürzen wollte. Heute sagt sie, dass sie erst lernen musste, den Schmerz als Teil ihres Lebens zu akzeptieren.

Wir sind dankbar dafür, dass wir drei Menschen getroffen haben, die bereit waren, sehr persönlich über das zu reden, was in Deutschland täglich fünf Millionen Menschen erleiden: schwere chronische Schmerzen. Martina, Susanne und Selim haben all diesen Betroffenen eine Stimme gegeben.