Vickys Traum vom Sehen

Bereits im Jahr 2014 begleitete 37 Grad Vicky und ihre Familie. Außerdem wurde der damals 20-jährige Yves vorgestellt. Beide wollen so selbstständig wie möglich leben.

Mit 15 Jahren wurde Lisa-Marie an den Augen operiert. Das Sehvermögen sollte stabilisiert werden - doch sie erblindete vollends. Hier erzählt sie ihre Geschichte anonym:

Wolfgang Hermann ist blind und hat einen unglaublichen Traum: Er will sich das perfekte Haus bauen, mit seinen eigenen Händen, ganz auf seine Bedürfnisse abgestimmt.

Blinder Hausbauer

Das Glaukom, im Volksmund auch als Grüner Star bekannt, gehört zu den klassischen Alterserkrankungen. Doch welche Therapie ist die richtige?

37 Grad begleitet Fotografin Jenny Klestil, die Menschen mit Behinderungen ablichtet. Wir haben sie auf dem Deutschen Down-Sportlerfestival begleitet.

Es war 2014, als ich Vicky und ihre Familie das erste Mal traf: die alleinerziehende Mutter Astrid und die Kinder Becky und Franzi, Pflegetochter Angelina und Vicky. Der Vater war eineinhalb Jahre zuvor an einer Erkrankung gestorben. Seinerzeit ging es um den „37 Grad“-Film: „Unser ziemlich bestes Leben“ (07.10.2014). Dabei wurden Menschen mit Behinderungen portraitiert und ihr Weg in ein selbstständiges Leben gezeigt. Vicky war eine von mehreren Protagonisten dieser Dokumentation und eigentlich war nicht vorgesehen, ihre Geschichte weiterzuerzählen. Wäre da nicht der Anruf eines Medizingeräteherstellers gewesen, der uns fragte, ob wir einen Kontakt zu Vicky herstellen könnten. Man hatte unseren „37 Grad“-Film gesehen und es war in Erinnerung geblieben, dass Vicky unter einem Sehverlust litt, den sich kein Augenarzt erklären konnte. Die Idee war, sie mit einer neueren Methode zu behandeln, von der man sich eigentlich Erfolge bei Patienten mit Grünem Star erhoffte: die Elektrostimulation. Dabei wird ein geringer Wechselstromimpuls auf die Sehnerven gegeben. Die Hoffnung ist, dass auf diese Weise vielleicht jene Nervenfasern der Sehzellen wieder angeregt werden, die noch nicht abgestorben sind. Ein Hoffnungsschimmer, wer weiß?

Jedenfalls haben wir den Kontakt hergestellt und alleine Vicky und ihrer Familie die Entscheidung überlassen, ob sie diesen Versuch wagen wollten. Einige Wochen geschah gar nichts, ich hatte die Angelegenheit eigentlich schon wieder vergessen, als mich Vicky freudig anrief und mir mitteilte, sie habe das Prozedere über sich ergehen lassen und würde nun tatsächlich wieder schemenhaft Umrisse erkennen. Möglicherweise könnte sich ja durch weitere Behandlungen – die immer in einem bestimmten zeitlichen Abstand stattfinden mussten – ihr Augenlicht noch weiter verbessern? Wir entschieden uns dafür, bei der nächsten Behandlung mit der Kamera dabei zu sein. Sollte Vicky danach tatsächlich wieder etwas sehen, wäre dies mehr als außergewöhnlich.

Leider kam dann aber doch alles ganz anders. Der behandelnde Augenarzt, Prof. Dr. Carl Erb, musste 2016 Vicky mitteilen, dass die Behandlung doch nicht erfolgreich war, sich ihre Sehkraft wieder verschlechtert hatte – ohne Hoffnung. Dies war für Vicky, ihre Familie – und auch für uns ein harter Schlag. Wie sehr hätten wir ihr gewünscht, dass sie die Welt wieder sehen kann. Doch wie sollte es von nun an weitergehen? Vickys Lebensweg als blinder Mensch war vorgezeichnet – mit vielen Hürden und Herausforderungen. Anstatt die Dreharbeiten nun einzustellen, haben wir – mit Vickys Zustimmung – uns entschieden, ihren Lebensweg weiter zu begleiten.

Über einen Zeitraum von insgesamt mehr als vier Jahren haben wir sie immer wieder besucht und Stationen ihres Lebens dokumentiert. Eine Aussage von Vicky hat mich persönlich besonders beeindruckt. Nach all den Tiefschlägen, die sie in den vielen Jahren erleben musste, antwortete Vicky während der letzten Dreharbeiten in Berlin auf die Frage, was sie sich noch wünschte: „Ich wünsche mir eigentlich gar nichts. Ich bin so zufrieden, wie ich bin.“ Ich glaube, nicht viele Menschen können das von sich behaupten. So ist sie für mich ein Beispiel dafür, wie sicher diese junge Frau inzwischen in sich ruht. Mir hat sie geholfen, gelegentlich darüber nachzudenken, was ein zufriedenes Leben bedeutet.