An der Nord- und Ostseeküste finden sich zahlreiche sperrige Relikte aus der Zeit des Nationalsozialismus. Der fünfte Teil der Reihe „Böse Bauten“ reist von Holland bis an die Ostsee nach Rügen und Peenemünde.
Erschütternd und bizarr
Quelle: ZDF/Thomas Hamelmann
Wie geht die Küstenregion mit dem Nazi-Bauerbe um? Die Bunker des so genannten „Atlantikwalls“ im niederländischen Scheveningen, dem See-Vorort von Den Haag, bieten ein bizarres Bild, mitten in der Ferienidylle. Was soll man mit ihnen anfangen? Eine holländische Stiftung kümmert sich nun um diese Beton-Bauwerke, die die deutschen Besatzer einst hinterlassen haben. Freiwillige graben sie aus dem Dünensand frei und restaurieren sie sogar originalgetreu. Der Atlantikwall: Ein länderübergreifendes, europäisches Kriegs-Monument, das für die Zukunft erhalten sein will. Den Bauten des ehemaligen Feindes nehmen sich nun die Holländer an und befragen gleichzeitig ihre eigene Geschichte. Manche Bunker werden auch ganz friedlich neu interpretiert und verwandeln sich in stylische Eigenheime.
Ein erschütterndes Kriegsmonument ist das wenig bekannte Kriegsgefangenenlager Sandbostel zwischen Bremen und Hamburg. Dort, wo Tausende von Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen sterben mussten, versucht man jetzt, die historischen Baracken und Mauerreste zu sichern und legt überwucherte Fundamente frei. Jugendliche helfen dabei. Das Ziel ist, die Überreste nicht zu rekonstruieren, sondern sie in ihrer oft ruinösen Gestalt zu konservieren.
Explosive Hinterlassenschaft
Quelle: ZDF/Sebastian Felsch
Derweil sorgt das längste und wohl prominenteste NS-Bauwerk des Nordostens, das einstige KdF-Seebad Prora auf Rügen, immer wieder für Schlagzeilen. Schicke Eigentumswohnungen verkaufen sich bestens, aber was wird vom Original noch erfahrbar bleiben? Die Dokumentation unternimmt eine kritische Spurensuche. In Peenemünde, auf der Ostsee-Insel Usedom, besucht das ZDF-Team das streng abgeriegelte munitionsbelastete Sperrgebiet der ehemaligen Heeresversuchsanstalt, in der Wernher von Braun, der „Vater“ der US-Mondlandung, mit der V2-Rakete frühe NS-Karriere machte. Dort, wo die Versuchsraketen in den Himmel geschossen wurden, wuchert heute dichter Wald, fast unberührt seit den 1930er Jahren. Doch zwischen Trümmerbrocken und den Bäumen lauern noch alte, explosive Munitionsreste. Die Vergangenheit gibt ihre Geheimnisse preis. Was kann hier erhalten bleiben, was muss aufgegeben werden?
„Böse Bauten“ ist eine ZDF-Dokumentationsreihe, die sich mit den baulichen Hinterlassenschaften der NS-Zeit beschäftigt. 2018 bekommt die Autorin Kathrin Beck und ihr Team für die Folge IV, die sich mit Bauten in Westdeutschland befasste, den Journalistenpreis des „Deutschen Preises für Denkmalschutz“. Der Preis, der vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz vergeben wird, ist die höchste Auszeichnung auf diesem Gebiet in der Bundesrepublik Deutschland. ZDFinfo und Phoenix senden „Böse Bauten V“ in längeren Versionen.