Die Gewässer vor Chiles Küste mit ihrem reichen Nahrungsangebot sind das ideale Jagdgebiet für den Blauwal – das größte Tier, das auf unserem Planeten derzeit lebt und jemals gelebt hat. Vor Kurzem haben Wissenschaftler einen entscheidenden Baustein entdeckt. Er erklärt, wie es den Giganten der Meere gelingt, ausreichend Nahrung zu erbeuten.
Blauwale sind heute selten geworden. Schätzungen von Experten zufolge gibt es in den Weltmeeren nur noch etwa 3500 Tiere. 2003 stießen Forscher in den Buchten der chilenischen Fjorde überraschend auf eine Gruppe von über 150 Blauwalen mit ihren Jungtieren. Die Buchten bilden ein wahres Labyrinth, ideales Futtergebiet für die Wale, denn hier gibt es kaum Strömung. Hierher transportiert der Humboldtstrom die Hauptnahrung des Meeressäugers: Kleinkrebse, den sogenannten Krill. Das ruhige Wasser in den Fjorden hält ihn in großen Schwärmen zusammen. Hier lernen vor allem die jungen Blauwale, wie man fette Beute macht.
Ein Sensor im Maul
Aber warum werden die Tiere so groß, obwohl sie sich ausschließlich von Krill, Plankton und kleinen Fischen ernähren? Blauwale erreichen eine Länge von über 30 Metern und bringen dann rund 200 Tonnen auf die Waage. Mit welchem Trick schaffen sie es, an genügend Nahrung zu kommen? Erst vor Kurzem entdeckten Forscher den entscheidenden Baustein, der die Erklärung liefert: Hat ein Blauwal einen Krillschwarm im Visier, peilt er ihn an und beschleunigt sein Tempo. Unmittelbar vor dem Schwarm dreht er sich zur Seite, verdreht den Kiefer und lässt möglichst viel Wasser samt Beute in die geöffnete Kehle strömen.
Bei diesem komplexen Vorgang nimmt das Tier 80 bis 90 Kubikmeter Wasser auf. Ist der Mundraum gefüllt, schließt der Wal sein Maul und drückt das Wasser wieder hinaus. Der Krill bleibt dabei in seinen Barten hängen. Gesteuert wird das große Fressen über ein neu entdecktes, etwa grapefruitgroßes Organ, das sich zwischen den beiden Unterkieferknochen befindet. Die Forscher gehen davon aus, dass dieses Organ wie ein Sensor misst, wie weit der Kehlsack schon gefüllt ist, und die entsprechenden Signale ans Gehirn sendet. Mit dieser effizienten Methode kann der Blauwal in Sekundenschnelle bis zu zehn Kilogramm Nahrung erbeuten. Erst das hat seinen Riesenwuchs ermöglicht.