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Interview mit Christina Hecke über die neue Samstagskrimireihe "In Wahrheit"

Warum haben Sie die Hauptrolle, eine neue Kommissarin aus dem Saarland, angenommen?

Als ich das Drehbuch von Produzentin Jutta Lieck-Klenke bekommen und angefangen habe, es zu lesen, konnte ich es nicht weglegen. Ein gutes Zeichen! Und was mich auch sofort angesprungen hat: der Titel "In Wahrheit". Wahrheit und Ehrlichkeit schätze ich im Leben sehr. Die Frage war ja auch: Warum noch ein Krimi? Unsere Fernsehlandschaft ist übersät davon. Aber – und das fand ich eben bei dem Angebot so besonders: Der Beruf der Kommissarin wird nahbar, die Figur insgesamt. Das Prinzip "In Wahrheit" hat mich überzeugt. Wir erzählen Fälle, die tatsächlich passiert sind. Das ist der Grundparameter für diese Reihe. Es gab tatsächlich einen Mordfall im Trucker-Milieu, allerdings nicht im Saarland. Aber ansonsten waren wir dem wirklichen Fall relativ nah. Namen und sowas sind natürlich völlig verändert. Und wir haben den Kriminalfall dann ja sozusagen um einen weiteren Mord erweitert. Bei der Erzählweise tackern wir nicht eine möglichst fernsehtaugliche Performance zusammen, sondern sorgen dabei für eine ehrliche Annäherung an Opfer, Täter und Beteiligte, und eben auch an die Kommissarin.

Und wie sympathisch war Ihnen die Figur Judith Mohn?

Sehr. Judith Mohn ist zwar taff und läuft mit ihrer Waffe am Halfter ewig durch den Tag, aber sie ist dabei trotzdem Frau. Und das finde ich auch ganz wichtig, auch als Message an die Frauen: dass wir nicht, weil wir berufstätig sind, uns jetzt besonders männlich oder hart oder verknöchert geben müssen. Nein, wir können einfach Frauen sein, fertig. Das finde ich auch wichtig. An erster Stelle stand bei mir die Nahbarkeit der Figur bei der Umsetzung. Diese Nahbarkeit, die Durchlässigkeit, diese Ehrlichkeit, diese Empathie – mit einer Prise Humor und trotzdem Tiefgang. Da ist keine Verurteilung gegenüber den Tätern, sondern die Neugierde: Was bewegt Menschen, sich so zu verhalten? Warum werden sie zu Tätern? Dahinter steckt auch ein forensisches Gespür. Judith ist sehr genau, völlig ohne Vorurteile. Diese Eigenschaften haben mich total angesprochen.

Schätzen Ihre Freunde diese Eigenschaften auch bei Ihnen?

Ich würde lügen, wenn ich da "nein" sagen würde. Für mich wichtig sind Herzenswärme und immer ein offenes Ohr. Für die wichtigsten Menschen in meinem Leben möchte ich ein absolut ehrlicher, vertrauenswürdiger Freund und zuverlässiger Partner sein.

Sind Sie ein Menschenfreund?

(Sie strahlt) Ich liebe Menschen. Ich habe mich intensiv auch mit meinem eigenen Verhalten auseinandergesetzt, so wurden mir meine Schrägheiten, die es durchaus gibt, bewusst, auch wie sie entstanden sind. Deshalb verstehe ich auch andere, auch solche, die auf den ersten Blick wie "Kotzbrocken" wirken. Denn es gibt immer einen Grund, warum sich jemand so verhält. Auch wenn man jemanden, der grummelig ist, einfach mal anlächelt, dann schmilzt in der Regel schnell das Eis. Das Herz ist immer irgendwie erreichbar. Ich habe nur ganz selten erlebt, dass sich da jemand gänzlich verschließt. Und selbst das akzeptiere ich. Wieso sollte mich jeder lieb haben? Das ist ja nicht mein Anspruch. Aber ich muss die Anderen nicht dafür verurteilen, dass sie sind, wie sie sind.

Diese Einstellung hat am Set sicher für ein gutes Klima gesorgt.

Auch dort begegne ich allen auf Augenhöhe. Kein Filmset funktioniert ohne jemanden, der das Essen in den Mittagspausen anständig für uns zubereitet, ohne die Leute, die die Kabel von A nach B tragen, und so weiter. Von unterschiedlichen hierarchischen Ebenen halte ich nichts. Ein Filmteam ist wie ein Uhrwerk, in dem jedes Rädchen seine Funktion hat. Und sobald eines ausfällt – oder wir es nicht wertschätzen, knirscht das ganze Getriebe.

Wie haben Sie sich auf die Kommissarin-Rolle vorbereitet?

Mein erster Gedanke, als ich das Drehbuch angefangen habe zu lesen: "Ich fange hier nicht an, Wasserpistolenballett zu fahren. Ich möchte schießen lernen, ich die Polizeigriffe lernen, ich möchte wissen, wie der Berufsalltag ist." Also habe ich mich mit Polizisten unterhalten, mit einer Kriminalkommissarin lange auseinandergesetzt, die schon 20 Jahre im KDD war. Ich hoffe, dass die Zuschauer die dadurch gewonnene Authenzität spüren.

Ist das eine Erklärung für den großen Erfolg der Vorab-Ausstrahlung bei arte (die sechsthöchste Quote in der Sendergeschichte)? 

Das Einzige, was ich aus den Rückmeldungen von Fernsehzuschauer weiß, die mir geschrieben haben:  dass sie es irgendwie als besonders empfinden, wenn sie mich auf dem Bildschirm sehen. Das hat nichts damit zu tun, dass ich ein besonders toller Mensch bin. Ich vergleiche mich da auch nicht mit anderen Kollegen. Aber es ist wohl diese Nahbarkeit, die die Menschen spüren, wenn sie mir zugucken. Also wirklich diese Transparenz, diese Offenheit, die Wahrheit, die Ehrlichkeit, die da mitkommt. Und die Menschen mögen das. deswegen haben sie vielleicht sogar eingeschaltet.

Eine weitere Besonderheit: Regisseur, Kamermann und Co-Autor sind ein und dieselbe Person: Miguel Alexandre. War das von Vorteil?

Vorab: Miguel ist auch ein sehr warmherziger Mensch, der immer alle im Blick hat. Er geht sehr wertschätzend mit allen am Set um. Da wird auch nicht hinterrücks über Darsteller gesagt: "Da wurde aber ein Trottel eingekauft". Die Personal-Union Kamera und Regie hat Vorteile im Arbeitsablauf: Miguel sieht die Bilder sofort, weiß, was er braucht, wie er schwenken muss, und braucht seine Vorstellungen nicht jemand Zweitem zu erklären. Die Kehrseite: Er kann sich nicht ausschließlich auf das Spiel konzentrieren, weil er Bildausschnitt, Licht und all diese anderen Einstellungen auch noch berücksichtigen muss.

Das war Ihr erster Dreh im Saarland. Kommen Sie mit dem Menschenschlag dort zurecht?

Der ist großartig. Ich habe selbst zwei Freundinnen aus dem Saarland, zwei ganz herzliche Damen. Gut, beim Dialekt, hapert es manchmal. Da musste ich in meinem Hirn erst mal – wegen der verdrehten Satzstellung – eine Sekunde lang die Bausteine dieses Satzes zusammenfügen, damit ich den Sinn erfassen konnte. Ich mag es trotzdem, wenn jemand im Dialekt spricht, das hat etwas Unmittelbares. Das klingt unverfälscht, direkt, frei heraus, hat was sehr Herzliches.

Hätten Sie die Rolle auch übernommen, wenn Sie im saarländischen Dialekt hätten sprechen müssen?

Ich tue mich mit Dialekten relativ leicht, bin selber ein Mischblüter: Mein Großvater ist Hamburger, mein Vater Allgäuer, ich bin in Stuttgart geboren, in Hessen aufgewachsen, und diese Dialekte sind dort ja sehr präsent. Aber der saarländische ist echt speziell. Ich habe mich darin versucht, aber den richtigen Tonfall zu treffen, ist nicht einfach. Das klingt dann schnell so, als würde man die Leute veralbern. Und das hätte ich nicht wollen tun. Hätte ich den Dialekt richtig lernen müssen, wäre ich ins Schleudern geraten.

Hat Ihnen denn der saarländische Lebensstil gefallen?

Die Nähe zu Frankreich und Luxemburg gefällt mir sehr. Wir reden immer von Europa, und im Saarland wird es gelebt. Dieser Nationenmix lebt einfach unkompliziert zusammen. Außerdem sind alle sehr herzlich, feierlustig, gemütlich und genussvoll. Es ist spürbar, dass das Saarland nach dem ersten Weltkrieg weitgehend heimatlos war, mal gehörte es zu Frankreich, jetzt zu Deutschland. Die Saarländer mussten sich oft fragen: Wo gehören wir hin? Das Saarland wurde stiefmütterlich behandelt, und das hat es nicht verdient. Das ist nämlich ein wunderschöner Landstrich (wir ignorieren mal die Autobahn durch Saarbrücken, die ist nämlich nicht so schön). Die Suche der Menschen nach einer Verwurzelung ist spürbar, und gleichzeitig kommt sie einher mit einer großen Offenheit.

"In Wahrheit" wird eine Krimi-Reihe. Wie soll sie sich weiterentwickeln?

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte: dass wir mit allen Figuren, die in den Fällen auftauchen, in die Tiefe gehen können und für den Zuschauer immer klarer wird, was den Täter zu dem Verbrechen bewogen hat.

Muss Judith künftig auf den pensionierten Ermittler Markus Zerner verzichten?

In Zerner hat Judith jemanden gefunden, der ihr ehrlich und auf Augenhöhe begegnet – und den Beruf auch noch wie aus der Westentasche kennt. Fast wie ein väterlicher Berater. Sie weiß, da ist jemand, den kann sie aufsuchen, wenn sie mal nicht weiter weiß. Zerner ist eine ganz wichtige Größe in der Figuren-Konstellation.

Was hat denn der Markus, was der jüngere Kripo-Kollege Freddy nicht hat?

Freddy ist der Mann fürs Grobe, und der ist ebenfalls im Arbeitsalltag wichtig an ihrer Seite. Der Arbeitsalltag wird durch ihn auch leichter – dank seiner Lässigkeit und seinen Humor. Aber für diese Momente, wo man mal alleine auf dem Feld steht und nicht mehr weiter weiß, da ist Freddy, der Dienstjüngere, natürlich nicht die richtige Adresse.

Mit welchem Gefühl möchten Sie die Zuschauer nach 90 Minuten entlassen?

Mich würde am Meisten freuen, wenn die Leute abschalten und sagen: "Ich freue mich auf den nächsten Fall, den die Frau Mohn zu ermitteln hat." Ich möchte den Zuschauern über Judith Mohns ermittlerischer Qualität vermitteln, allem vorurteilsfrei zu begegnen. Wir sind so schnell dabei, Leute in Kisten zu stecken, weil wir uns nach Sicherheit sehnen.

Das Interview führte Christian Schäfer-Koch.

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