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Spannendes kommt ohne Leiche aus

Interview mit Anna Schudt und Aurel Manthei

Die beiden Hauptdarsteller aus "Mordshunger Verbrechen und andere Delikatessen - Wilder Westen" im Interview über die Geschwisterkonstellation ihrer Rollen, Verbrechen auf dem Land - und Gummifüße

Aurel Manthei und Anna Schudt beim Dreh
Quelle: ZDF/Willi Weber

ZDF: Frau Schudt, wir kennen Sie als Köchin und Restaurant-Betreiberin Britta Janssen aus Klein-Beken mit Sensibilität für skurrile Fälle und als unerbittliche Tatort-Kommissarin Martina Bönisch, die in der Dortmunder Mordkommission ermittelt. Wo sehen Sie die Unterschiede in den Figuren und wie sie erzählt werden?

Anna Schudt: Bei Martina Bönisch war das Spannende, eine Horizontale in die Figur zu bringen und deren Privatsituation über mehrere Folgen weiter zu erzählen, was super geklappt hat. In "Mordshunger" haben wir eine völlig andere Situation, hier sind die privaten Verquickungen von vornherein viel größer. Die Geschichten finden vor einer stehenden Dorfgemeinschaft mit all ihrer Schrulligkeit statt. Das Geschwisterpaar Britta und Max bildet die Konstante.

ZDF: "Mordshunger" ist jetzt zum ersten Mal ein 90 Minuten langer Film – was war anders?

Aurel Manthei: Das Arbeiten war sehr viel entspannter. Wir hatten mehr Zeit, die Geschichte zu erzählen und mussten nicht alles in 58 Minuten pressen. Ich fühlte mich weniger gehetzt.

Paul (Marc Zwinz, 2. v. r.), Anton (Christian Aumer, r.), ein weiterer Gast (Komparse, l.), Kiki (Isabel Bongard, 2. v. l.) in Brittas Wirtschaft
Es wird viel geredet im Dorf ...
Quelle: ZDF/Willi Weber

Anna Schudt: Mehr Zeit bedeutet einfach, mehr Möglichkeiten in die Tiefe zu gehen und Platz für Nebenstränge zu haben. Man kann die Figuren in verschiedenen Situationen und Räumlichkeiten zeigen. Am Ende hat man einen ganzen Film. Aber auch ein 60-Minüter hat seine Vorteile. Die Knappheit der Geschichte erzeugt ein höheres Erzähltempo, was auch Spaß machen kann.

ZDF: In diesem Krimi gibt es keine Leiche – ist das mal etwas anderes?

Aurel Manthei: Ganz ehrlich, ich dachte nicht, dass es möglich wäre, einen Krimi ohne Leiche zu drehen, vor allem, weil sich die meisten Krimi-Formate ja in punkto Leichen förmlich überbieten. Aber unser Thema, das Verschwinden eines jungen Mädchens, die sexuelle Nötigung, war an sich schon so grenzwertig und spannend, da hat es einfach keine Leiche gebraucht – es bleibt auch so genug Schaden für die Beteiligten. Außerdem muss man es auch einmal so sehen, wenn man zu viele Leute in unserem Dorf Klein-Beken umbringt, bleibt ja am Ende keiner mehr übrig.

Anna Schudt: Dass wir keine Leiche haben, habe ich gar nicht in Frage gestellt. Mir macht es oft mehr Spaß, den Lebenden zuzuschauen und zu folgen. Wie ist ihr Werdegang, was passiert mit denen. Dazu brauche ich keine Leiche, hinter deren Mörder alle herlaufen.

Man kennt sich im Dorf Klein-Beken

ZDF: Man hat den Eindruck, der Polizist Max bindet seine Schwester schon automatisch in seine Fälle ein. Wie selbstverständlich fährt sie mit oder kommt zum Tatort. Nimmt Britta ihren Bruder Max überhaupt für voll?

Anna Schudt: Ja, auf jeden Fall, aber sie kennt seine Schwächen. Britta verbindet eine große Geschwisterliebe mit ihrem Bruder und sie versucht nur, ihn immer zu unterstützen. Wenn er sie braucht, nimmt er sie mit. Braucht er sie nicht, zwingt sie ihn, sie mitzunehmen.

ZDF: Max duzt seine "Klientel"- sprich, auch alle Verdächtigen durchgängig. Man kennt sich. Hat er mehr Verständnis für die Täter als er vielleicht sollte?

Aurel Manthei: Ja, das hat er bestimmt. Als Teil des Dorfes und seiner Struktur kennt Max die Menschen seit Sandkastentagen und hat einen anderen Zugang zu ihnen, was teilweise auch dazu führt, dass er "ein Auge zudrückt". Allerdings führt die Vertrautheit auch dazu, dass er mehr aus dem Menschen herausbekommt als zum Beispiel sein Chef Wallat aus Gummersbach. Max ist eher der gute Cop und Wallat übernimmt den Part des bösen Cops.

ZDF: Und wo steht Britta in dieser Konstellation?

Anna Schudt: Brittas größtes Plus ist die absolute Privatheit, weil sie kein professionelles Interesse an den Menschen hat, sondern ein rein menschliches. Deshalb erfährt sie oftmals mehr als Max und Wallat zusammen.

Ben (Stephan Luca, r.) und die Tänzerin Sina (Eva Maria May, l.)
Ben (Stephan Luca) wird in "Wilder Westen" zu Brittas Flirt ...
Quelle: ZDF/Willi Weber

ZDF: Nachtclubbesitzer Ben, gespielt von Stephan Luca, flirtet mit der Schwester. Warum reagiert Max so zickig – weil er Ben für einen Großkotz hält oder vielleicht doch nur deshalb, weil er extrem gut aussieht?

Aurel Manthei: Wahrscheinlich ist es beides. Dass Ben ihn Maxi nennt, findet er gar nicht schick. Außerdem ist Max ziemlich schnell beleidigt, das hält aber nicht lange an, dann ist alles wieder vergessen. Im wahren Leben komme ich super mit Luca klar. Ich habe ihn direkt ins Herz geschlossen. Das liegt natürlich auch daran, dass wir beide bekennende HSV-Fans sind. Das schweißt zusammen.

Anna Schudt: Max ist immer eifersüchtig. Beide Figuren sind so symbiotisch, da stellt sich sofort die Frage, wie weit lässt sich der andere ein, dass vielleicht das Konstrukt auseinanderfällt. Zwar gönnt er Britta ihr Glück, aber in Max' Augen ist es immer der Falsche, egal wie gut er aussieht.

Geschwisterliche Eifersucht?

ZDF: Gibt es so etwas wie geschwisterliche Eifersucht?

Aurel Manthei: Na klar gibt es die, in bestimmten Dingen. Der eine hat einen Partner – in diesem Fall Britta, die etwas mit Ben anfängt – und der andere nicht, dann reagiert der andere mit Sticheleien. Beide wissen, dass sie nicht ohne einander können, und letztlich macht Max die Einigkeit mit seiner Schwester am meisten Spaß. Wir bewegen uns in einer modernen Hänsel-und-Gretel-Geschichte.

Anna Schudt: Ich finde, es kommt darauf an, wie Eifersucht definiert wird. Wenn man älter wird, gehen die Konflikte zwar nicht weg, aber die Akzeptanz wird größer. Die Eifersucht wird weicher. Max und Britta gehen unheimlich schnell in die Luft. Davon leben die Konflikte im Film, aber sie beißen sich nicht fest. Ein Themenwechsel wird von beiden sofort akzeptiert und sie sind beide nicht nachtragend. Ihre Konflikte erschüttern nicht die Seele.

ZDF: Wieso haben es beide schwer mit einer ernsten Beziehung?

Aurel Manthei: Weil beide sofort eifersüchtig werden. Denn sie haben Angst, den Halt zu verlieren, den sie sich gegenseitig geben. Deshalb tauchen die sogenannten Love-Interests nur kurz auf, wirbeln alles durcheinander und verschwinden dann wieder. Im Grunde ahnen Britta und Max schon, dass alles vergänglich ist und finden die Beständigkeit nur in ihrer eigenen Bruder-Schwester-Beziehung. Und dagegen kommt letztlich niemand an.

Anna Schudt: Genau, das Fremde fällt für einen Moment herein und birgt die Möglichkeit, dass sich etwas am Bestehenden verändern könnte. Doch allein die Möglichkeit der Veränderung löst bei beiden sofort Panik aus. Bei Max vielleicht sogar noch etwas mehr als bei Britta.

Spaß mit Gummifüßen und Motorrädern

ZDF: Was war die skurrilste Szene in der XXL-Folge "Wilder Westen" für Sie?

Aurel Manthei: Als wir die Szene auf der Landstraße gedreht haben und auf einmal der Hubschrauber auftauchte und dicht über unsere Köpfe flog. Das war schon sehr schräg. Dann noch der Moment als Max mit Lappe zusammen die Gummifüße im Schrank des Bauern findet – saukomisch. Mit Lappe, also Tobias Diakow, haben wir sowieso immer extrem viel Spaß am Set.

Anna Schudt: Die Sache mit den Gummifüßen unterschreibe ich sofort, auch wenn ich bei der Szene nicht dabei bin, aber ich habe die Dinger gesehen. Das ist schon seltsam, einerseits zum Totlachen, aber im Film geht diese Vorliebe einher mit Geheimnistuerei, Ehebruch, Vertrauensbruch bis zu dem Punkt, dass andere Menschen traumatisiert werden. Warum kann man nicht einfach sagen: "Ich mag Füße. Punkt." Damit tut man eigentlich niemandem weh. Scham und Heimlichkeit verschlimmern doch eher das Problem. Aber gerade auf dem Dorf braucht es eine Menge Mut, die Strukturen aufzubrechen. Den hat nicht jeder, was ich verstehen kann. Die Gummifüße sind also witzig und hoch tragisch in einem.

Britta (Anna Schudt) und Max (Aurel Manthey) auf dem Motorrad
Fährt auch im realen Leben gerne: Aurel Manthei mit Kollegin Anna Schudt
Quelle: ZDF/Willi Weber

ZDF: Herr Manthei, in "Mordshunger" fahren Sie viel Motorrad – eine echte Leidenschaft von Ihnen? Wie ist die Maschine im Film?

Aurel Manthei: Stimmt, Motorräder sind meine Leidenschaft – daher ein Aufruf in eigener Sache: Ich nehme alle Rollen gerne an, in denen ich Motorrad fahren darf. Im Moment habe ich privat zehn Maschinen in meiner Garage und meiner Werkstatt stehen, darunter eine Harley Davidson Flathead von 1940. Die Maschine, die ich als Max in "Mordshunger" fahre, zickt ständig rum. Mal ist der Vergaser zu oder sie hat eine andere Macke. Ich lege dann am Set selbst Hand an, um die Kiste wieder zum Laufen zu bringen. Dass Max Motorrad fährt, war ein großer Wunsch von mir, weil ich es privat sehr gerne mache und mir gut vorstellen konnte, dass Max auch Spaß daran hat. So langsam wird es allerdings Zeit, dass die Produktion der Maschine mal eine Runde neue Kolben und Zylinder spendiert.

ZDF: Britta trägt fast immer Blümchenkleider und Strickjacke, sogar wenn sie bei Max aufs Moped steigt. Ist das ein Kleidungsstil, den sie privat auch gut finden?

Anna Schudt: Ich finde die Kleider, die sie trägt, süß und für die Figur Britta passend. Privat bin ich eher der Total-Praktisch-Typ mit Jeans und Shirt. Ich wüsste nicht, wie ich mich mit Kleidchen auf dem Kinderspielplatz bewegen sollte. Manche Frauen können das, ich gehöre leider nicht dazu. Aber Brittas Gummistiefel, die hätten durchaus Platz in meinem Schuhschrank.

Die Fragen stellte Karoline van Baars.

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