Manche Babys schreien aus schwer erklärlichen Gründen besonders oft und lange. Sinnvoll ist dann die Rücksprache mit Kinderärzten. Doch wenn Ärztinnen und Ärzte Erkrankungen oder Schmerzen als Ursache ausschließen und auch Tipps zum Füttern, Tragen oder Vermeiden von Blähungen nicht helfen, fühlen sich Eltern oft hilflos und verzweifelt. Dann kann eine Schreiambulanz helfen, um Eltern und Kinder durch die Krise zu führen.
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Symptome
Dass Babys schreien ist normal. So bringen sie Emotionen und Bedürfnisse zum Ausdruck, wie Hunger oder Müdigkeit. Einige Babys schreien aber besonders intensiv und oft stundenlang über viele Tage und Wochen hinweg – und sind beim Schreien kaum zu beruhigen. Besonders heftig ist das Schreien oft nachmittags, abends und in der ersten Nachthälfte. Die Babys ballen dabei meistens die Fäuste zusammen und ziehen die Beine an, der Kopf wird rot, der Bauch aufgebläht und hart.
Ursachen
Früher führte man das ausdauernde Schreiverhalten vor allem auf Verdauungsprobleme zurück (sogenannte Dreimonatskoliken). Heute sehen viele Experten die Symptomatik aber differenzierter – und die Luft im Bauch auch als Folge des vielen Schreiens und Luftholens. Das Schreiverhalten zählt demnach zu den sogenannten Regulationsstörungen. Etwa zehn Prozent der Babys könnten in den ersten drei Monaten noch nicht gelernt haben, sich nach der Geburt selbst zu beruhigen. Als mögliche Faktoren gelten zum Beispiel psychische und körperliche Belastungen (von Mutter/Kind) vor oder während der Geburt oder Befindlichkeitsstörungen des Babys mit der noch ungewohnten Umgebung.
Schreiambulanz
An eine Schreiambulanz können sich alle Erziehungsberechtigten wenden, die mit ihrem Säugling oder Kleinkind in eine Krise (Schreien, Füttern, etc.) geraten sind. Einige Angebote sind für Eltern kostenlos, andere Selbstzahler-Angebote. Ob eine oder mehrere Sitzungen sinnvoll sind, entscheiden Eltern gemeinsam mit den Krisenbegleiterinnen der Ambulanz. Es gibt auch keine klare Definition, wann ein Baby besonders viel schreit: Die sogenannte Dreierregel (länger als drei Stunden, mehr als drei Tage die Woche) gilt nur als grobe Orientierung für die Eltern. Entscheidender ist vielmehr, ob Eltern die Situation als Problem oder als Krise erleben.
Folgen des Schreiens
Eltern leiden unter den Schreiattacken ihrer Babys psychisch: Viele entwickeln Selbstzweifel, Schuldgefühle oder Versagensängste. Lärm, Stress und Schlafmangel können außerdem zu körperlichen Beschwerden führen, wie Kopf- oder Rückenschmerzen. Im schlimmsten Fall werden Eltern aggressiv: Jährlich sterben etwa 200 Babys durch Schütteltraumata. Noch mehr erleiden durch Schütteln lebenslange Schäden und Behinderungen (Shaken Baby-Syndrom).
Generell gilt: Reagieren Eltern mit innerer oder äußerer Unruhe, wirkt sich dies häufig negativ und verstärkend auf das Schreiverhalten des Babys aus. So entsteht ein Teufelskreis.
Ziele der Krisenbegleitung
Schreiambulanzen arbeiten mit verschiedenen Methoden: Zum Beispiel ressourcen- und körperorientiert, oder entwicklungspsychologisch. Die Ziele der Krisenbegleiterinnen und -begleiter sind dabei ähnlich: Es geht darum, Ruhe ins System zu bringen, für Entspannung zu sorgen (zum Beispiel über bewusste Atmung und Körperwahrnehmung), Ressourcen zu aktivieren (Partner, Großeltern, Freunde), die Beziehungsfähigkeit der Eltern zu stärken, Tipps im Umgang mit dem Baby zu vermitteln und gegebenenfalls in einem interdisziplinären Ansatz weitere Stellen im Helfersystem zu vermitteln, wie zum Beispiel Psychologen oder Osteopathen.
Positive Aussichten
In der Regel lernen Babys, je älter sie werden, immer besser sich selbst zu beruhigen. Das Schreien lässt also mit der Zeit auch von alleine nach.