Streit gibt es überall: Manchmal streiten sich Eltern miteinander, dann fliegen die Fetzen zwischen Geschwistern oder es zoffen sich die Politiker, weil sie ganz unterschiedlicher Meinung sind. Für gläubige Jüdinnen und Juden ist es ganz wichtig, ein Mal im Jahr alle Streitigkeiten beendet zu haben. Und zwar zu Jom Kippur: Das ist der wichtigste Feiertag in der jüdischen Religion.
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Er wird auch Versöhnungstag genannt und im September oder Oktober gefeiert. Sich mit Gott zu versöhnen, ist für gläubige Juden besonders wichtig. In ihrem Glauben geht das aber erst, wenn man sich mit seinen Freunden oder der Familie versöhnt hat. Deshalb ist Jom Kippur auch so bedeutend.
Für das Versöhnen gibt es allerdings eine Bedingung: Sich etwa über SMS oder per WhatsApp zu entschuldigen, zählt nicht. Wenn man sich im vergangenen Jahr also zum Beispiel mit seinen Geschwistern oder Freunden gestritten hat, muss man an Jom Kippur persönlich um Verzeihung bitten.
Ein Feiertag mit Regeln
Für den Feiertag gelten ganz besondere Regeln: Man darf einen Tag lang nichts essen und nichts trinken. Auch duschen oder baden ist nicht erlaubt. Kinder unter zwölf Jahren oder kranke Menschen müssen sich aber nicht an diese Regeln halten. Schon am Vorabend und während des ganzen Tages gibt es Gottesdienste in den jüdischen Gotteshäusern, den Synagogen. Die Menschen beten und erinnern sich dabei auch an die Verstorbenen.
Stillstand in ganz in Israel
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Jom Kippur ist ein sehr ruhiger Tag, weil Juden an diesem Tag ihre innere Ruhe finden sollen. In Israel gibt es deshalb kein Programm im Fernsehen oder Radio. Die Flughäfen und Cafés sind geschlossen und auch auf den Autobahnen ist niemand unterwegs. Wenn am Abend die Sonne untergeht, ist Jom Kippur zu Ende. Dann gibt es bei vielen Familien ein Festmahl.
Festtag trotz Corona?
Ausgelassen feiern, große Gottesdienste... Das klingt nach vielen Menschen. Und viele Menschen klingen nach einem Problem - denn da wäre ja noch das Coronavirus! Bei einer Pandemie kann man nicht einfach mal auf Pause drücken - und die Gefahr, sich mit dem Virus anzustecken, ist bei so einem Festtag sogar noch größer. Denn auch wenn an Jom Kippur selbst alles still steht, kommen dafür extra alle Familienmitglieder zusammen - ein bisschen wie in christlichen Ländern an Weihnachten.
In Israel haben sich in letzter Zeit viele Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. Deshalb herrschen dort eigentlich momentan sehr strenge Regeln: Alle, die in Israel wohnen, dürfen sich zum Beispiel nicht weiter als einen Kilometer von ihrem Zuhause entfernen. Auch viele öffentliche Plätze sind tabu, an den Stränden herrscht gähnende Leere. Und leer ist es eigentlich auch in den Synagogen. Die bleiben nämlich zurzeit geschlossen - außer an Jom Kippur.
Denn weil der Festtag für das Judentum so wichtig ist, hat die israelische Regierung das Feiern trotzdem nicht verboten. Der Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, also der Regierungsschef von Israel, empfiehlt nur, draußen zu beten statt in den Synagogen. Offen bleiben die an dem wichtigen Feiertag allerdings trotzdem - mit Maskenpflicht. Für viele sehr religiöse Jüdinnen und Juden ist es sehr wichtig, trotz Coronavirus in die Synagoge gehen zu können. Andere kritisieren, dass es zu gefährlich ist, weil sich so viele Menschen leicht anstecken können.