In diesem Jahr werden die Salzburger Festspiele 100 Jahre alt. Doch die Corona-Epidemie hat den großen Jubiläumsplänen den Garaus gemacht. Nachdem lange mit einer Komplettabsage gerechnet werden musste, finden nun verkürzte Festspiele statt: statt 240 000 Karten werden nur knapp 80 000 Karten für immerhin noch fast 100 Vorstellungen angeboten: viele Konzerte, aber nur 2 Opern (von Richard Strauss und Mozart), 2 Schauspiele – und natürlich der berühmte „Jedermann“, der am 22.8.1920 zum ersten Mal auf den Salzburger Domplatzstufen aufgeführt wurde und seitdem nicht mehr aus dem Festivalgeschehen wegzudenken ist.
„aspekte“ hat sich die Produktionen des Eröffnungswochenendes der 100. Salzburger Festspiele angeschaut und hat mit den Protagonisten gesprochen: Wie erleben sie die Zeit in Salzburg? Wie ist es möglich, unter Pandemiebedingungen zu proben und zu spielen? Und: Kommen überhaupt Zuschauer in ausreichender Zahl? Überzeugt das strenge Hygienekonzept, das für Mitwirkende ebenso gilt wie für Zuschauer und Zuschauerinnen?
Schwere Entscheidungen für den Festpieldirektor
Markus Hinterhäuser will ein Signal setzen
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Auf seinen Schultern lastet die Hauptverantwortung für das Gelingen dieser außergewöhnlichen 100. Salzburger Festspiele: Markus Hinterhäuser, Direktor der Salzburger Festspiele. Er hat in Rekordzeit ein neues, epidemietaugliches Festspielprogramm auf die Beine gestellt, hat viele Produktionen und Engagements auf das kommende Jahr verschoben. „Es ist ein Versuch, mehr nicht“, sagt er, wohlwissend, welche Bedeutung dieses Experiment hat: Wenn diese Salzburger Festspiele gelingen, wenn Oper und Theater gefahrlos wieder vor Publikum aufgeführt werden können, dann hat dies eine Signalfunktion für die gesamte Kulturbranche in Europa.
"Elektra" von Richard Strauss
Sängerinnentriumph in der Felsenreitschule
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Franz Welser-Möst gilt als einer der besten Richard-Strauss-Dirigenten überhaupt. Kein Wunder, dass Markus Hinterhäuser ihm die Eröffnungspremiere der Festspiele – Richard Strauss’ „Elektra“ – anvertraut hat. Sein Dirigat der über 100 Musiker der Wiener Philharmoniker ist nicht nur aus Corona-Gründen eine extreme Herausforderung: das Orchester spielt für 110 Minuten an der Grenze der Belastbarkeit, so komplex, so mitreißend und so dramatisch schön ist diese Partitur. Die lettische Sopranistin Asmik Grigorian, die in der diesjährigen „Elektra“ die Rolle der Chrysotemis übernimmt, sagt: „Corona hat mein Leben gerettet.“ Nach ihrer atemberaubenden „Salome“-Darstellung vor zwei Jahren in Salzburg hat sie eine unvergleichliche internationale Karriere gestartet, die sie an den Rand der Erschöpfung brachte. Die durch die Pandemie erzwungene Zwangspause hat ihr daher eher gut getan.
"Jedermann" mit Caroline Peters
Die neue Buhlschaft steigt aus der Torte
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Caroline Peters verkörpert die Buhlschaft in der Jubiläumsproduktion des „Jedermann“. Sie kann es gar nicht erwarten, nach dem Lockdown wieder auf der Bühne zu stehen. Für sie trotzdem eine surreale Situation: Auf der Bühne verhält man sich distanzlos wie früher und im richtigen Leben gelten weiter die bekannten Abstandsregelungen.
Neues vom Nobelpreisdichter
Umstrittene Handke-Urauffünrung
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Schriftsteller Peter Handke steuert eine Uraufführung für die Salzburger Festspiele bei: „Zdenek Adamec“ - ein Stück über den jungen Tschechen, der sich 2003 aus Protest über den Zustand der Welt auf dem Prager Wenzelsplatz bei lebendigem Leib verbrannte. 7 Personen rufen mit all ihren spielerischen Mitteln Zdenek Adamec ins Leben zurück, dessen monströse Tat, die von der Welt vergessen wurde, die existentielle Frage stellt, wie man angesichts von Empörung und Scham überhaupt noch leben kann.Christian Friedel ist einer der Darsteller in Handkes Stück. In Zeiten der Pandemie wieder mit dem Theater spielen zu beginnen ist für ihn „genau der richtige Wahnsinn, den wir jetzt brauchen“, wie er sagt.
So machen es (nicht) alle
Mozart gekürzt und ohne Pause
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Im Jubiläumsjahr darf natürlich auch eine Oper von Salzburgs Hausgott Mozart nicht fehlen. Ursprünglich standen „Don Giovanni“ und „Die Zauberflöte“ auf dem Programm. Nach der Umplanung steht jetzt „Cosi fan tutte“ auf dem Spielplan. Joanna Mallwitz, die junge Nürnberger Generalmusikdirektorin, gibt damit ihr Salzburg-Debut. Zusammen mit dem Regisseur Christoph Loy hat sie eine kompakte Strichfassung erstellt, die es erlaubt, die Oper durch zu spielen – so wie alle Produktionen in diesem Sommer. In den Pausen mit Champagner anzustoßen, das muss ausfallen.
- Moderation - Jo Schück