Wie ist Demenz wahrgenommen worden
Weg vom Verdrängen, hin zum Zeigen
Quelle: ZDF
Die Entdeckung der Alzheimer-Demenz geht auf den Arzt Alois Alzheimer zurück, der die "Krankheit des Vergessens" bereits 1906 als eigenständige Erkrankung beschrieb – und damit weitgehend unbeachtet blieb. Erst viele Jahrzehnte später gelangte sie in den Fokus von Ärzt*innen und Öffentlichkeit: Filmdiva Rita Hayworth fiel in den Siebziger Jahren durch Skandalauftritte auf – die man ihrem Alkoholismus zuschrieb, bis ihre Tochter bekannt machte, die Mutter leide an Alzheimer. Es ist der erste „öffentliche“ Fall von Alzheimer und der Beginn eines langsamen Umdenkens. Wie Demenz in der deutschen Gesellschaft wahrgenommen wird, darüber gibt die Demenz-Forscherin Sarah Straub aus Ulm Auskunft. Sie selbst klärt nicht nur in ihrer Gedächtnisambulanz auf, sondern auch als Autorin („Wie meine Großmutter ihr ICH verlor“) und Musikerin, unter anderem zusammen mit Konstantin Wecker.
Andrea Sawatzkis Buch "Brunnenstraße"
Heillos überfordert als Kind
Quelle: ZDF
Die Schauspielerin Andrea Sawatzki war schon acht Jahre alt, als ihr Leben mit ihrem Vater begann. Sie zog mit ihrer Mutter zu ihm, als seine erste Frau gestorben war. Doch die Freude über die neue Familie wurde schnell getrübt: Der Journalist Günther Sawatzki erkrankte schon bald schwer an Alzheimer. Über diese Zeit mit ihrem Vater hat Andrea Sawatzki einen autofiktionalen Roman geschrieben. Schon mit zehn Jahren musste sie ihren Vater pflegen, ihn in den Nächten betreuen, in denen ihre Mutter als Krankenschwester mit Nachtschichten den Familienunterhalt bestreiten musste. Für das Kind eine heillose Überforderung und eine traumatische Erfahrung. Katty Salié trifft Andrea Sawatzki und spricht mit ihr darüber, was es bedeutet, mit einem an Demenz leidenden Vater zu leben – in einer Zeit, in der eine Krankheit wie Alzheimer oft noch verschwiegen und tabuisiert wurde.
Familienleben mit Alzheimer
Ein kranker Vater als Privileg?
Matthias Seyfert, gerade noch Nierenarzt in einer Dialyseklinik, wird mit dem Tag seiner Alzheimer-Diagnose von der Arbeit freigestellt. Seine aktuelle Leidenschaft ist es, Holz zu schnitzen. Im Garten warten hunderte Stöcke und Stämme darauf, bearbeitet zu werden. Seine Frau Katrin und drei seiner fünf Kinder leben mit ihm zusammen und beschreiben den Alltag mit einem Menschen, der viel zu jung aus seinem erfolgreichen und glücklichen Leben in die Alzheimer-Krankheit entschwindet.
Quelle: ZDF
Sohn Oskar hat über seinen Vater das Buch "Vom Privileg, einen kranken Vater zu haben" geschrieben, in dem auch Fotos von Matthias' Kunst erscheinen. Wie der Vater sein Schicksal angenommen hat, bewundert Oskar. Letztlich redet er aber nicht gerne über die Krankheit, schon gar nicht mit seinen Freund*innen, mit denen er Spaß haben will.
Künstlerin Marianne Moosherr begleitet die Familie schon lange - als Freundin, aber auch als Fotografin und Designerin. Immer wieder entstehen gemeinsam mit Matthias und den Kindern neue Bilder und neue Ideen. Von Matthias' Kunst hat sie großformatige Fotos gemacht und eine Vernissage organisiert. Katty Salié besucht die Seyferts und Marianne Moosherr samt Ausstellung in Hamburg.
Demenzchor in der Komischen Oper
Zu Schlagern erinnern und tanzen
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Menschen mit Demenz reagieren auf Singen und Tanzen oft ganz erstaunlich. Das Musiktheaterprojekt “resonare” der Komische Oper in Berlin arbeitet damit. ‚Resonare‘ heißt widerhallen, wieder ertönen. Die Musiktheatertherapeutin versucht, ihre Chormitglieder dazu zu bewegen, in sich hineinzuhören. Das Singen im Chor soll nicht nur Spaß machen und Erinnerungen hervorbringen, sondern auch den Einfluss von Gesang und Tanz bei den demenziell Erkrankten und deren Angehörigen offenlegen. Dafür begleiten Ärzt*innen der Berliner Charité das Projekt wissenschaftlich – auch, um es als anerkannte Intervention zu installieren.
Süssendell: Dorf für Demenzkranke
Was heißt selbstbestimmt leben?
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Josef Kohlhofer leidet an einer leichteren Form der Demenz, die seinen Alltag dennoch so sehr einschränkt, dass er sich ein Leben alleine nicht mehr zutraut. Er ist Mitte 80 und lebt seit mehreren Jahren in Süssendell, einer besonderen Einrichtung bei Aachen. Hier wohnen demenziell veränderte Menschen in einer Art Dorf, drumherum nur Wald, zwei Esel, Kaninchen und Schafe. Ein paar Türen weiter wohnt Christel Lenertz, 75. Zu ihrer Leidenschaft gehören die regelmäßigen Bingo-Nachmittage. Manchmal fragt sie sich, wie lange das mit der Krankheit noch gehen wird. Wie lässt sich ein selbstbestimmtes Leben auch bei Demenz möglichst lange aufrechterhalten?
Kukuk TV - Fernsehen für Vergessliche
Dreh in der Staatsgalerie Stuttgart
Quelle: ZDF
Wenn Moderatorin Marilena Berlan zu einer neuen Folge „Kukuk TV“ einlädt, freut sich die „Gemeinde“ schon eine Weile darauf. Die Zahl der Zuschauer*innen wächst – wie auch die der Macher*innen. Kukuk-TV sendet von Stuttgart aus und ist der Youtube Kanal rund um Themen der „Vergesslichkeit“. Ein gemeinsames Lagerfeuer wenn man so will - für Demenz-Betroffene, deren Angehörige und diverse weitere Helfer bzw. mediale Aktivist*innen, die eine größere Öffentlichkeit erreichen wollen für Menschen, die von „Vergesslichkeit“ betroffen sind. Den Begriff „Demenz“ verwenden sie dabei eher ungern, er klänge gleich so ‚medizinisch‘. Mitmachen kann und soll jede*r – so wie er und sie eben kann und Lust hat. In den Beiträgen auf Kukuk TV geht es natürlich um verschiedene Lebens- und Wohnsituationen, um Alltagsorganisation etc.. Jüngstes Beispiel - ein Besuch in der renommierten Stuttgarter Staatsgalerie mit eigener, interaktiver Führung zum Thema „Frühling“ in den Gemälden eines Claude Monet.
Das Gehirn in Kunst und Wissenschaft
Eine Kunstaustellung in der Bundeskunsthalle Bonn
Quelle: ZDF
Der Vater von Karin Schulte hat ungezählte Notizzettel - vollgeschrieben mit Gedächtnisstützen. Wo steht welches Buch im Regal? Wann hat seine Tochter Geburtstag? Wann war die Scheidung? Die letzten drei Jahre seines Lebens hat er sich auf diese Weise versucht zur orientieren. Die Zettel zeigt Karin Schulte in der Bundeskunsthalle Bonn, in der Ausstellung „Das Gehirn – In Kunst & Wissenschaft“. Dort wird auch die Frage danach gestellt, wie die Grenze zwischen Körper und Geist verläuft.
Lady Gaga und Tony Bennett
Abschied von der Bühne
Quelle: Universal
Für Profi-Musiker ist das Singen etwas, das auch in der Demenz oft noch Halt gibt. Ein prominentes Beispiel: Tony Bennett. Obwohl der 95jährige bereits an Alzheimer erkrankt war, gab er im vergangenen August zusammen mit Lady Gaga ein Konzert in New York. Lady Gaga wollte es Tony Bennett trotzdem ermöglichen, nochmal auf der Bühne zu stehen. Auch wenn er im Alltag vieles vergessen hat – das Repertoire beherrscht er immer noch. Im Herbst veröffentlichten die beiden noch ein Album und zeigen, was auch in der Demenz noch mit und durch die Musik möglich ist.