Ronja von Rönne mit "Ende in Sicht"
Vom guten Leben mit einer Depression
Quelle: ZDF/Jula Hoepfner
Wie geht es weiter, wenn es nicht nur schwierig ist, sondern eigentlich gar nichts mehr geht? Damit ist Ronja von Rönne in ihrem Leben schon oft konfrontiert worden. Vor zwei Jahren hat die Schriftstellerin ihre Depression öffentlich gemacht. Um endlich nichts mehr über ihren Zustand erfinden zu müssen. Ein kleiner Schritt in Richtung Selbstermächtigung. Und dann hat sie es sogar geschafft, darüber zu schreiben. In ihrem neuen Roman "Ende in Sicht" springt die 15-jährige Juli von einer Autobahnbrücke und landet fast unverletzt auf der Motorhaube der Endsechzigerin Hella. Die ist gerade auf dem Weg in die Schweiz, um ihrem Leben selbstbestimmt ein Ende zu setzen. Zwei Frauen mit demselben Wunsch treffen aufeinander. Und müssen sich ihrem letzten Ausweg stellen, der nun nicht mehr als die Lösung erscheint, auf die beide gesetzt haben. Wie ihre Protagonistinnen im Roman wird Ronja von Rönne immer wieder auf die Frage zurückgeworfen: Wie geht es weiter? Was kann ich mir zumuten? Und kann ich den Zustand von Zufriedenheit zumindest ansatzweise erreichen? Und auch aushalten? Jo Schück hat Ronja von Rönne an einem ihrer liebsten Orte getroffen.
Wo finde ich Hilfe? TelefonSeelsorge unter 0800/1110111 oder per Mail oder Chat: www.deutsche-depressionshilfe.de
Was ist ein lebenswertes Leben?
Barbara Schmitz stellt die Sinnfrage
Wenn es im Leben richtig schwierig wird, wird der Mensch mit einer grundlegenden Frage konfrontiert: Was macht das Leben eigentlich lebenswert? Für Albert Camus ist die Frage, ob das Leben es wert ist, gelebt zu werden, gar die "Grundfrage der Philosophie". Und dennoch drücken sich die Philosophinnen und Philosophen gerne um eine Antwort herum. Steht mit ihr doch immer auch die Frage des "lebensunwerten" Lebens im Raum. Für die Philosophin Barbara Schmitz ("Was ist ein lebenswertes Leben? Philosophische und biographische Zugänge") kann es deshalb nur radikal subjektive Antworten geben. Die Frage nach dem lebenswerten Leben kann jeder Mensch nur für sich selbst beantworten.
"Die Geschmeidigen" von Nora Bossong
Wie es für ihre Generation ernst wird
Die Schriftstellerin Nora Bossong, Jahrgang 1982, hat ein neues Buch geschrieben. Es heißt: "Die Geschmeidigen – meine Generation und der neue Ernst des Lebens". Ihre Generation, das sind die heute um die 40-Jährigen, geboren 1975-1985. Bossongs These: Die "Geschmeidigen" sind mit dem tief verinnerlichten Gefühl aufgewachsen, dass alles doch immer irgendwie gut geht – auch ohne ihr Zutun: "So wie sich das Ozonloch wieder schloss, der saure Regen versickerte, die Wolken von Tschernobyl zerstoben." Doch dann passiert es immer häufiger, dass Dinge nicht gut gehen: Brexit, Trump, Klimakrise und jetzt die Pandemie - die erste große Krise, die ihre Generation nicht nur mit ansieht, sondern in der sie Verantwortung trägt. Wie schlägt sie sich dabei? Anders als die 68er und die Fridays-for-future-Aktivist*innen, für die Politik immer Kampf bedeutet, sind die "Geschmeidigen" eher leise, angepasst, pragmatisch unterwegs - das Verbindende betonend und nicht das Trennende. Macht sie das zu weich für die Aufgaben der Zukunft? Oder befähigt es sie gerade besonders dazu, mit einem ganz neuen Politikstil tragfähige Kompromisse auszuhandeln?
Musik:
Rapper Casper mit seinem Song: "Billie Jo" vom neuen Album "Alles war schön und nichts tat weh", Release: 25.02.2022
- "Wie zufrieden bist du, Casper?"
Der Rapper im Gespräch mit Jo Schück über (Un-) Zufriedenheit - und was das mit Kontrolle und der "großen 4" zu tun hat.
Überlebensmittel Kultur
Wie die Kunst der Pandemie trotzt
Die aktuelle Corona-Welle hat Deutschland fest im Griff – mit massiven Auswirkungen auf unser Kulturleben. Konzerte und Aufführungen müssen abgesagt werden. Die Gründe: erkrankte Künstler*innen oder schlicht die Sorge um die Ansteckungsgefahr. Wie gehen große und kleine Theater- und Opernhäuser mit der Situation um? Regisseur Ersan Mondtag hat kürzlich an der Deutschen Oper die Premiere seiner "Antikrist"-Inszenierung gefeiert - unklar ist, ob die kommenden Aufführungen wirklich stattfinden können. Dass sich das Verhältnis zum Publikum durch die Pandemie verändert, stellt der Leiter des Hallenser Off-Theaters "WUK", Tom Wolter, fest. Wie gelingt es der Kultur, trotz der momentanen Widrigkeiten weiterzumachen – und warum ist das wichtig? Die Journalistin Mareice Kaiser fragt sich, wie sich die Pandemie für Kulturproduzent*innen und Kulturkonsument*innen produktiv machen ließe. Warum macht die Kultur unser Leben lebenswert? Für den Einzelnen und unsere Gesellschaft? Was braucht man für ein gutes Leben – gerade jetzt?
The show must go on: Berlinale 2022
Präsenz zeigen in Coronazeiten
Quelle: ZDF/Jula Hoepfner
Ins Kino gehen, um der traurigen Realität zu entfliehen - das hat auf der Berlinale noch nie sonderlich gut funktioniert. Sind die Berliner Filmfestspiele doch traditionell eher ein Brennglas für die Probleme dieser Welt als eine fröhliche Eskapismus-Maschine. In diesem Jahr spiegelt sich die Realität bereits im Kinosaal. Die Festivalleitung will so viel 'business as usual' ermöglichen, ohne die Berlinale zum Superspreader-Event mit Ansage zu machen. Doch trotz verkürztem Programm, reduzierter Auslastung und einer strengen Test- und Maskenpflicht blickt die Filmbranche mit mehr Besorgnis als Vorfreude auf den diesjährigen Wettbewerb. Oder bleibt gleich ganz zu Hause. Wenn die Berlinale am Donnerstag mit François Ozons Film "Peter von Kant" eröffnet wird - eine Adaption des Fassbinder-Klassikers "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" von 1971 - werden sich die Premierengäste wieder wie im Lockdown fühlen dürfen, während vor dem Berlinale-Palast die Omikron-Welle ihrem Höhepunkt entgegenrollt. Das kann ja heiter werden.
Stab
- Moderation - Jo Schück