Ein Film von Theresa Breuer
Die Revolte im Iran ist vor allem eine Revolte der Frauen. Haben sie diesmal eine Chance? Die Protestierenden von heute stehen zumindest fest auf den Schultern ihrer mutigen Mütter und Großmütter. Denn trotz jahrzehntelanger Unterdrückung im frauenfeindlichen Mullahstaat sind zwei äußerst gebildete, selbstbewusste und kämpferische Generationen iranischer Frauen herangewachsen. “Es hat nicht mit unserer Generation begonnen, sondern lange vorher. Und mit dem Wissen aus den Kämpfen der vorangegangenen Generationen machen wir jetzt weiter,” sagt die Künstlerin Ghazal Abdollahi. Als Tochter aktivistischer Eltern lebt sie die Rebellion schon ihr Leben lang. Ihre Mutter ist eine politische Gefangene, deshalb musste Ghazal im November fliehen. Dass die Bewegung nicht mehr zu stoppen ist, glaubt sie fest.
Die Dikatur ist angezählt
Sarah Doraghi, iranische Kulturjournalistin und Komikerin, lebt seit ihrem zehnten Lebensjahr im Pariser Exil. Vor wenigen Jahren hat sie das erste Mal wieder ihre Heimat besucht und sehnt sich seitdem an den Ort ihrer Kindheit im Iran zurück. Sie ist sich sicher: Die Diktatur ist angezählt. Vierzig Jahre Unterdrückung haben die Menschen zu Kampfbereiten werden lassen. Doch wird ihre Kraft reichen, das Regime zu stürzen? Ein halbes Jahr nach Jina Mahsa Aminis Tod haben die Proteste abgenommen. “Wir sind schließlich kein Kamikaze-Volk! Wir wollen nicht sterben. Aber wir werden kämpfen”, sagt Sarah Doraghi. Sie fordert, dass Europa endlich handelt und die iranischen Revolutionsgarden auf die Terrorliste setzt. Das Regime soll sehen, dass es nicht nur die Frauen, sondern die Welt gegen sich aufgebracht hat.
Unverschleiert auf farbenfrohen Gemälden
Der Brutalität etwas entgegenstellen, den Menschen ihre Würde zurückgeben, das will auch Soheila Sokhanvari. In London feiert die Künstlerin weibliche Ikonen aus der Zeit vor der Islamischen Revolution. Ihre Ausstellung "Rebel Rebel“ im Londoner Barbican Center zeigt Sängerinnen und Tänzerinnen, rauchende Frauen, unverschleiert auf farbenfrohen Gemälden. Es sind alles Frauen, deren Leben sich durch die religiösen Fanatiker schlagartig änderte: Künstlerinnen, die berühmt waren, und verfolgt, inhaftiert und verstoßen wurden, weil sie alles repräsentierten, was die Islamisten verabscheuten. "Ich wollte diesen Frauen einen Tempel der Würdigung schenken und ihre Geschichten in die Welt tragen", so die Malerin.
Seit 1979 dürfen Frauen im Iran nicht mehr singen und tanzen. Auch die jüngere Generation will das nicht hinnehmen. Deshalb ist die Musikerin und schrille Performerin Dornika Kazerani nach Berlin ausgewandert. "Was ich tun wollte: tanzen, Musik, singen. Dinge, die ich im Iran nicht wirklich tun konnte“, erzählt sie. Denn der Körper gehört im Iran nicht den Frauen selbst: "Unser Kampf gegen Diktatur ist der Kampf für die Freiheit des Körpers, aller Körper.“
Die erste weibliche Revolution in der Geschichte - ist sie möglich? Antworten darauf sucht die Dokumentation bei Künstlerinnen in ganz Europa. Es sind Frauen, deren Stimmen sich nur im Exil entfalten konnten - im Iran würde ihnen für ihre Arbeit Inhaftierung und Tod drohen. Der Unterdrückung des Mullah-Regimes in ihrem Heimatland setzen sie im Exil die Vielfalt entgegen, geben den Menschen im Iran eine Stimme. Sie sind laut für die, die es selbst nicht mehr sein können. Denn wer in diesen Tagen das Regime kritisiert, dem droht im Iran Folter, Knast, sogar die Todesstrafe.