Die Anzahl der Inuit ist nicht besonders hoch, nur rund 57.000 Menschen, das entspricht wenig mehr als der Hälfte einer deutschen Mittelstadt. Es ist eben ein Land der Natur-Extreme, das wenige Nischen für die Menschen dort lässt mit ihrer eigentümlichen Kulturgeschichte und Überlebenskunst in diesem abweisenden und gleichzeitig überaus faszinierenden Teil der Welt.
Reise voller Risiken
Geradezu magisch zieht das Land immer wieder Forscher, Entdecker und Abenteurer oder auch Touristen an. Grund genug für das Deutsche Auswärtige Amt, für Grönlandreisen besondere Sicherheitshinweise zu geben: "Das wechselhafte arktische Extremklima, ausgedehnte unzugängliche Gebiete und eine sehr beschränkte Infrastruktur machen Such- und Rettungsaktionen außerhalb der Ortschaften an der Westküste Grönlands praktisch unmöglich.
Touristen, die außerhalb geschlossener Ortschaften reisen möchten, sollten sich vor Antritt der Reise mit den damit verbundenen Risiken vertraut machen. Die Mitnahme von GPS und Satellitentelefon wird empfohlen. Von Einzelreisen wird dringend abgeraten. Auch bei Kreuzfahrten besteht ein erhöhtes Risiko." Auch wenn dabei nur von der Westküste die Rede ist, kann das keinesfalls bedeuten, dass beispielsweise Ost- oder sogar Nordküste ungefährlich sind. Aber die Idee scheint fernzuliegen, dass jemand dorthin touristische Alleingänge unternimmt.
Das lange unentdeckte Volk
Vor Tausenden von Jahren kamen die ersten Vorfahren der Inuit aus Asien nach Grönland. Jäger, die gelernt hatten, sich der lebensfeindlichen arktischen Welt anzupassen. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein lebten Inuit in entlegenen Teilen der eisigen Rieseninsel unentdeckt von den Europäern, die schon seit Jahrhunderten immer weiter nach Norden vorstießen: Walfänger, Händler, Glücksritter und schließlich Kolonisten aus Dänemark. Und ganz weit im Norden, im einst sagenumwobenen Thule: eine Militärbasis der Amerikaner, die Anfang der fünfziger Jahre dort eindrangen, um im kalten Krieg einen Vorposten in Richtung Osten einzurichten. Die Inuit wurden aus ihren angestammten Orten etwas weiter nach Norden zwangsumgesiedelt. So entstand die Stadt, die Qaanaaq heißt. Der kalte Krieg ist lange vorbei. Die Amerikanische Militärstation ist geblieben.
Heute hat Grönland eine Bevölkerung, deren Spektrum von westlich-modern in wenigen Zentren, vor allem an der Südwestküste, bis zu traditionell, wenn nicht archaisch, in ganz entlegenen Gegenden hoch im Norden und an der Ostküste reicht. Nachdem die Inuit lange Zeit völlig fremdbestimmt unter dänischer Herrschaft leben mussten und ihre kulturelle Identität weitreichend verloren, erhielt Grönland nach langem Ringen 1979 den Status der Selbstverwaltung, aber immer noch an der Leine Dänemarks. Erst Mitte 2009 wurde den Grönländern schließlich ein neuer Autonomie-Status zugestanden, der das Recht auf Selbstbestimmung sowie die völkerrechtliche Anerkennung der Ureinwohner Grönlands festschreibt - und der die Selbstverwaltung der natürlichen Rohstoffe sowie Bodenschätze Grönlands wie Öl, Gas, Gold und Diamanten vorsieht. Aber beim näheren Hinsehen hat Dänemark noch immer nicht alle Leinen gekappt. Auf die völlige Unabhängigkeit soll Grönland noch bis zum Jahr 2021 warten: dem 300. Jahrestag der Kolonisation durch Dänemark.
Die Jagdbeute zählt
Es sind die Bodenschätze der Rieseninsel, die in letzter Zeit eine immer stärkere magische Anziehungskraft ausüben. Die liegen zwar seit Urzeiten in der Erde unter dem Eis, aber mit den steigenden Temperaturen durch den Klimawandel mehren sich zugleich die Hoffnungen, in absehbarer Zeit an sie heranzukommen. Zu denen, die davon profitieren, dürften die Inuit zuletzt gehören - und vielleicht gar nicht gehören wollen -, die schon immer weit weg vom Getriebe in ihrer eigenen Welt ausharren: dort, wo am meisten zählt, was für sie unmittelbar zum Leben nötig ist: eine gute Jagdbeute.
Sie sind es, über die Markus Lanz mehr erfahren will. Aufgewachsen in einem Südtiroler Bergdorf zu einer Zeit, in der die Bauern hart mit der kargen Natur ringen mussten, ziehen ihn seitdem immer wieder Menschen an, die unter extremen Bedingungen ihr Leben einzurichten wissen. Markus Lanz will die Inuit eine Weile begleiten, er will hautnah erfahren, wie sich das Leben dort anfühlt, und er will es dokumentieren. Sein Motiv ist nicht die Abenteuerlust sondern vielmehr das Bewusstsein, dass es diese uralte Kultur wohl nicht mehr lange geben wird.