Guten Morgen,
Krieg ist grausam, jeder Krieg. Aber auch im Krieg und in der Grausamkeit gibt es noch rote Linien, die überschritten werden. Zuletzt sorgten die Bilder aus der nordwestlich von Kiew gelegenen Ortschaft Butscha für weltweites Entsetzen: Eine Straße, übersät mit Leichen. Neben einem Toten liegt ein Fahrrad, er ist also offenbar ein Zivilist. Ein anderer hat die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Er war offenbar wehrlos, als er erschossen wurde.
Offenbar. Dieser Vorbehalt ist nötig, solange keine unabhängige Prüfung erfolgt ist. Aber sollte auch nur ein Bruchteil von dem stimmen, was aus Butscha berichtet wird, sind es Kriegsverbrechen. Und dass die Menschen tatsächlich tot sind, wurde bereits vielfach bezeugt, und damit die russische Führung eindeutig widerlegt, die von "Schauspielern" geredet hatte - wieder mal, so wie schon beim Beschuss einer Geburtsklinik in Mariupol, als auf Fotos eine verletzte schwangere Frau zu sehen war.
Verdrehen, vertuschen, leugnen - und noch nicht mal prüfen. Auch im Propagandakrieg überschreitet die russische Führung rote Linien. Im Unterschied dazu hat die ukrainische Regierung bei einem mutmaßlichen Kriegsverbrechen des eigenen Militärs sofort eine Ächtung ausgesprochen. Als ein Video kursierte, das Schüsse in die Beine von gefangenen russischen Soldaten zeigen sollte, erinnerte ein Berater des ukrainischen Präsidenten öffentlich daran, "dass die Misshandlung von Gefangenen ein Kriegsverbrechen ist". Die Echtheit des Videos ist aber noch umstritten.
"Frontal" hat Kriegsverbrechen durch russische Soldaten in der Ukraine bereits belegt und Hintergründe zu der Erschießung von mehreren Zivilisten nahe Kiew am 7. März 2022 recherchiert. Das zeigt, dass die Gräueltaten von Butscha nicht die einzigen sind. [Auf den Spuren von Putins Kriegsverbrechen. Das "frontal"-Video.]
Der Bundespräsident, die Außenministerin, der Bundeskanzler, sie alle haben inzwischen klare Worte zu Kriegsverbrechen gefunden. Aber was ist die Konsequenz? Noch mehr Sanktionen gegen Russland, heißt es, aber ein sofortiges Energie-Embargo geht dann doch zu weit. Noch mehr Waffen für die Ukraine, heißt es auch, aber eine militärische Eskalation über die ukrainische Grenze hinaus soll nicht riskiert werden.
Bislang scheint es, als wäre die Betroffenheit über Putins Kriegsverbrechen ebenso groß wie die politische Hilflosigkeit, sie zu ahnden und zu verhindern. Anders ausgedrückt: Rote Linien werden in Worten schnell gezogen, aber wenn sie überschritten werden und den Worten Taten folgen müssten, werden sie auch schnell versetzt.
Einen guten Tag wünscht Ihnen
Ilka Brecht, Moderatorin und Leiterin des ZDF-Magazins "frontal"
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Ausführlich informiert
Tote Zivilisten auf der Straße - im Kiewer Vorort zeigt sich ein Bild des Schreckens. ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf mit Eindrücken aus der Ukraine bei ZDFheute live:
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Zusammengestellt von Kai Budde
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