Guten Morgen,
so lange hat es noch nie gedauert. Rund zwölf Stunden haben die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen über die neuen Corona-Beschlüsse verhandelt. Erst tief in der Nacht, kurz nach halb drei, traten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder vor die Hauptstadtpresse.
Ich sah eine müde Merkel. Ich sah einen müden Müller. Ich sah einen müden Söder. Und ich konnte verstehen, dass sie müde waren, denn ich war es auch. Ich war müde, weil es mitten in der Nacht war, und Pandemie-müde bin ich sowieso. Ich hörte mir die Beschlüsse an. Dann spürte ich noch eine andere Müdigkeit in mir: die Föderalismus-Müdigkeit.
Denn inzwischen, nach mehr als einem Jahr Corona, bin ich davon überzeugt, dass wir in einer tiefen Systemkrise stecken. Unser Föderalismus ist teilweise dysfunktional. Das hat die Pandemie uns brutal vor Augen geführt.
Rund zwölf Stunden Verhandlungen bedeuten, dass man sich wieder mal nicht einigen konnte. Es bedeutet, dass das Instrument des Bund-Länder-Treffens nicht geeignet ist, dem Virus effektiv die Stirn zu bieten. Mit Geschachere bekämpft man keine Pandemie. Das vergangene Jahr hat gezeigt, wie konfus Deutschland auf einen Krisenfall reagiert. Schulschließungen nach Gutdünken. Keine einheitlichen Standards in Gesundheitsämtern. Unklare Zuständigkeiten. Was wo wann und wie erlaubt war, hing vom Bundesland ab und schien ziemlich willkürlich.
Dass sich Bund und Länder jetzt auf einen relativ einheitlichen harten Shutdown zu Ostern verständigt haben, liegt auch an ihrem Versagen in den vergangenen Monaten. Die Kanzlerin sprach in der Nacht von "sehr unkonventionellen Maßnahmen". Das Gegenteil ist richtig. Mit Isolation und Quarantäne hat man schon im Mittelalter die Pest bekämpft. Unkonventionell wären eine moderne Test- und Impfstrategie. Doch da haben Bund und Länder bisher versagt. Und das liegt auch am System.
Herzliche Grüße aus Berlin
Andreas Wunn, Leiter und Moderator von ZDF-Morgenmagazin und ZDF-Mittagsmagazin
Was heute noch wichtig ist
Parlamentswahl in Israel: Es ist die vierte Wahl in nur zwei Jahren. Beim Kampf um die Macht in Israel geht es vor allem um Premierminister Benjamin Netanjahu - diesmal könnte es eng werden.
Wie geht es weiter im Erzbistum Köln? Wenige Tage nach der Vorstellung eines Gutachtens zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Erzbistum will Kardinal Woelki weitere Konsequenzen aus der Untersuchung vorstellen.
"Autogipfel" mit Merkel: Die Bundeskanzlerin berät in einer Videokonferenz mit Vertretern der Branche über den Strukturwandel in der deutschen Schlüsselindustrie. Auch Ministerpräsidenten von "Autoländern" wie Baden-Württemberg oder Niedersachsen nehmen teil.
Verhandlungen über Ampel in Rheinland-Pfalz starten: Gut eine Woche nach der Landtagswahl beginnen die Koalitionsverhandlungen zur Fortsetzung eines Bündnisses aus SPD, Grünen und FDP.
Aktuelle Corona-Fälle in Deutschland
In Deutschland gibt es 2.678.299 bestätigte Infektionsfälle. Im Schnitt kommen derzeit täglich 13.290 dazu. Insgesamt sind 75.425 Menschen gestorben. (Quelle: Risklayer). Hier erfahren Sie, wie die Corona-Impfungen in Deutschland vorankommen.
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Grafik des Tages
Gesagt
Mit einem einzelnen "Ä" hat Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) den erfolgreichsten Tweet seines Lebens gelandet - nun legte sein Thüringer Amtskollege Bodo Ramelow (Linke) nach:
... twitterte Ramelow in der Nacht auf Dienstag während der Bund-Länder-Verhandlungen über die kommenden Corona-Regeln. 279 der 280 möglichen Zeichen eines Tweets nutzte der Linken-Politiker für den Umlaut.
Anderswo interessant
CDU und CSU stecken noch mitten in der Affäre um windige Geschäfte mit Schutzmasken, da bahnt sich im Hintergrund noch eine weitere - mutmaßlich größere - Geschichte um fragwürdige Verflechtungen an: Die Aserbaidschan-Affäre. Recherchen des Online-Mediums Vice wollen belegen, wie stark der Einfluss aserbaidschanischer Lobbyisten auf einige Mitglieder der Union ist.
Weitere Schlagzeilen
- Zehn Tote bei Schießerei in Boulder: Ein Verdächtiger wurde nach den Schüssen in einem Supermarkt festgenommen.
- Russland bringt 38 Satelliten ins All: An Bord ist auch ein Apparat zum Sammeln von Weltraumschrott.
- NRW weitet Beschränkungen im Einzelhandel aus: Zuvor waren die Maßnahmen teilweise von einem Gericht gekippt worden.
- EU-Länder uneinig über Impstoff-Exportverbot: Weil Astrazeneca weniger Impfstoff liefert als vereinbart, droht Brüssel mit Exportverboten.
- Fleischverzehr so niedrig wie nie seit seit Beginn der Berechnung 1989: Im Schnitt 57,3 Kilogramm pro Person
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So wird das Wetter heute
Am Dienstag ist der Himmel für die meisten wolkenverhangen. Dazu gibt es im Osten etwas Regen oder Schneeregen. Vom Schwarzwald bis zum Berchtesgadener Land ist es den Tag über länger sonnig. Am Nachmittag zeigt sich die Sonne auch im Westen etwas mehr. Die Höchstwerte liegen zwischen 5 und 12 Grad.
Zusammengestellt von Jan Schneider.
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