Guten Abend,
ich weiß nicht, ob Sie mit Fußball etwas anfangen können. Ich kann es. Und ganz ehrlich: Dieses Gefühl, samstags um 15:30 Uhr im Stadion zu stehen, diese 90 Minuten, das bedingungslose Anfeuern, das Zittern und Verzweifeln, das kollektive, erlösende Jubeln - ich würde sehr viel dafür geben, das mal wieder unbeschwert genießen zu können.
Aber es ist nun einmal Pandemie. Und alles, was ich derzeit für den Fußball empfinden kann, sind Fassungslosigkeit und Entsetzen. Wieder einmal.
Volle Ränge, ekstatische Jubeltrauben: Das sind die Bilder aus der Parallelwelt, in der es sich weite Teile der Bundesliga gemütlich gemacht haben. Das sind die Bilder, die ihre wahnsinnige Wucht dann entfalten, wenn man direkt danach in den Nachrichten sieht, wie Intensivpatient*innen quer durch Deutschland in Krankenhäuser geflogen werden, die jetzt noch Kapazitäten haben.
"Solche Bilder darf es nicht nochmal geben", hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst heute über die 50.000 gesagt, die am Samstag im Kölner Stadion waren. "Wir werden unsere Werkzeuge nutzen, das auch zu verhindern", so der CDU-Politiker.
Aber es ist wie so oft in der Pandemie: Politisches Handeln zeigt sich nicht als vorausschauende und Schaden abwendende Aktion, sondern nur als Reaktion auf Zahlen, die so bedrückend sind, dass der entstandene Schaden irgendwie begrenzt werden muss.
Ob das bei der Omikron-Variante besser wird? Die erste Gelegenheit gibt es bereits am morgigen Dienstag, wenn Bund und Länder kurzfristig über die Corona-Lage beraten wollen.
Ideen zum Umgang mit Omikron gibt es bereits zur Genüge: So hat eine Expertengruppe heute eine rechtliche Grundlage für weitreichende Maßnahmen gefordert. Es brauche jetzt "klare Handlungspläne", die "bei einer hohen Wachstumsdynamik oder bei einer Überlastung des Gesundheitssystems sehr schnell umgesetzt werden könnten", heißt es in der Stellungnahme der Gruppe um die Virologin Viola Priesemann.
Aktuelle Corona-Fälle in Deutschland
Das Robert-Koch-Institut meldet heute 29.364 Neuinfektionen, die Inzidenz liegt bei 452,4. Unsere Karte zeigt, wie es in Ihrem Landkreis aussieht.
In Deutschland sind bisher 71,2 Prozent mindestens einmal gegen das Coronavirus geimpft worden. 68,4 Prozent sind vollständig geimpft, 11 Prozent haben eine Auffrischung erhalten. Hier erfahren Sie, wie es in Ihrem Bundesland aussieht.
Weitere Zahlen und aktuelle Grafiken zur Verbreitung des Coronavirus weltweit finden Sie unter dem Link.
Was sonst noch wichtig ist
Weniger Corona-Leugner als gedacht: Eine neue Studie belegt: Die Anzahl von Corona-Leugnern in Deutschland ist 2021 fast überall kleiner geworden - mit einer Ausnahme. Mein Kollege Dominik Rzepka hat die Hintergründe aufgeschrieben.
Söder will Impfrecht schnell ausweiten: Bayerns Ministerpräsident fordert eine Gesetzesänderung, um das Impfen durch Pflegekräfte sowie in allen Arztpräxen und in Apotheken zu ermöglichen.
Biontech arbeitet an Impfstoff-Anpassung: Der Mainzer Impfstoffhersteller arbeitet an der Entwicklung eines Vakzins, das an die neue Corona-Variante Omikron angepasst ist - vorbeugend für den Fall, dass dieser nötig werden könnte.
Alle aktuellen Entwicklungen zur Corona-Krise lesen Sie jederzeit in unserem Liveblog.
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Grafik des Tages
Weitere Schlagzeilen
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Ein Lichtblick
Wie macht man das beste aus einer vertrackten Situation? Um das herauszufinden, hilft aktuell ein Blick nach Nordengland. Dort sitzen etwa 60 Gäste seit Freitag im Tan Hill Inn fest. Der Pub ist eingeschneit. Und noch ist nicht ganz klar, wann die Straße, die durch den Nationalpark Yorkshire Dales führt, wieder freigeräumt werden kann.
Die Eingeschneiten haben sich damit nicht nur abgefunden. Glaubt man der Wirtin, wollen manche Gäste nun gar nicht mehr weg. Essen, Bier, Karaoke, Pub-Quiz, Brettspiele: "Es ist, als hätte man eine große Gruppe von Freunden zum Abendessen da", erzählt Wirtin Nicola Townsend dem britischen Sender ITV. "Es klingt ein bisschen wie ein Klischee, aber die Leute kamen als Fremde und werden als Freunde wieder gehen."
Zahl des Tages
1.120.000 - so viele Menschen haben sich laut Zahlen der Johns Hopkins Universität in den vergangenen 28 Tagen in Deutschland neu mit dem Coronavirus infiziert. Damit liegt Deutschland weltweit an zweiter Stelle. Nur in den USA gab es im selben Zeitraum mit mehr Neuinfektionen - etwa 2.200.000.
Streaming-Tipp für den Feierabend
Was läuft schief im deutschen Gesundheitssystem? ZoomIN-Reporterin Lena Nagel wollte das genau wissen - und hat sich dafür den Arbeitsalltag in deutschen Kliniken angeschaut.
In ihrem Film zeigt sie nicht nur den enormen Druck durch die hohe Arbeitsbelastung. Sie skizziert auch ein System, in dem nicht mehr die Patient*innen im Vodergrund stehen - sondern der Profit.
"Das Krankenhaus hat sich in eine Fabrik verwandelt", erzählt eine der Gesprächspartnerinnen. Fließbandarbeit, Prozeduren durchziehen, wenig Kontakt mit den Patient*innen: "Alles, was ökonomisch nicht wichtig ist, fällt herunter."
Was das mit den Beschäftigten macht, sehen Sie in der Doku (18 Minuten):
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Kevin Schubert ist Redakteur und Reporter bei ZDFheute.
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