Guten Morgen,
endlich langfristige Strategien in der Corona-Krise, das fordern viele von den politisch Verantwortlichen: Eltern wollen wissen, wann Schulen und Kitas wieder öffnen, Gastronomen, wann sie wieder Personal anheuern können. Für die Opposition ist Kritik an fehlenden Strategien und Perspektiven oft ein Synonym, dass ihnen die ganze Richtung nicht passt.
Doch wie strategiefähig kann Politik in einer Situation mit so vielen Unbekannten sein? Was bedeutet es gerade in einem Superwahljahr, wenn Regierende mit großer Geste ausgerufene Strategien angesichts veränderter Faktenlage korrigieren oder gar widerrufen müssen? Klar ist: Wer sich festlegt, riskiert Glaubwürdigkeitsverlust. Deshalb entscheiden sich Entscheidungsträger in der Krise oft dafür, unbestimmt zu bleiben.
Es geht um ein Schlüsselwort politischer Kommunikation: Erwartungsmanagement. Ob einmal geweckte Erwartungen erfüllt oder enttäuscht werden, ist für das Urteil von Wählerinnen und Wählern meist entscheidender als die Frage, ob alle Spiegelstriche eines politischen Plans tatsächlich umgesetzt werden oder nicht.
Wie schwierig Erwartungsmanagement ist, zeigt die Corona-Krise beispielhaft. Fernsehbilder aus schnell aufgebauten Impfzentren vor Weihnachten, mit der Ankündigung, dort Tausende Menschen pro Tag immunisieren zu können, haben unrealistische Erwartungen geschaffen. Das Ziel der Politik war klar: Gegen die Corona-Müdigkeit sollte endlich Licht am Ende des Tunnels aufscheinen. Als sich dann nach den Feiertagen aber herausstellte, dass viel zu wenig Impfstoff zur Verfügung stand, folgte tiefer Frust.
So wurde aus der Corona-Politik von Bund und Ländern ein Kommunikationsdesaster. Die Bilder haben mehr versprochen als gehalten werden konnte. Nie war ein Impfstoff schneller produziert worden - und doch wurde die Situation als "Impf-Chaos" wahrgenommen. Dass Kanzlerin und Ministerpräsidentinnen und -präsidenten in dieser Woche den Inzidenzwert für Öffnungsperspektiven in Richtung 35 schoben und damit die Zahl 50, die seit Dezember für Lockerungen in Aussicht gestellt wurde, vom Tisch genommen haben, birgt die gleiche Gefahr. Wenn fahrlässig erzeugte Erwartungen enttäuscht werden, führt das zu Unverständnis oder gar Wut.
Seien wir realistisch: Angesichts immer wieder neuer Entwicklungen, zuletzt der Gefahr durch Mutationen, gleicht Pandemie-Politik einem Stochern im Nebel. Wer "auf Sicht" fährt, kann sich schwer auf Strategien und Zeitpläne festlegen. Wenig versprechen, unbestimmt bleiben, Erwartungen senken - ist, aus Sicht der Verantwortlichen, Voraussetzung für gelungenes Erwartungsmanagement. Auch wenn Bürgerinnen und Bürger zu Recht mehr Klarheit erwarten.
Einen guten Tag wünscht Ihnen
Peter Frey, ZDF-Chefredakteur
Was heute noch wichtig ist
Testpflicht bei Ausreise aus Tirol tritt in Kraft: Für das österreichische Bundesland Tirol gelten von heute an strenge Ausreisebeschränkungen. Ein Verlassen des Bundeslands in Richtung Deutschland oder in angrenzende österreichische Bundesländer ist in den nächsten zehn Tagen nur mit einem negativen Corona-Test möglich, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Die Maßnahme soll helfen, eine Verbreitung der in Tirol gehäuft aufgetretenen südafrikanischen Corona-Variante zu verhindern.
Die Bundesregierung hat indes entschieden, ab kommenden Sonntag neben den bestehenden Binnengrenzkontrollen zu Österreich auch an den Grenzen zu Tschechien vorübergehende Grenzkontrollen einzuführen:
Weiterer Prozess gegen Nawalny wird fortgesetzt: Der erst kürzlich zu mehreren Jahren Straflager verurteilte Kremlkritiker Alexej Nawalny muss sich heute in Russland bereits zum zweiten Mal in einem anderen Fall vor Gericht verantworten. Weil er einen Weltkriegsveteranen beleidigt haben soll, drohen ihm eine Geldstrafe oder Zwangsarbeit.
Nawalny hatte im vergangenen Sommer ein in den Staatsmedien ausgestrahltes Video kritisiert, in dem mehrere Bürger sich für eine Verfassungsänderung aussprachen. "Schaut sie euch an: Sie sind die Schande des Landes", schrieb Nawalny Anfang Juni auf Twitter über die Menschen in dem Clip und beschimpfte sie als "Verräter". Weil einer von ihnen - ein 94-Jähriger, der im Zweiten Weltkrieg kämpfte - sich davon schwer beleidigt gefühlt haben soll, ist Nawalny nun wegen Veteranen-Verleumdung angeklagt.
Aktuelle Corona-Fälle in Deutschland
In Deutschland gibt es 2.321.379 bestätigte Infektionsfälle. Im Schnitt kommen derzeit täglich 7.970 dazu. Insgesamt sind 64.516 Menschen gestorben. (Quelle: Risklayer)
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Zahl des Tages
1.000: Der Bundesrat kommt heute in Berlin zu seiner 1.000 Sitzung zusammen. Zu diesem besonderen Anlass wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Ansprache vor der Länderkammer halten. Auf dem Programm stehen mehr als 80 Tagesordnungspunkte. Zur konstituierenden Sitzung des Bundesrats kamen die Vertreter der Länder am 7. September 1949 in Bonn zusammen.
Gesagt
Weitere Schlagzeilen
- Mehr Geimpfte als gemeldete Corona-Fälle: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht positive Entwicklungen bei den Corona-Zahlen in Europa.
- Bayern München gewinnt Klub-WM: Der sechste Titel der Saison wurde mit einem 1:0-Sieg gegen UANL Tigres aus Mexiko geholt.
- Weg frei für Regierungsbündnis in Italien: Fünf Sterne machen es mit Draghi
- Jazz-Legende Chick Corea tot: Musiker und Komponist starb mit 79 Jahren an Krebs.
- China verbietet BBC World News: Der britische Nachrichtensender soll gegen Richtlinien der Berichterstattung verstoßen haben.
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So wird das Wetter heute
Am Freitag halten sich in der Mitte und im Osten einige dichte Wolkenfelder und örtlich kann es etwas schneien. Sonst gibt es viel Sonne. Die Höchsttemperaturen liegen zwischen minus 8 und minus 1 Grad.
Zusammengestellt von Lukasz Galkowski
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