Guten Morgen,
sollen Geimpfte Freiheiten genießen, die der viel größere Rest der Gesellschaft nicht hat? Juristisch scheint die Antwort klar: Der Staat kann Grundrechte nur so lange verweigern, wie alle Bürgerinnen und Bürger mögliche Virusträger und -verbreiter sind. Je mehr Menschen geimpft sind, desto schwieriger wird es. Denn Freiheit ist kein Privileg, sondern ein Grundrecht.
Doch es geht auch um Gerechtigkeit, vor allem aus der Perspektive der Jungen. Denn der Staat hat definiert, wer geimpft wird und wer noch warten muss. Ethiker sprechen von der "Verdopplung des Vorteils": Die einen genießen Impfung und Freiheit. Die anderen leben mit dem doppelten Nachteil: kein Impfschutz und weniger Bewegungsfreiheit.
Ich meine: Nicht nur juristische Prinzipien, auch pragmatische Überlegungen sprechen für Öffnungen. Erstens: Älteren und den vielen Geimpften aus den Gesundheits- und Erziehungsberufen steht ein gewisser Vorteil zu - den Alten wegen ihrer Lebensleistung und den anderen, weil sie sich im Beruf besonderen Gefahren ausgesetzt haben. Zweitens: Massenhaft verfügbare Tests erlauben auch Nicht-Geimpften kontrollierte Freiheiten. Und schließlich: Wer mehr (Konsum-)Freiheiten hat, schiebt auch die Wirtschaft mit an, was den Wohlstand aller schützt.
Wer seine Freiheit allerdings allzu spitz einfordert, riskiert, dass die große Solidaranstrengung des vergangenen Jahres zerredet wird. Lange bevor Impfstoff verfügbar war, haben gesundheitlich weniger verletzbare Jüngere ihre Eltern und Großeltern geschützt. Die Impfordnung mit der Priorität auf vulnerable Gruppen hat dafür gesorgt, dass auch im internationalen Vergleich die Todeszahlen bei uns recht niedrig sind.
Die Nicht-Geimpften sollten also mehr Freiheit für Geimpfte ertragen, zumal es wahrscheinlich um wenige Monate Übergangszeit geht. Aber wie immer im Leben kommt es darauf an, wie man seine Rechte wahrnimmt - auftrumpfend oder solidarisch? Deshalb: Auch die Geimpften sollten weiter Masken tragen und die Basisregeln befolgen. Außerdem: Bitte, liebe Großeltern, verkneift Euch die Ü-70-Party im Biergarten, bis auch Eure Enkelinnen und Enkel wieder feiern können. Dann werden auch die Nicht-Geimpften zu der Einsicht kommen: Man muss auch gönnen können.
Einen guten Tag wünscht Ihnen
Peter Frey, Chefredakteur des ZDF
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So wird das Wetter heute
Am Freitag ziehen über den Norden viele Wolken und gelegentlich regnet es leicht. Die Temperatur erreicht hier 8 bis 14 Grad. Nach Süden hin werden die Sonnenanteile immer mehr, es ist trocken und mit 13 bis 19 Grad recht mild. Der Wind weht mäßig aus Südwest, an der Ostsee anfangs stark mit stürmischen Böen.
Zusammengestellt von Kathrin Wolff
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