Update
Update am Morgen:Zeitenwende mit fröstelnder Facette
von Theo Koll
20.06.2022 | 06:00
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Guten Morgen,
können Sie sich noch an die denkwürdige Pressekonferenz von Thomas de Maizière erinnern - nachdem er das Fußballspiel Deutschland gegen Niederlande wegen eines möglichen Anschlags kurzfristig absagen ließ? Teile der Antworten würden "die Bevölkerung verunsichern" meinte er und verschwieg sie daher.
Aktuell erinnert Robert Habeck, als Verantwortlicher für die Gasversorgung des Landes, ein wenig an den damaligen Innenminister: Die Lage sei ernst und angespannt, aber die Versorgungssicherheit sei aktuell gewährleistet. Aber "aktuell" kann ein sehr kurzer Zeitraum sein. Die Bundesnetzagentur warnt offensichtlich intern schon für diesen Sommer vor Engpässen - mit möglichen Einschränkungen für 2.000 Großkunden.
Am 11. Juli wird Nord Stream 1 für ein paar Tage komplett abgestellt, für die alljährlichen Routinearbeiten. Die Sorge hinter den politischen Kulissen in Berlin aber ist, dass die Pipeline dann abgestellt bleibt - also statt der 40 Prozent Lieferung künftig Null.
Und dann wird es sehr ernst. Die Gas-Speicher reichen, selbst wenn sie prall gefüllt wären, nur für ca. zweieinhalb Monate. Zwar kommen dann noch Gaslieferungen bspw. aus Norwegen und den Niederlanden dazu, aber es wird nicht reichen. Dann würde uns mit hoher Wahrscheinlichkeit ein massiver Einbruch der Wirtschaft drohen, eine Wirtschaftskrise wie es sie seit 1945 nicht gegeben hat. Eine Studie der Uni Mannheim hat berechnet, dass - im Fall eines Lieferstopps - die Wirtschaftsleistung bis zu 12 Prozent einbricht, begleitet von einer nochmals gesteigerten zweistelligen Inflation. Die Zeitenwende hat viele Facetten - Frösteln könnte wirklich bald dazugehören.
Das aber wird - siehe oben bei de Maizière - derzeit nur zurückhaltend kommuniziert.
Ich wünsche Ihnen dennoch eine gute Woche.
Herzliche Grüße aus Berlin
Theo Koll, Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios Berlin
Was in der Nacht im Ukraine-Krieg passiert ist
Industrie unterstützt Pläne Habecks: Wirtschaftsminister Habeck erhält Unterstützung aus der Industrie für seine Pläne, mehr Kohlekraft einzusetzen. Laut BDI-Chef Russwurm müsse der Verbrauch von Gas so stark wie möglich reduziert werden.
Von der Leyen rechnet mit EU-Kandidatenstatus: EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat sich erneut optimistisch über einen möglichen EU-Kandidatenstatus der Ukraine geäußert. In einem Interview sprach sie von einer "historischen Entscheidung".
Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.
Was heute noch wichtig ist
Treffen der EU-Außenminister*innen in Luxemburg: Auf dem Plan des Treffens stehen die jüngsten Entwicklungen im Ukraine-Krieg sowie am Horn von Afrika. Zudem wollen die Minister über die Beziehungen der EU zu Ägypten beraten.
Konferenz der Off-Shore-Windenergieanbieter: Unter dem Motto "Offshore-Wind: Klimaschutzziele umsetzen und Arbeitsplätze schaffen" trifft sich die Branche in Bremerhaven. Über 250 internationale Fachleute sprechen über eine nachhaltige Entwicklung der Zulieferindustrie für Offshore-Wind und "grünen" Wasserstoff.
Aktuelle Corona-Zahlen und -Grafiken zur Situation in Ihrem Landkreis, zum Stand der Impfungen und zur allgemeinen Lage in Deutschland und weltweit.
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Grafik des Wochenendes
Am Wochenende zeigte sich Justizminister Marco Buschmann (FDP) skeptisch mit Blick auf die Maskenpflicht: "Will der Staat Masken vorschreiben, etwa in Innenräumen, muss das evidenzbasiert und verhältnismäßig sein." Ob das der Fall ist, werde erst besprochen, "wenn alle Gutachten vorliegen", sagte Buschmann der "Rheinischen Post".
Oliver Klein vom ZDFheuteCheck hat den - sehr eindeutigen - Stand der Wissenschaft, der sich auch in der folgenden Grafik widerspiegelt, noch einmal übersichtlich zusammengetragen:
Quelle: ZDF
Zahl des Tages
43.904. So viele Feuerwehren gibt es in Deutschland. Dazu zählen 22.167 Freiwillige Feuerwehren, 110 Berufsfeuerwehren, 20.867 Jugendfeuerwehren und 760 Werkfeuerwehren. Heute beginnt der Deutsche Feuerwehrtag, eine Versammlung aller Feuerwehren in Deutschland, die seit 1970 vom Deutschen Feuerwehrverband veranstaltet wird und alle zehn Jahre stattfindet. Man trifft sich dafür auf der Internationalen Brandschutz-Messe für Feuerwehrleute und Rettungskräfte in Hannover.
Ein Lichtblick
Heute ist Weltflüchtlingstag. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass das UN-Flüchtlingshilfswerk mittlerweile mehr als 100 Millionen Menschen zählt, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden oder geflüchtet sind.
Eine der größten Siedlungen für Geflüchtete weltweit liegt im Nordwesten Ugandas. Mehr als 240.000 Menschen aus dem Südsudan leben dort, geflohen vor dem blutigen Bürgerkrieg in ihrer Heimat. In Bidi Bidi können sie sich weiterbilden und teilweise für sich selbst sorgen.
Barbara Lueg über einen besonderen Ort, der nicht zuletzt auch Europa zeigt, wie man mit Geflüchteten umgehen kann:
Gesagt
Es gibt mehr Schätze in Büchern als Piratenbeute auf der Schatzinsel ... und das Beste ist: Du kannst diesen Reichtum jeden Tag deines Lebens genießen.
Walt Disney
In Marbach am Neckar beginnt heute die internationale Konferenz zum Thema Lesen im digitalen Zeitalter. Laut einer Umfrage von IfD Allensbach haben 8,41 Millionen Menschen in Deutschland im vergangenen Jahr täglich gelesen, 12,74 Millionen mehrmals wöchentlich.
Weitere Schlagzeilen
- AfD-Parteitag abgebrochen: Die AfD hat am Wochenende einen neuen Vorstand gewählt und ist damit weiter nach rechts gerückt. Am Sonntag sollte es um Inhalte gehen, doch die Debatten erinnerten an die Chaos-Anfänge der AfD.
- Macron verfehlt absolute Mehrheit klar: Schwere Schlappe für Macron: Frankreichs wiedergewählter Präsident hat mit seinem Mitte-Lager nach Hochrechnungen die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung klar verfehlt.
- Ex-Guerillero Petro gewinnt Präsidentenwahl: Mit Gustavo Petro wird zum ersten Mal ein linksgerichteter Politiker Präsident von Kolumbien. Nach der Stichwahl erhielt der Senator rund 50,5 Prozent der Stimmen.
Ausblick in die Woche
Die Nachrichten im Video
So wird das Wetter heute
Am Montag ist der Himmel im Nordwesten wechselnd bewölkt mit nur wenigen Schauern, dafür vielen sonnigen Abschnitten. Östlich der Elbe und in einem Streifen von Sachsen bis zum Saarland gibt es einige Schauer und Gewitter, die unter Abschwächung südostwärts ziehen, die Alpen aber erst am Abend erreichen. Zuvor scheint ganz im Süden lange die Sonne. Südlich des Mains werden 24 bis 33 Grad erreicht, sonst liegt die Höchsttemperatur zwischen 17 und 24 Grad mit den niedrigsten Werten an den Küsten und auf den Inseln.
Quelle: ZDF
Zusammengestellt von Kevin Schubert
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