Guten Morgen,
selten sind die Widersprüche der katholischen Kirche so deutlich geworden wie diese Woche. Am Montag veröffentlicht der Vatikan eine Stellungnahme, die eine Segnung homosexueller Paare ausdrücklich verbietet. Am Donnerstag macht ein Gutachten im Auftrag der Erzdiözese Köln deutlich, dass mehr als 150 Priester viele Jahrzehnte lang Kinder sexuell missbraucht haben - die meisten davon Jungen.
Es gibt Homosexualität in der Kirche. Aber sie findet im Dunkeln statt, oft als Gewalt gegen die Schwächsten. Jetzt werden auch in Deutschlands größter Diözese Opfer und vor allem Täter benannt. Eine glückliche Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare wird weiter diskriminiert. "Respekt" gegenüber Menschen dieser Orientierung müsse sein, heißt es etwas mitleidig aus dem Vatikan. Eine Segnung der Partnerschaft und ihrer "sündigen" sexuellen Praxis stehe aber im Widerspruch zur kirchlichen Lehre. Eine Ohrfeige für alle kirchlich gebundenen homosexuellen Paare.
Sowohl das Kölner Gutachten als auch die Reaktionen auf das vatikanische Dokument erschüttern die Kirche. Das Gutachten entlastet zwar den amtierenden Kölner Kardinal Woelki, prangert aber in großer Eindeutigkeit eine Ikone des konservativen deutschen Katholizismus an, den 2017 verstorbenen Joachim Kardinal Meisner. Kirchenpolitisch geradezu spektakulär ist, dass der Kölner Weihbischof Schwaderlapp, ein Zögling Meisners, von Woelki mit sofortiger Wirkung seines Amtes entbunden wurde.
Während der konservative Flügel des deutschen Katholizismus in Bedrängnis gerät, artikulieren Bischöfe, Generalvikare, Pfarrer in ganz ungewöhnlicher Klarheit Widerspruch zu den Positionen des Vatikan in Sachen Homosexualität. Sie lehnen die Verweigerung des Segens für Homosexuelle rundheraus ab. Er werde sich "von niemandem verbieten lassen, Gottes Segen jedem zu spenden, der ihn braucht oder erbittet", gibt der Domprobst aus Worms zu Protokoll. Er habe Wohnungen, Autos, Fahrstühle, Rosenkränze gesegnet, erklärt der Generalvikar der Diözese Speyer, und soll "zwei Menschen nicht segnen können, die sich lieben? Das kann nicht Gottes Wille sein". Eindeutiger geht's nicht.
Elf Jahre nach Bekanntwerden der ersten Missbrauchsfälle an einem Berliner Gymnasium steht jetzt fest, dass Missbrauch in der katholischen Kirche offenbar systemisch war. Der Konflikt über den weiteren Umgang mit Sexualität bricht offen aus. Es ist eine Krise, in der allerdings auch das Selbstbewusstsein derer wächst, die Widerspruch wagen.
Einen guten Tag wünscht Ihnen
Peter Frey, Chefredakteur des ZDF
- Missbrauch in der katholischen Kirche
Die römisch-katholische Kirche wird in ihren Reihen vom Missbrauch an Kindern und Jugendlichen erschüttert. Die Aufarbeitung ist umstritten.
Was heute noch wichtig ist
Ab heute soll wieder mit Astrazeneca geimpft werden: Dieses Ziel hat Bundesgesundheitsminister Spahn nach der positiven Einschätzung der EMA ausgegeben.
Impfgipfel von Bund und Ländern: Das nach dem vorläufigen Stopp der Corona-Impfungen mit dem Mittel von Astrazeneca verschobene Impf-Gespräch von Bund und Ländern soll heute nachgeholt werden.
RKI und Bundesgesundheitsminister Spahn zur Impfkampagne: Die Corona-Impfkampagne in Deutschland wird von Rückschlägen begleitet. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach und RKI-Vize Lars Schaade zum aktuellen Stand in einer Pressekonferenz - bei uns im Livestream ab 10 Uhr.
Nach Corona-Pause: Fridays for Future ruft wieder zu Klimastreik auf: Die Forderung nach wie vor: eine echte und gerechte Krisenbewältigung. Wegen der Pandemie kann die Demonstration nur online stattfinden. Geplant sind jedoch kleinere Protestaktionen in vielen Städten.
Verdienstorden für Biontech-Gründer: Für ihre Verdienste bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie erhalten die Biontech-Gründer Özlem Türeci und Ugur Sahin um 11:30 Uhr das Bundesverdienstkreuz. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird die beiden Wissenschaftler und Unternehmer mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland auszeichnen.
Aktuelle Corona-Fälle in Deutschland
In Deutschland gibt es 2.628.704 bestätigte Infektionsfälle. Im Schnitt kommen derzeit täglich 11.740 dazu. Insgesamt sind 74.883 Menschen gestorben. (Quelle: Risklayer). Hier erfahren Sie, wie die Corona-Impfungen in Deutschland vorankommen.
Weitere Zahlen und aktuelle Grafiken zur Verbreitung des Coronavirus weltweit finden Sie unter dem Link.
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Ausführlich informiert
Die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat entschieden, den Impfstoff von Astrazeneca in Europa weiterhin zuzulassen, und sich damit gegen einen generellen Impfstopp ausgesprochen. Thema in diesem "ZDF spezial: Corona-Krise - Impfstrategie in Gefahr". (13 Minuten)
"Hoffnung mit Risiko - Impfen ohne Vertrauen?" Das war die zentrale Frage am späten Abend bei maybrit illner. (60 Minuten)
Auch bei Markus Lanz wurde über die Entscheidung der EMA gesprochen - unter anderem mit dem Virologen Prof. Alexander Kekulé und dem Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. (75 Minuten)
Ein Lichtblick
Coronavirus - Digitaler Impfpass für alle? EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat für den digitalen Impfpass bereits einen Gesetzesvorschlag präsentiert. Am 1. Juni könnte das Projekt fertig sein:
Weitere Schlagzeilen
- Spannungen bei Treffen zwischen China und den USA: Beide Länder machen sich gegenseitige Vorwürfe bei erstem Treffen unter Biden-Regierung
- HDP in Türkei droht Verbot - Schlag gegen Demokratie? Seit Jahren ist die Oppositionspartei in der Türkei Repressalien ausgesetzt. Nun soll die HDP wegen angeblicher Terrorverbindungen verboten werden. USA und EU sind besorgt.
- Nach der EMA-Entscheidung - was Sie jetzt über Astrazeneca wissen sollten: Mit Astrazeneca könnte weiter geimpft werden - aber mit einem Warnhinweis. Das hat die Europäische Arzneimittelbehörde entschieden. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
- Belgien bleibt standhaft - und impft weiter: Europas Experten halten den Impfstoff von Astrazeneca für sicher. Doch in Belgien zeigt sich: Das Wirrwarr hat der Autorität der Institution EMA geschadet.
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Heute vor ...
... zehn Jahren starb Eisbär Knut im Zoologischen Garten Berlin an den Folgen einer Gehirnentzündung. Er war von einem Tierpfleger mit der Flasche aufgezogen worden und hatte Millionen Fans.
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Am Freitag ist der Himmel in der Südosthälfte wechselnd bis stark bewölkt und es gibt einige Schneeregen- oder Schneeschauer. In der Nordwesthälfte bleibt es weitgehend trocken, oft zeigt sich die Sonne. Die Höchsttemperatur liegt zwischen 0 und 9 Grad.
Zusammengestellt von Andreas Kronhart
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