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35 ist die neue 50. So hieß es Mitte Februar, nachdem sich Bund und Länder bei ihrer letzten Sitzung auf eine Fortsetzung des Shutdowns und eine Öffnungsperspektive erst bei einer Inzidenzzahl von 35 geeinigt hatten. Eine neue Zahl, die, so versicherte das Kanzleramt eilig, gar nicht neu sei, sondern schon im Infektionsschutzgesetz stehe gleich neben der 50. Die schien allerdings zuvor das entscheidende Maß der Dinge gewesen zu sein. Die 35 wirkte wie aus dem Hut gezaubert und darf als eines von vielen Beispielen misslungener Kommunikation in Pandemiezeiten abgeheftet werden. Kurz vor dem nächsten Bund-Länder-Treffen nächste Woche ist ziemlich klar, dass die 35 in einigen Landkreisen, aber sicher absehbar nicht im bundesweiten Durchschnitt erreicht wird. Erstens.
Und zweitens, dass Merkel die 35 als Voraussetzung für Öffnungen offenkundig wieder abräumt oder doch zumindest relativiert. Jedenfalls klingt sie so in einem Interview, das heute in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu lesen ist. Wegen der Mutationen sei es schwieriger, diesen Wert zu erreichen: "Ob wir mit einer deutlich größeren Zahl von Schnelltests einen Puffer schaffen können", werde am 3. März beraten. Solches wäre eine Strategieänderung: Eine Abkehr von der starren Zahl hin zu einem Abfedern durch Massentests, um einen Dauershutdown zu verhindern. Und das, obwohl sie gerade erst vor einer dritten Welle gewarnt hat.
Vor Jahresfrist hätte die Kanzlerin eine solche Lockerungsübung bei stagnierenden Inzidenzzahlen wohl noch in den Bereich der "Öffnungsdiskussionsorgien" verwiesen. Meint sie es also überhaupt ernst? Ja und nein. Die Puffer-Perspektive ist für sie die halbwegs glaubhafte Möglichkeit, den Deutschen überhaupt Besserung in Aussicht zu stellen. Denen, die um ihre Existenzen bangen und denen, die einfach so Corona-müde sind, am liebsten jetzt sofort Urlaub buchen würden und schon vor sich sehen, wie die geimpften Briten die Handtücher auf die Liegen am Pool legen.
So gesehen, ja. Aber nein, dies ist keine Zusage für schnelle konkrete Öffnungen. Denn, ob sich das viele schnelle Testen wirklich als wirksamer Puffer erweist, ist offen. Mehr als eine Ankündigung, wir reden mal drüber, ist das Ganze vorerst nicht. Reden werden heute abend auch die Gäste von Maybrit Illner über das Thema "Lockern, aber sicher - geht das?" Der Puffer dürfte eine Rolle spielen.
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Bettina Schausten, stellvertretende ZDF-Chefredakteurin
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Zusammengestellt von Jan Schneider.
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