Guten Morgen,
aus Putins Sicht ist er ein "Schurke und Verräter": Denis Epifantsev ist aus Russland geflohen - von Moskau über Sankt Petersburg bis nach Narva. Narva, die drittgrößte Stadt Estlands, gilt seit langem als Tor in die EU - und spätestens seit der Invasion in die Ukraine für immer mehr Russinnen und Russen als Tor zur Meinungsfreiheit. "Praktisch das Erste, was ich gemacht habe, nachdem ich über die Grenze bin: Ich habe gepostet, dass die russische Regierung ein Kriegsverbrecher ist", sagt Denis Epifantsev im Interview mit "frontal". In Russland würden ihm für solche Aussagen bis zu 15 Jahre Haft drohen - und die Ächtung der Gesellschaft.
Denn Wladimir Putin hat seine Rhetorik gegen Kritiker radikal verschärft, eine pro-westliche Einstellung reicht ihm schon, um sie als "fünfte Kolonne" zu verunglimpfen. Das russische Volk werde immer in der Lage sein, "wahre Patrioten von Schurken und Verrätern zu unterscheiden". Es spucke sie einfach aus "wie eine Mücke, die versehentlich in ihren Mund geflogen ist". Dann sprach Putin auch noch von einer "natürlichen und notwendigen Selbstreinigung der Gesellschaft". Das klingt nach einer Aufforderung zu Hetze und Verfolgung.
Millionen Menschen hören täglich die immer gleiche Erzählung vom Völkermord in der Ukraine und der Bedrohung Russlands durch Feinde von außen. Auf verschiedenen Kanälen, finanziert vom Kreml. Doch die Propaganda verfängt nicht mehr bei allen.
Und dann ist da noch die Homophobie. Denis Epifantsev ist schwul. Für Wladimir Putin ist das typisch für pro-westliche Verderbtheit, und er weiß den Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche an seiner Seite. Eine mächtige Allianz zur Verherrlichung des Krieges, denn Kyrill der Erste rechtfertigt die russische Invasion damit, dass den Gläubigen vom "sündigen Westen" so etwas wie "Gay-Pride-Paraden" aufgezwungen werden sollen.
"Ich bin 40 Jahre alt", erklärt Denis Epifantsev. "20 Jahre lang habe ich gedacht, ich kann etwas verändern. Ich möchte nicht noch einmal 20 Jahre in diesem Zustand leben. Ich kann einfach nicht mehr." Die meisten seiner Bekannten sind schon raus aus Russland, sagt er. Um diejenigen, die noch da sind, hat er Angst. Er hat lange um seine Heimat gerungen, nun ist er auf der Flucht - mit seinem Hund und einem Koffer.
Einen guten Tag wünscht Ihnen
Ilka Brecht, Moderatorin und Leiterin des ZDF-Magazins "frontal"
Was in der Nacht im Ukraine-Krieg passiert ist
Ukraines Präsident fordert und bietet an: Wolodymyr Selenskyj hat die Absage an eine Nato-Mitgliedschaft in Aussicht gestellt - vorausgesetzt, Russland stimme einer Feuerpause, einem Truppenabzug und Sicherheitsgarantien zu. In einem Interview hatte Selenskyj zuvor angekündigt, seine Landsleute über alle möglichen Vereinbarungen mit Russland per Volksabstimmung entscheiden zu lassen.
Ukraine wirft Russland Angriffe auf Fluchtroute vor: Nach Angaben von Selenskyj sollen russische Truppen eine Fluchtroute aus dem belagerten Mariupol beschossen und dabei vier Kinder verletzt haben.
USA warnen erneut vor Chemiewaffen-Einsatz in der Ukraine: Präsident Joe Biden warf Russland vor, den Einsatz von Chemiewaffen in Erwägung zu ziehen. Russland erfinde Behauptungen, wonach die Ukraine über biologische und chemische Waffen verfüge - ein klares Zeichen dafür, dass Putin selbst den Einsatz solcher Waffen in Betracht ziehe.
Auf dem aktuellen Stand: News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine - oder kompakt zusammengefasst in unserer Übersicht zur aktuellen Lage in der Ukraine.
Was heute noch wichtig ist
Urteil im Prozess gegen Alexej Nawalny erwartet: Dem Kreml-Kritiker drohen mehrere Jahre Haft. Heute könnte im umstrittenen Prozess wegen angeblicher Veruntreuung von Geldern ein Urteil fallen.
Verdi ruft Luftsicherheitspersonal zum Streik auf: Die Gesellschaft hat einen ganztägigen Warnstreik angekündigt. Gestreikt werden soll unter anderem an den Flughäfen Frankfurt, Berlin und Köln/Bonn.
Tesla-Fabrik wird eröffnet: Bei der Eröffnung der ersten Tesla-Elektroauto-Fabrik in Europa werden unter anderem Kanzler Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) erwartet.
Aktuelle Corona-Fälle in Deutschland
Das Robert-Koch-Institut meldet heute 222.080 Neuinfektionen, die Inzidenz liegt bei 1.733,4. Unsere Karte zeigt, wie es in Ihrem Landkreis aussieht. Hier erfahren Sie, wie die Corona-Impfungen in Deutschland vorankommen.
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Grafik des Tages
Die Erzeugerpreise steigen - besonders betroffen sind Butter, Pflanzenöl und Papier. Aber auch Metalle oder Düngemittel haben sich erheblich verteuert.
Zahl des Tages
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6,5 Millionen
Menschen sind innerhalb der Ukraine auf der Flucht, sogenannte Binnenvertriebene, berichtet die UN-Organisation für Migration in Genf. Hinzu kommen demnach fast 3,5 Millionen Menschen, die seit Kriegsbeginn ins Ausland geflohen sind.
Weitere Schlagzeilen
- Hunger in Ostafrika: Oxfam warnt vor 28 Millionen Hungernden
- Angriff in Schweden: Zwei Frauen in einer Schule getötet
- Flugzeugunglück in China: Offenbar keine Überlebenden nach Absturz
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So wird das Wetter heute
Am Dienstag scheint - abgesehen von lockeren Wolkenfeldern im Nordwesten - überall die Sonne. Der Wind weht meist schwach aus östlichen Richtungen. Die Höchsttemperatur liegt zwischen 12 Grad an der Ostsee und 20 Grad am Niederrhein.
Zusammengestellt von Anna Grösch
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