Guten Morgen,
Wenn Sie das hier lesen, sitzt der Kanzler vielleicht schon im Flieger - und wir als Hauptstadtmedien mit ihm. Olaf Scholz fliegt Richtung Osten. Nicht nach Kiew, wohin ihn letzte Woche der ukrainische Parlamentspräsident persönlich einlud. Aber an einen Ort, an dem die Angst vor Russland und die Enttäuschung über Deutschland ähnlich groß sind: nach Litauen.
Eingeklemmt zwischen der russischen Enklave Kaliningrad und dem russlandtreuen Belarus fürchten viele der gut 2,7 Millionen Einwohnerinnen, dass Putins gewaltsamer Griff nach Ex-Sowjetrepubliken nicht in der Ukraine Halt macht. Hier oben, an der nordöstlichen Flanke von Nato und EU, fordern sie seit Jahren mehr Distanz und Härte gegenüber Moskau. Vor allem Deutschland schneidet da - mit dem Bau von Nord Stream 2 und der Zurückhaltung bei Waffenlieferungen an die Ukraine - in den Augen des Baltikums schlecht ab.
- Ungemütliche Aussichten für Baltikum-Reise
Bundeskanzler Scholz trifft die Staats- und Regierungschefs von Estland, Lettland und Litauen. Ihn dürften unangenehme Fragen zu Deutschlands Ukraine-Politik erwarten.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Deutschland gerade in Litauen mehr militärische Verantwortung übernimmt: Seit 2017 führt die Bundeswehr hier eine der multinationalen Nato-Battelgroups im Rahmen der "Enhanced Forward Presence" - ein Abschreckungsinstrument gegen mögliche russische Invasionspläne. Vor wenigen Wochen wurde das deutsche Kontingent merklich aufgestockt. Heute wird Scholz die Truppen vor Ort besuchen.
Trotzdem ist klar: Wenn der Bundeskanzler in Vilnius den litauischen Präsidenten trifft und die Regierungschefinnen von Estland, Lettland und Litauen, sitzt er gleich drei Nationen gegenüber, die noch mehr erwarten - vor allem bei der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. Und das einen Tag nachdem spanische Zeitungen berichten, wie ausgerechnet Scholz‘ engster politischer Freund unter Europas Regierungschefs, Spaniens Premierminister Sánchez, der Kritik nachgibt und nun Panzer deutscher Bauart in die Ukraine liefern will. Stimmt das, wäre die von der Bundesregierung ins Feld geführte - und von den Nato-Partnern nicht bestätigte - informelle Vereinbarung über ein Panzer-Embargo ganz offiziell Geschichte. Der Druck auf Scholz würde schon bei den heutigen Gesprächen weiter wachsen.
Herzliche Grüße
Shakuntala Banerjee, stellvertretende Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios Berlin
Was in der Nacht im Ukraine-Krieg passiert ist
Russischer Botschafter verlässt Sitzung des UN-Sicherheitsrats: Zuvor hatte EU-Ratspräsident Charles Michel das Land direkt für eine drohende globale Nahrungsmittelkrise verantwortlich gemacht.
Ein EU-Betritt der Ukraine entscheidet über die Zukunft Europas - das sagt Präsident Wolodymyr Selenskyj. Ob sein Land den Kandidatenstatus innerhalb der nächsten Wochen erhalte, werde eine Entscheidung für "das gesamte europäische Projekt sein". In Berlin soll heute und morgen ein Sondergesandter der Ukraine für die Beitrittsperspektive werben.
Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.
Was heute noch wichtig ist
Johnson übersteht Misstrauensvotum: Großbritanniens Premier Boris Johnson kann vorerst im Amt bleiben. Ein Misstrauensvotum erreichte nicht die erforderliche Stimmzahl, um ihn abzusetzen. Fest im Sattel sitzt er nach dem Aufstand der Tories aber keinesfalls - der Druck auf ihn wird weiter wachsen, schreibt die Leiterin des ZDF-Studios in London, Diana Zimmermann.
Angela Merkel im Gespräch mit Journalist und Buchautor Alexander Osang: Es ist der erste größere öffentliche Auftritt Merkels nach ihrem Ausscheiden aus dem Kanzleramt. Mit Spannung wird etwa erwartet, wie sie sich angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine über ihre Russland-Politik und die Lieferung schwerer Waffen an Kiew äußert. In der Einladung zu der Veranstaltung im Berliner Ensemble wird angekündigt, Merkel werde sich "den herausfordernden Fragen unserer Gegenwart" stellen.
Habeck setzt Nahost-Reise fort: Der Wirtschafts- und Klimaschutzminister besucht bis Donnerstag Israel, die palästinensischen Gebiete und Jordanien. Bei der Reise soll es um Energie- und Klimaschutz sowie aktuelle Fragen der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen gehen. Am Dienstag will er die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und die palästinensischen Gebiete besuchen, abends reist er nach Jordanien weiter.
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Terra X - die Wissens-Kolumne
Haben Sie mal nachgedacht, Meeresforscher zu werden? Wenigstens ein bisschen? Nein? Warum das nicht egal ist, erklärt Uli Kunz in der Terra-X-Kolumne. In unserem Archiv finden Sie alle bisherigen Ausgaben:
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Welche Lösungen bietet die Wissenschaft für aktuelle Probleme? Alle bisher erschienenen Ausgaben der Terra X-Kolumne finden Sie jederzeit in unserem Archiv.
Zahl des Tages
85 - die Stimmungskanone, wie man früher sagte, allgegenwärtig in Fernsehshows, auf Partys, am roten Teppich: Roberto Blanco. Er kannte und kennt Gott und die Welt, Popstar Michael Jackson ebenso wie Bundeskanzler Helmut Kohl, den Sänger Udo Lindenberg, Tennisstar Boris Becker oder den Schauspieler Dieter Hallervorden. Heute wird der temperamentvolle Schlagerstar 85 Jahre alt.
Ein Lichtblick
Die Corona-Pandemie als Booster für strukturschwache Regionen? Eine aktuelle Studie kommt zu dem Schluss, dass sich einige strukturschwache Regionen im Westen und Norden Deutschlands ungewöhnlich gut entwickelt haben.
- Wirtschafts-Ranking: Schwache Regionen boomen
Traditionell wirtschaftsschwache Regionen wie das Ruhrgebiet gehören laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft nun zu den dynamischten Deutschlands.
Gesagt
Die Generalsekretärin der Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht im Ukraine-Krieg einen "Test für den Schutz von Normen, die auf Menschenrechten, internationalem Recht und Menschenwürde basieren". Der Krieg sei nicht nur ein Problem des Westens oder der europäischen Staaten, sondern "ein globales Problem, das eine globale Reaktion verlangt, nämlich globale Solidarität", erklärte Callamard bei der Jahresversammlung von Amnesty International Deutschland am Pfingstwochenende in Köln. "Dieses Schlachtfeld muss alle Staaten auf der Welt involvieren, nicht nur westliche Staaten."
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So wird das Wetter heute
Am Dienstag regnet es ganz im Süden länger, teils mit Gewittern. Auch im Westen gibt es viele Schauer. Sonst ist es freundlicher und überwiegend trocken. Die Höchsttemperatur liegt zwischen 15 Grad an der Nordsee und 25 Grad in Berlin.
Zusammengestellt von Jan Schneider.
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