"Ganz ohne Leiden geht es nicht. Wenn man das Tierwohl nach vorne stellt, muss der Mensch mehr tun", sagt Bernd Bornheimer-Schwalbach - Bio-Bauer aus Leidenschaft und aus Prinzip.
Fleisch ist für viele Deutsche nach wie vor nicht aus ihrem Ernährungsplan wegzudenken. Doch zwischen gänzlichen Verzicht und einer Reduzierung des Fleisch-Konsums liegt ein breites Spektrum. Die Bio-Bauern Bernd und Maren Bornheimer-Schwalbach haben einen ganz klaren Appell: Weniger Fleisch essen, dafür bewusster. Nicht nur, damit es den Tieren besser geht, sondern auch, damit es den Menschen besser geht.
Im Herzen Vegetarier
Quelle: privat
Die Landwirte betreiben ihren Bio-Bauernhof im rheinhessischen Gau-Bickelheim. Sie nennen ihn die "Bio-Schweinothek". Hier leben 70 Schweine, ohne Stall, mit viel Platz zum Wühlen im Schlamm. Außerdem betreiben sie Ackerbau und bewirtschaften Weinberge. Der Landwirt hat sich bewusst Strukturen aufgebaut, die nicht an das konventionelle Akkord-Arbeiten gebunden sind. Er vertreibt Bio-Fleisch aus einem einfachen Grund: um nicht auf Fleisch verzichten zu müssen.
Diese Herangehensweise hat ihren Preis: "Die Schlachtung ist pro Tier 10, 15 oder 20 Euro teurer, aber ich weiß ganz genau, dass ich so Menschen unterstütze, die damit ihren Lebensunterhalt bestreiten können." Seine Betriebsform soll also nicht nur den Schweinen ein artgerechtes Leben, sondern auch den Beschäftigten ein sozial gerechtes Arbeiten ermöglichen:
"Mein Wunsch war immer, ein Produkt an den Kunden zu bringen, das zum einen qualitativ - sprich geschmacklich - einen Unterschied bringt, von dem aber auch ich und die gesamte Zwischenkette leben können", sagt Bornheimer-Schwalbach. Entgegen einigen Klischees sei das Geld kein Anreiz, denn mehr verdienen würde man als Bio-Bauer nicht: "Wir Menschen stehen ganz oben an der Nahrungskette – wir essen das Tier, wir essen das Fleisch – deswegen hat der Respekt gegenüber diesem Tier für mich oberste Priorität. Das ist auch nicht in Zahlen oder Euros auszudrücken. Das hat nichts mit Geld zu tun, sondern mit Wertschätzung."
28 Mal langsamer als konventionelle Bauern
Sich Zeit nehmen – ein zentraler Bestandteil im täglichen Arbeiten des Landwirtes. Um 70 Tiere zu füttern, benötige er zwei bis drei Stunden täglich. Die Futtermischung ist zur Hälfte selbst produziert, alles geschieht händisch. Ein konventioneller Betrieb könne in demselben Zeitraum bis zu 2.000 Tiere versorgen. Das ist die 28-fache Geschwindigkeit. Wenn ein konventionelles Tier sechs Monate alt wird, erreichen seine Schweine eine Lebensdauer von zehn bis zwölf Monaten. Die Produkte der Schweinothek sind nicht selten ausverkauft. Deswegen mehr produzieren? Auf keinen Fall: "Das ist richtig und gut so – denn es ist normal, dass es Produkte gibt, deren Verfügbarkeit nicht unendlich ist", sagt Bornheimer-Schwalbach.
Dass es seinen Kunden schmeckt, ist dem Bauer genauso wichtig wie das Wohlergehen seiner Tiere:
Weniger kaufen, mehr davon haben
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Diese anderen braucht es aber, um den Bedarf und die Nachfrage zu decken, die auf dem deutschen Lebensmittelmarkt und unter Konsumenten herrscht. Das wissen auch die Bio-Bauern Bornheimer-Schwalbach. Landwirtin Maren ist in dem Hofladen in täglichem Kontakt mit der Kundschaft und weiß, dass es einigen schwerfällt umzudenken: "Sie wollen bei uns so einkaufen, wie sie konventionell eingekauft haben. Aber das funktioniert im Bio-Bereich nicht. Da müssen die Leute umdenken, man kann nicht eins zu eins tauschen, dann wird es viel zu teuer."
Das Argument, man habe nicht genug Geld, um Bio zu kaufen, zählt in der Schweinothek nicht. Es geht den Bauern viel mehr darum, das Kauf- und Konsumverhalten zu überdenken:
Klar ist auch: Bio ist nicht gleich Bio. Wenn ein Bauer trotz Bio in der Masse mitschwimmen will, komme er in genau denselben Strudel wie irgendein konventioneller Betrieb, ist Bernd Bornheimer-Schwalbach überzeugt. Es gehe nicht um das Label Bio, sondern um das, was man selbst damit verbinde und welche (freiwilligen) Verpflichtungen sich daraus ergäben.
Jeder Einzelne in der Verantwortung
Noch wären die Menschen nicht bereit, diesen Bio-Weg konsequent zu gehen, meint Bauer Bernd. Die Politik sieht er hier nicht so stark in der Verantwortung wie jeden Einzelnen. Ihn hätte nicht die Politik dazu gebracht, sein Leben zu überdenken und Dinge zu ändern. Die Menschen müssten sich selbst hinterfragen und vor allem weiterbilden in dem, was auf der Welt geschieht:
Sein Schlussappell erinnert an die Goldene Regel: Behandle dein Gegenüber so, wie du selbst behandelt werden möchtest – ganz gleich, ob dieses Gegenüber grunzt oder schnarcht, isst oder frisst: "Mir hat nie jemand erklärt, wie man Tiere halten soll. Ich habe mich einfach immer selbst gefragt, wie es mir am besten gefallen würde – trockener Schlafplatz, täglich essen und trinken und soziale Kontakte. Genau das versuche ich den Tieren zu geben. Mehr mache ich eigentlich nicht."
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