"Eine überragende marktübergreifende Bedeutung" bescheinigen die obersten Wettbewerbshüter Google. Nun können sie leichter gegen wettbewerbsgefährdende Praktiken vorgehen.
Schon seit Jahren übt das Bundeskartellamt die klassische Missbrauchsaufsicht am Markt aus. Sprich, die Behörde kontrolliert, ob Unternehmen, die eine marktbeherrschende Stellung einnehmen, ihre Marktmacht missbrauchen. Wenn dass der Fall ist, kann die Kartellbehörde wie bei Facebook im Jahr 2019 bestimmt Verhaltensweisen untersagen, wie z.B., dass Facebook Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen zusammenführt.
Das Problem: Die Verfahren sind sehr aufwendig, unter anderem weil die Marktbeherrschung für jeden Markt einzeln festgestellt werden muss.
- Google hat "marktübergreifende Bedeutung"
Das Bundeskartellamt hat die "marktübergreifende Bedeutung" von Google festgestellt. Praktiken, die dem Wettbewerb schaden, können nun durch die Behörde untersagt werden.
Was war passiert?
Anfang 2021 trat dann eine neue Vorschrift im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§ 19a GWB) in Kraft, die die Missbrauchsaufsicht erweitert und es dem Bundeskartellamt nun ermöglicht, früher, schneller und effektiver gerade gegen das Verhalten von großen digitalen Konzernen vorzugehen. Es gibt hierfür einen neuen Machtbegriff: "überragende marktübergreifende Bedeutung". Diese Machtstellung kann sich auf mehrere Märkte (bei Google z.B. Google-Suchmaschine, Google-Maps, YouTube) erstrecken.
Was ändert der neue Machtbegriff für die Kartellaufsicht?
Die Behörde muss also nicht wie früher die verschiedenen Märkte einzeln abgrenzen und dann jeweils eine Marktbeherrschung feststellen, sondern sie kann sich das Zusammenspiel z.B. von Diensten und Produkten des Konzerns anschauen, aus dem sich die Machtstellung ergibt.
Warum ist Google nun betroffen?
Gründe waren z.B., dass Google in Deutschland mit Marktanteilen von über 80 Prozent eine beherrschende Marktstellung für allgemeine Suchdienste hat und der hauptsächliche Anbieter für suchgebundene Werbung sei. Google könne deshalb marktübergreifend gegenüber anderen Unternehmen die Regeln und Rahmenbedingungen vorgeben, so die Behörde. Aber nicht nur dass: Das Unternehmen verfügt auch über eine wirtschaftliche Machtposition. Diese eröffnet ihm nicht hinreichend kontrollierte, marktübergreifende Verhaltensspielräume.
Was folgt aus diesem Schritt?
Durch die heutige Feststellung des Bundeskartellamtes ist die Voraussetzung geschaffen, dass die Behörde nun in einem zweiten Schritt Verhaltensweisen, die möglicherweise für den Wettbewerb schädlich sein könnten, untersagen kann. Nach dem Gesetz ist es beispielsweise verboten, dass Unternehmen mit einer solchen Machtstellung ihre eigenen Dienste bevorzugen oder Wettbewerber durch Datenverarbeitung behindern.
Wie geht es weiter?
Die Entscheidung des Kartellamtes ist gesetzlich auf fünf Jahre befristet. Innerhalb dieser Frist unterliegt Google in Deutschland nun der besonderen Missbrauchsaufsicht durch das Kartellamt.
Die Bundesbehörde teilt mit, dass weitere Verfahren gegen Amazon, Apple und Meta (damals Facebook) laufen.