Wer kauft eine JPG-Datei auf der Blockchain und bezahlt dafür Millionen? NFTs sind das neue heiße Ding in der digitalen Welt.
Vor fast 30 Jahren sendete ein IT-Entwickler von einem PC eine Kurznachricht an ein 2,1 Kilogramm schweres Mobiltelefon im britischen Vodafone-Netz. "Merry Christmas" stand in der ersten SMS der Welt. Mithilfe der Blockchain-Technologie wurde dieser digitale Code nun in Paris als NFT versteigert – für 107.000 Euro. Eine kleine Summe in der NFT-Welt.
Die Abkürzung NFT steht für "Non-Fungible Tokens" - also nicht austauschbare Wertmarken. Im Grunde sind NFTs digitale Zertifikate für Echtheit und gleichzeitig Nutzungsrechte für etwa eine digitale Bilddatei wie ein JPG, eine MP3 oder einen 3D-Gegenstand in einer virtuellen Welt.
Die Zertifikate sind auf einer Blockchain gespeichert und können ähnlich wie Kryptowährungen transferiert, gehandelt oder aufbewahrt werden.
Erfahrene Internetnutzer fragen sich: Ich kann jedes Bild einfach mit einem Rechtsklick speichern und danach bearbeiten und vervielfältigen. Wozu dann ein NFT?
2021: Das Jahr des NFT
Die digitalen Echtheitszertifikate sind im Trend: Im Frühjahr brachte der Verkauf des NFTs des ersten Tweets von Twitter-Gründer Jack Dorsey zum Beispiel 2,5 Millionen Euro ein. Im Sommer ging der erste Quellcode für das World Wide Web (WWW) von Tim Berners-Lee als NFT für rund fünf Millionen Euro über die digitale Ladentheke.
Die 90er stehen ganz im Zeichen der Technik - der Nostalgiefaktor ist hoch. Die Welt wächst zusammen, denn Anfang der 90er Jahre schafft das Internet den großen Durchbruch.
Laut der litauischen Analysefirma DappRadar betrug das globale Handelsvolumen von NFTs in 2021 mehr als 23 Milliarden Dollar. Ein Jahr zuvor waren es noch 100 Millionen Dollar.
Mode im Metaverse
Vom Wahlkampf über das Shoppen bis zur Weiterbildung – immer mehr tägliches Leben findet digital statt. Selbst der traditionelle Sportartikelhersteller Adidas geht mit einer eigenen NFT-Kollektion an den Start. Zuvor wagten bereits H&M und Nike erste Schritte in die virtuelle Welt. Virtuelle Schuhe und Kleider für echtes Geld.
Die Marge bei digitalen Produkten sei höher, sagt NFT-Experte Daniel Diemers. Er ist Mitgründer von SNGLR Group, einer Firma, die sich spezialisiert hat auf exponentielle Technologien. Die Aktienanalysten dürften sich freuen.
Revolution im Kunstmarkt
Diemers sieht in den digitalen Eigentumsnachweisen einen Segen für Künstler aller Art. Sie können ihre Bilder oder ihre Musik direkt über das Internet verkaufen. Zwischenhändler wie Kunstgalerien oder Spotify werden dafür nicht mehr gebraucht. Und die Künstler können sogar ihren eigenen Preis festlegen.
Bei einer Versteigerung des Auktionshauses Christies wurden mehr als 69 Millionen Dollar für ein digitales Kunstwerk bezahlt. Es handelt sich um eine Datei des Künstlers Beeple.
Trotzdem sehen die großen Auktionshäuser nicht tatenlos zu und versteigern digitale Kunstwerke als NFTs. Christie’s betont in der Saisonbilanz, dass es auf diesen Markt baut. Sotheby’s schreibt in seiner Jahresbilanz vom "kometengleichen Aufstieg der NFTs".
Millionenschwere Punks
Wie wahnwitzig viele NFT-Käufe erscheinen können, zeigt ein mehr als sieben Millionen Euro teures niedrigauflösendes JPG-Bild von einem sogenannten Cryptopunk. Darauf zu sehen ist ein von einem Algorithmus hergestellter pixeliger Kopf.
Ob sich Investitionen in NFTs immer lohnen, ist fraglich. Eine Hoffnung der Käufer und Investoren: NFTs könnten sich in einer neuen digitaleren Welt als Standard durchsetzen.
Dennis Berger ist Redakteur in der ZDF-Redaktion für Wirtschaft und Finanzen.