Nach der Ermordung der beiden Polizisten in Kusel gab es im Netz Hunderte Posts mit Hass und Hetze. Eine Ermittlungsgruppe hat 399 Fälle festgestellt und will sie ahnden.
In der Woche nach der Tötung von zwei Polizisten in der Pfalz hat die Ermittlungsgruppe "Hate Speech" 399 Fälle von Hass und Hetze im Internet im Zusammenhang mit der Tat festgestellt. 102 Beiträge davon seien nach vorläufigem Stand strafrechtlich relevant, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Montag. 15 mutmaßlich Verantwortliche seien mit Klarnamen bereits ermittelt worden.
Innenminister Lewentz: Opfer werden verhöhnt
Lewentz nannte die Erschießung der beiden jungen Polizisten "einen feigen Mord auf brutalste Art und Weise". Einerseits seien bei vielen Polizeidienststellen Blumen und Kondolenzschreiben eingegangen. Andererseits erscheine es kaum vorstellbar, dass manche Internetnutzer diese Brutalität "regelrecht feiern" und "die Opfer verhöhnen", sagte der Innenminister. Doch genau das geschehe nun.
Kommentare wie etwa "Geil, jetzt sind es wieder zwei Bullen weniger in Deutschland" seien widerwärtig und würden konsequent verfolgt.
Anleitung im Netz, Polizisten in Hinterhalt zu locken
Bereits in der Nacht zu Freitag hatte die Polizei im Kreis Birkenfeld einen Mann festgenommen, der im Internet Hasskommentare gegen Polizisten verbreitet und zur Gewalt aufgerufen haben soll. Der 55-Jährige soll in seinem öffentlichen Facebook-Profil zwei Videos hochgeladen haben, in denen er unter anderem vermummt Anleitung dazu gab, Polizeibeamte auf einen Feldweg zu locken und aus dem Hinterhalt zu beschießen.
Laut dem Präsidenten des rheinland-pfälzischen Landeskriminalamtes (LKA), Johannes Kunz, gibt es Hinweise, "die für eine Zuordnung zum Reichsbürgerspektrum sprechen". Ein Arzt habe bei dem 55-Jährigen offensichtlich keine psychische Erkrankung mit "einer unmittelbaren Gefährdung anderer Personen" feststellen können, so dass der Mann auf richterlichem Beschluss wieder freigelassen worden sei.
Anonyme Posts erschweren die Ermittlungen
Von den vorerst 102 strafrechtlich relevanten Internetkommentaren fanden sich Kunz zufolge unter anderem
- 20 auf Youtube,
- 23 auf Twitter,
- 21 auf Facebook,
- 6 auf Instagram,
- 12 auf Telegram und
- 15 auf Tiktok.
Einzelne Kommentatoren agierten auf mehreren Plattformen mit unterschiedlichen Namen - aber nicht mit ihrem Klarnamen. Das erschwere die Ermittlungen. Es sei ein Puzzle. "Wir sind auf die Mitwirkung von Telemediendienstanbietern angewiesen", sagte der LKA-Präsident.
- "Mit ganz mulmigen Gefühlen" im Nachtdienst
"Tiefe Trauer", die die Kollegenschaft erschüttert, davon berichtet Sabrina Kunz von der Gewerkschaft der Polizei. Sie ordnet die Reaktionen nach dem Tod von zwei Polizisten ein.
Mit Morden illegale Wilderei verdecken wollen?
Bei Kusel waren am Montag vor einer Woche bei einer Verkehrskontrolle eine 24 Jahre alte Polizeianwärterin und ein 29-jähriger Oberkommissar erschossen worden. Die zwei Tatverdächtigen, ein 32- und ein 38-Jähriger, sitzen wegen des Vorwurfs des gemeinschaftlichen Mordes und der gewerbsmäßigen Jagdwilderei in Untersuchungshaft.
Im Wagen, mit dem die beiden mutmaßlich unterwegs waren, wurden zahlreiche erlegte Wildtiere entdeckt. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Verdächtigen mit den Morden die vorherige Wilderei verdecken wollten.
Laut Staatsanwaltschaft Kaiserslautern hatte der 38-jährige Verdächtige zuletzt keine Erlaubnis zum Besitz von Waffen und auch keinen Jagdschein hatte. In einem Haus im saarländischen Spiesen-Elversberg, in dem er zuletzt gewohnt haben soll, wurden viele Waffen gefunden, unter anderem zehn Langwaffen, ein Repetiergewehr und eine Armbrust.