McLaren frustiert vom Anti-Doping-Kampf

    McLaren frustiert vom Anti-Doping-Kampf

    von dpa, sid
    |
    Richard Mclaren

    Richard McLaren beklagt mangelnde Fortschritte im Anti-Doping-Kampf. Im Bundestagssportausschuss forderte er, es müssten endlich Konsequenzen aus den von ihm vorgelegten Berichten zu mutmaßlich systematischem Doping in Russland gezogen werden.

    Am Samstag im aktuellen sportstudio

    „Ich würde jetzt endlich gerne Ergebnisse sehen", sagte der Kanadier im Dienste der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA im ZDF. Richard McLaren, der am Samstag, 23:30 Uhr, zu Gast im aktuellen sportstudio sein wird, hatte im vergangenen Juli und Dezember Beweise präsentiert, dass Russland von 2011 bis 2015 ein staatlich gedecktes Betrugssystem aufgezogen haben soll. Im Sportausschuss kamen in der Anhörung auch Vertreter des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), der WADA, der Nationalen Anti-Doping-Agentur, des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB sowie der Journalist Hajo Seppelt zu Wort. Seppelt hatte für die ARD über die russischen Praktiken zuerst berichtet. Tenor war, dass der Anti-Doping-Kampf nicht ausreichend finanziert ist und die Kontrollen nicht unabhängig genug sind.

    Ernüchternde Bilanz

    McLaren hatte in seiner Untersuchung im vergangenen Jahr ein institutionelles Dopingsystem in Russland bewiesen, doch zehn Monate vor den Winterspielen in Pyeongchang ist der WADA-Sonderermittler angesichts der weiterhin ausbleibenden Konsequenzen mehr als ernüchtert. Es könnte allerdings noch schlimmer kommen: Weil die IOC-Untersuchungen weiter andauern, drohe sogar ein zweites Rio. "Es müssen konkrete Schritte eingeleitet werden, um das Problem an der Wurzel zu packen", sagte der kanadische Hochschullehrer und Anwalt. "Nach meinem zweiten Bericht bin ich etwas entmutigt worden, weil IOC, WADA und der internationale Sport meiner Meinung nach halbherzig gehandelt haben", sagte er: "Ich frage mich manchmal, ob überhaupt Reformwille besteht."
    Richard McLaren (li.) und Alfons Hörmann
    Richard McLaren und Alfons Hörmann
    Quelle: dpa

    Das IOC hatte nach dem ersten McLaren-Bericht zwei Kommissionen eingesetzt, die derzeit die Hinweise auswerten. Wann diese Ermittlungen abgeschlossen werden, ist noch offen. Darüber hinaus hat das IOC unter anderem im Zusammenhang mit den Manipulationen in Sotschi 28 Ermittlungsverfahren gegen russische Sportler eingeleitet. In der Stellungnahme für den Sportausschuss erklärte das IOC: "Derzeit kann aufgrund der notwendigen weiteren umfangreichen Untersuchungen kein Zeitpunkt für den Abschluss der Sanktionsverfahren des IOC verlässlich vorhergesagt werden." Ziel sei es allerdings, so das IOC, "rechtzeitig" vor den Winterspielen in Pyeongchang (9. bis 25. Februar 2018) zu Entscheidungen zu kommen.

    Wir können nur fordern, dass die bestehenden Systeme durchbrochen werden.

    Alfons Hörmann


    DOSB-Präsident Alfons Hörmann unterstützte McLaren. "Ich sage ausdrücklich: Dieser Unzufriedenheit schließen wir uns aus Sicht des deutschen Sports an", sagte Hörmann: "Wir können nur fordern, dass die bestehenden Systeme durchbrochen werden."

    Anti-Doping: Ermittlungsberichte und ihre Folgen









    Die Erkenntnisse des ersten McLaren-Reports hatten vor den Spielen in Rio zu großen Diskussionen geführt. Das IOC hatte sich letztlich gegen einen Komplett-Ausschluss des russischen Teams entschieden. Unter großem Zeitdruck mussten die einzelnen Sportverbände über die Zulassung der russischen Sportler entscheiden. Ein verwirrendes Hin und Her - ohne einheitliche Regeln. Am Ende starteten rund 270 russische Sportler.

    Pyeongchang darf kein zweites Rio werden.

    Alfons Hörmann

    Ein ähnliches Wirrwarr vor den Winterspielen 2018 sieht Hörmann als unzumutbar an. "Das, was dort passiert ist, darf sich nicht wiederholen. Pyeongchang darf kein zweites Rio werden", sagte Hörmann: "Deshalb ist bei allen Kommissionen der Zeitfaktor zu berücksichtigen, andernfalls droht ein ähnliches Szenario wie in Rio." Hörmann betonte, die Zustände in Russland seien nicht zu akzeptieren. "Wenn weder Schuldbewusstsein erkennbar ist, noch irgendein Umdenken erfolgt, dann sehen wir klare und harte Sanktionen als dringend erforderlich", sagte Hörmann: "Für uns war es unvorstellbar, in welcher Mannschaftsstärke Russland in Rio angetreten ist."
    IOC-Generaldirektor Christophe de Kepper rechnet damit, dass es nach Abschluss der Ermittlungen weitere Sanktionen geben werde. "Ich kann keine Einschätzungen geben, welche Möglichkeiten es da geben wird, das wird vor allem von der Beweislast abhängen", sagte de Kepper: "Es ist aber vorauszusehen, dass es im Rahmen der beiden Verfahren weitere Sanktionen geben wird."