"Major Tom" geht: Airbus-Chef Tom Enders verlässt den Gemeinschaftskonzern nach der Hauptversammlung am 10. April. Er hat viel bewirkt - und er geht mit einem stattlichen Salär.
Knapp 37 Millionen Euro, so hat es die Beratungsgesellschaft Proinvest berechnet, erhält der 60 Jahre alte Unternehmenslenker – ein stattliches Abschiedspaket, allerdings sind darin sämtliche Rentenzahlungen für die nächsten 20 Jahre mit hochgerechnet. Dieses großzügige Salär wird kontrovers diskutiert – selbst der französische Finanzminister Bruno le Maire kritisierte den "goldenen Fallschirm", wie solche Abschiedszahlungen in Frankreich genannt werden, als zu exzessiv.
Aktienkurs in die Höhe gewachsen
Immerhin kann der ehemalige Offizier und Major der Bundeswehr, Tom Enders, sich zugutehalten, dass er den europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzern in den nun sieben Jahren seiner Führung aufgeräumt und nach vorn gebracht hat. Airbus steht sehr gut da: Das zeigen zum einen der Umsatz von knapp 64 Milliarden Euro 2018 und der operative Gewinn von fast sechs Milliarden Euro - vor allem aber das mehr als prall gefüllte Auftragsbuch. Das würdigt auch der Kapitalmarkt: Stand der Aktienkurs Ende März 2009, also noch unter dem Eindruck der Finanz- und Wirtschaftskrise, bei 8,76 Euro, hat er inzwischen ein Niveau von fast 120 Euro erreicht.
Nach einem solchen Erfolg sah es lange nicht aus. Als Enders 2012 zum zweiten Mal an die Spitze rückte – zuvor hatte er zwischen 2005 und 2007 das Unternehmen in einer Doppelspitze mit Noel Forgeard geführt – verzögerte sich die Auslieferung des Langstreckenflugzeugs A350 stark, der Aktienkurs sank. Dann scheiterte die geplante Fusion mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems. Den hatte Enders übernehmen wollen, um gegen die Konkurrenz aus den USA besser bestehen zu können. Doch das Geschäft scheiterte wegen politischer Vorbehalte vor allem aus Berlin.
Einfluss der Regierungen zurückgedrängt
Enders lernte daraus und baute den Konzern um: Er drängte den Einfluss der beteiligten Staaten zurück – heute halten Frankreich, Deutschland und Spanien zusammen nur noch eine Sperrminorität von 26,3 Prozent, nachdem, sie zuvor direkt oder indirekt über private Unternehmen etwa die Hälfte des Konzerns kontrolliert hatten. "Enders hat versucht, den Konzern zu einem normalen Unternehmen umzubauen", sagt Stefan Schöppner, Luftfahrtanalyst der Commerzbank. Er sorgte dafür, dass der gesamte Konzern von "EADS" in Airbus umbenannt wurde – darunter hatten zuvor nur die Zivilflugzeuge firmiert.
Der frühere Offizier und Major verlegte die Konzernzentrale ins südfranzösische Toulouse, beließ nur noch kleinere Verwaltungseinheiten in Paris und München und zog die Militärgüterproduktion weitgehend aus Deutschland ab. Diese Entscheidung, aber auch seine offene, direkte Art dürften ihm den Weg in eine weitere politische Karriere nach seinem Abtritt bei Airbus zwar versperrt haben. Die Mitarbeiter aber kommen gut damit klar – Enders hat die direkte Kommunikation mit ihnen gefördert und Schwachstellen so schneller erkannt.
Aus Fehlern gelernt
Auch der Kapitalmarkt mag diese Art: "Seine Botschaften waren immer klar erkennbar, anders als viele andere Manager sind ihm diplomatische Worthülsen fremd", sagt Schöppner. So hatte Enders auch die Briten zu Beginn des Jahres unmissverständlich gewarnt, nach einem Brexit könne Airbus mittelfristig die Produktion der Flügel aus Großbritannien abziehen.
Quelle: Holger Hollemann/dpa
Aus seinen Fehlern hat er gelernt: Da wäre der der Militärtransporter A400M zu nennen: Der konnte nur mit erheblicher Verzögerung ausgeliefert werden und wurde deutlich teurer als geplant. Ein Militärflugzeug zum Festpreis zu verkaufen – das werde er nie wieder tun, ist Enders‘ Schlussfolgerung. Üblich ist es in diesem Bereich oft, dass die Verteidigungsministerien die Kosten für Entwicklung und eine Gewinnspanne für den Hersteller in der ersten Phase übernehmen, danach erst vereinbart man vertraglich einen Festpreis für eine bestimmte Zahl an Flugzeugen.
Korruptionsaffäre noch nicht aufgeklärt
Auch der Start des A380 misslang, der erste konnte erst 2007 ausgeliefert werden. Das Großraumflugzeug basierte auf dem "Hub"-Prinzip: Die Passagiere werden zu Großflughäfen wie Frankfurt am Main oder München gebracht, von wo aus sie dann in einem A380 zu ihren Fernzielen reisen. Inzwischen aber sind effiziente, kleinere Langstreckenflugzeuge entwickelt worden, die auch an den etwas kleineren Flughäfen starten und die Passagiere direkt an ihr Ziel bringen können.
Quelle: ap
Deshalb verkündete Enders bei seiner letzten Bilanzvorlage Mitte Februar, dass der Bau der Modellreihe eingestellt werde. Ein dunkler Fleck bleibt: Die laufende Korruptionsaffäre, die Enders 2017 öffentlich gemacht hatte, ist noch nicht aufgeklärt. Danach sollen jahrelang Airbus-Modelle über dunkle Modelle von Beratern verkauft worden sein. Behörden in Frankreich und Großbritannien ermitteln.
Airbus dürfte von 737-Max-8-Pleite profitieren
Von den Schwierigkeiten des Hauptkonkurrenten Boeing nach den Abstürzen von zwei Flugzeugen des Modells 737 Max 8 will Enders nach eigenem Bekunden zwar nicht profitieren. Doch die Kunden dürften anders entscheiden: "Wahrscheinlich wird Airbus den Fluggesellschaften, die diese Maschine bestellt hatten, nun entgegenkommen, wenn sie stattdessen auf den A320 umsteigen", vermutet Analyst Schöppner.
Entgegenkommen in der Form, dass man ihnen eine schnellere Auslieferung verspricht, sie dafür aber auf die sonst üblichen Rabatte zumindest teilweise verzichten müssen. Das aber wird Enders selbst nicht mehr zu verantworten haben. Der Sohn eines Schäfers wird sich nach der Hauptversammlung am 10. April zurückziehen und freut sich unter anderem auf mehr Zeit für die Berge – er wohnt mit seiner Familie am Tegernsee.
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