Bald ist das Klettern am Uluru verboten. Touristen aus aller Welt wollen sich die letzte Chance nicht entgehen lassen - zurzeit ist am "Heiligen Berg" der Aborigines die Hölle los.
Die T-Shirts sind schon alle weg. Bis vor einer Weile konnte man sich an Australiens bekanntestem Felsblock, mitten in der roten Wüste gelegen, noch Souvenirs kaufen mit dem Aufdruck: "I climbed the Uluru" ("Ich bin den Uluru hochgeklettert"). Zu einer Zeit, als die Leute auf so etwas noch stolz sein durften. Dann wurde es verpönt, den 348 Meter hohen Brocken zu besteigen. Bald wird die übrigens ziemlich anstrengende Tour verboten sein. Es drohen Strafen von 630 australischen Dollar (knapp 390 Euro) bis hin zu Gefängnis.
Grandioser Ausblick mit schlechtem Gewissen
Dass das Verbot kommt, steht seit Herbst 2017 fest. Es wurde von der Verwaltung des Nationalparks beschlossen, in dem der Berg liegt. Seither laufen die Vorbereitungen. In den vergangenen Jahren baten die Anangu Aboriginies, die hier schon seit Ewigkeiten zuhause sind, alle Besucher darum, freiwillig unten zu bleiben. Viele hielten sich daran.
Doch Zehntausende machten sich trotzdem in praller Sonne auf den anderthalb Kilometer langen Weg nach oben, wenn auch oft mit etwas schlechtem Gewissen. Der 360-Grad-Rundumblick ins Outback war offenbar zu verlockend.
Die Besucher kommen in Massen
Parkchef Sammy Wilson, selbst ein Anangu, begründet das Verbot so: "Der Uluru ist für uns ein extrem wichtiger Ort. Kein Spielplatz und auch kein Freizeitpark wie Disneyland."
Wenn es das nur wäre: Trotz aller Schilder und Broschüren lassen Touristen haufenweise ihren Abfall liegen. Mangels Toiletten verrichten manche auf dem Unesco-Weltkulturerbe auch ihre Notdurft. Solche Zustände sollen bald der Vergangenheit angehören.
Noch allerdings darf man hinauf. Es ist, wenn es dauerhaft bei dem Verbot bleiben sollte, die letzte Chance. So ist am Uluru in diesen Tagen so viel los wie wahrscheinlich nie zuvor. In der Touristensiedlung Yulara - der einzigen halbwegs in der Nähe gelegenen - sind die Hotels trotz horrender Preise seit Wochen ausgebucht. Auch der Campingplatz ist voll bis auf den letzten Platz.
Mehr als 400.000 Besucher in einem Jahr
An manchen Tagen sieht es am Aufstieg zum Uluru nun so aus wie auf dem Foto vom Mount Everest, das im Frühjahr um die Welt ging: eine lange Schlange von Menschen, dicht an dicht. Wie eine riesige Ameisenstraße. Alles in allem werden dieses Jahr mehr als 400.000 Besucher erwartet. Für einen Ort mitten in der Wildnis ist diese Zahl enorm. Nach Alice Springs, in die nächste richtige Stadt, sind es 450 Kilometer.
Familie Spencer aus Sydney - die Eltern Steve und Janine, drei Kinder zwischen fünf und elf - hat die Strapazen trotzdem auf sich genommen. "Das ist ein Stück Australien, das allen gehört", sagt der Vater nach dem Aufstieg. "Deshalb wollten wir ein letztes Mal alle zusammen da oben stehen." Das sind Sätze, die man häufiger hört.
Viele finden es richtig, endlich den Bitten der Aborigines nachzukommen. 700.000 Ureinwohner gibt es heute noch, die im Vergleich zu den restlichen 24 Millionen Australiern immer noch benachteiligt werden. Andere halten die Klettertour für so etwas wie ein Grundrecht für alle Bewohner des fünften Kontinents.
Ein steiler, glatter Fels
Quelle: DPA
Auch unter den Aborigines sind nicht alle einer Meinung. Wenn man mit Jüngeren spricht, lautet die Antwort häufig: "Ist mir egal." Auch der Aborigine-Künstler Billy Cooley, Jahrgang 1952, sagt: "Ich hätte kein Problem damit, wenn der Berg offen bleibt. Die Leute kommen dazu aus aller Welt. Wenn sie heimlich klettern, dann gibt es noch mehr Unfälle."
Tatsächlich ist der Uluru trotz seiner bescheidenen Höhe gefährlich. Der Fels ist nicht nur steil, sondern auch extrem glatt. Mindestens 37 Menschen kamen hier schon ums Leben. Seit man sich an einer 300 Meter langen Kette nach oben hangeln kann und dadurch auch Halt beim Abstieg hat, ist die Zahl der tödlichen Unfälle zurückgegangen.
Ende am 25. Oktober
Der letzte Tag, an dem man klettern darf, ist der 25. Oktober - sofern es das Wetter zulässt. Damit enden dann fast anderthalb Jahrhunderte Geschichte.
Der erste Weiße dort oben war wahrscheinlich 1873 der englische Entdecker William Goose. Er nannte den Berg "Ayers Rock", nach Sir Henry Ayers, einem ehemaligen Premierminister von South Australia.
Am Wochenende nach der Schließung soll es am Uluru eine feierliche Zeremonie geben, von Aborigines und Weißen gemeinsam. Danach werden die Kette abgebaut und auch die 138 stählernen Pfosten, die bis zu 30 Zentimeter tief in den roten Stein gerammt wurden.