Ein schräges Intermezzo, ein Ausnahmetalent und ein anstehender Generationenwechsel: Die Bayreuther Wagner-Festspiele haben dieses Jahr einige Highlights zu bieten.
Es ist das wohl das bekannteste Klassikspektakel der Republik. Bei tropischen Temperaturen eröffnen die Bayreuther Festspiele heute mit einer Neuinszenierung des Tannhäuser. Auf dem roten Teppich wird wie immer viel Prominenz erwartet. Allen voran: Wagner-Fan und Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Mit aufwändigen Filmsequenzen und frischen Ideen inszenierte der umtriebige Regisseur Tobias Kratzer den Tannhäuser in langer Probenzeit neu. "Tannhäuser ist ein Schlüsselwerk bei Wagner, weil so viele musikalische Stilrichtungen darin verschmolzen sind, und da versuche ich auch optisch mitzugehen, damit jeder Akt seine eigene Welt hat", sagt der Regisseur.
Drag-Queen am Festspielteich
Und so passiert am Grünen Hügel heute Erstaunliches: Die Inszenierung wird für ein kurzes, schräges Intermezzo nach draußen verlegt, zu einer tanzenden Drag-Queen am Festspielteich, namens "Le Gateau Chocolat". Das gab es in Bayreuth noch nie. "Ich repräsentiere hier Tannhäusers Genusssucht, sein Begehren, Vergnügen zu entdecken. Etwas, das so anders ist als seine Realität", erklärt uns der schrille Drag-Star aus London. Und auch die manchmal borstige Festspielleiterin Katharina Wagner bestätigt im Vorfeld grinsend: "Die Inszenierung ist teilweise witzig."
Ein besonderes Highlight in diesem Jahr aber wird vor allem Bayreuth-Debütantin Lise Davidsen sein. Die 32-jährige Norwegerin gilt in der Opernwelt als absolutes Ausnahmetalent. Stephen Gould, Heldentenor und diesjähriger Tannhäuser sagt: "Lise Davidsen ist unglaublich. Eine Jahrhundertstimme." Die sympathische Sängerin ist auf dem besten Weg, eine dieser seltenen Wagner-Soprane zu werden, die für die schwierigen und hochdramatischen Partien alles mitbringt.
Kräftezehrender Kampf gegen riesige Orchester
Wagners Kompositionen nämlich verlangen Sängern Höchstleistungen ab: eine extreme Ausdauer für stundenlanges Singen; einen kräftezehrenden Kampf gegen riesige Orchester. Solche Stimmen müssen behutsam in Wagner hineinwachsen. Lise Davidsen ist vor der Premiere sehr nervös, aber auch zuversichtlich. "So wie mein Körper und meine Stimmbänder konstruiert sind, bin ich offensichtlich für diese Musik gemacht - und nun auch mein Herz und meine Seele", erzählt sie uns im Vorfeld der Premiere.
Richard Wagner hatte das Festspielhaus einst nur für sich und seine Musik bauen lassen. Und so werden in den nächsten fünf Wochen wieder Wagner-Fans aus aller Welt auf den Grünen Hügel pilgern. Auch einen Ausblick auf das nächste Jahr verriet Festspielleiterin Katharina Wagner schon jetzt und kündigte einen Generationswechsel am Grünen Hügel an: Der österreichische Regisseur Valentin Schwarz, der in diesem Jahr 30 Jahre alt wird, übernimmt die Regie des vierteiligen Opernzyklus von Richard Wagners "Ring des Nibelungen". Nur neun Jahre älter ist der Dirigent der Produktion: der Finne Pietari Inkinen.