Der Bundesgerichtshof hat die Freisprüche von zwei Ärzten in Sterbehilfe-Prozessen bestätigt. Die beiden Mediziner hatten Patientinnen bei Selbsttötungen unterstützt.
Der BGH wies die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen entsprechende Urteile der Landgerichte Berlin und Hamburg zurück. Die beiden Mediziner hatten Patientinnen bei Selbsttötungen unterstützt. Umstritten war, ob sie sich wegen Tötung durch Unterlassen strafbar gemacht hatten. Die Mediziner hatten keine Rettungsmaßnahmen bei den bewusstlosen Suizidwilligen eingeleitet.
Patientenverfügung bindend
In der mündlichen Verhandlung vor dem BGH beantragte auch der Vertreter der vor dem BGH zuständigen Bundesanwaltschaft, die eingelegten Revisionen zu verwerfen. Es seien alle drei Voraussetzungen dafür erfüllt, sagte Bundesanwalt Michael Schaper. Sterbewillige müssten einsichtsfähig sein und dürften nicht von anderen unter Druck gesetzt werden. Ihre Entscheidung müsse zudem wohl überlegt sein. In diesen Fällen bestehe die sogenannte Garantenpflicht des Arztes für die Gesundheit des Patienten nicht. Die Freisprüche seien daher in den beiden Fällen nicht zu beanstanden.
Der Vorsitzende Richter des fünften BGH-Senats, Norbert Mutzbauer, verwies auch auf die gesetzlichen Regelungen zur Patientenverfügung. Der darin festgelegte Wille des Patienten, im Falle seiner Entscheidungsunfähigkeit ärztliche Eingriffe in konkreten Situationen zu unterlassen, sei bindend.
Tödliche Medikamente eingenommen
In Hamburg war im Zusammenhang mit dem Tod von zwei 81 und 85 Jahre alten Frauen ein Facharzt für Neurologie und Psychiatrie freigesprochen worden. Die Frauen litten an mehreren nicht lebensbedrohlichen Krankheiten, die aber ihre Lebensqualität zunehmend einschränkten. Sie wandten sich deshalb an einen Sterbehilfeverein, der eine Hilfe von einem neurologisch-psychiatrischen Gutachten zu ihrer Einsichts- und Urteilsfähigkeit abhängig machte. Dieses erstellte der Arzt. Er war laut BGH zudem dabei, als die Frauen die tödlich wirkenden Medikamente einnahmen. Auf ihren Wunsch leitete er auch keine Rettungsmaßnahmen ein, als sie das Bewusstsein verloren.
Das Landgericht Berlin sprach einen Hausarzt frei, der einer Patientin Zugang zu einem Medikament zur Selbsttötung verschafft hatte. Die 44-jährige Frau litt seit ihrem 16. Lebensjahr an einer nicht lebensbedrohlichen Krankheit, die aber starke krampfartige Schmerzen verursachte, sowie an weiteren wiederkehrenden Leiden. Nachdem sie die Medikamente eingenommen hatte, begleitete der Arzt ihr zweieinhalb Tage dauerndes Sterben. Auch er leistete dabei keine Hilfe, um ihr Leben zu retten.
"Moralische Verpflichtung"
Der angeklagte Berliner Arzt Christoph T. sprach vor dem BGH von einer damals "höchst komplizierten Konfliktsituation". Seiner Patientin sei es um ein selbstbestimmtes Sterben in Würde gegangen. Seine Unterstützung sei nicht nur eine "moralische Verpflichtung" gewesen, sondern auch ein Gebot der Humanität und christlichen Nächstenliebe.
Das Thema Sterbehilfe beschäftigt derzeit auch das Bundesverfassungsgericht. Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe verhandelte im April zwei Tage öffentlich über das Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe. Ein Urteil wird noch in diesem Jahr erwartet.