Die Bundeswehr kommt aus den Pannen-Schlagzeilen nicht heraus: Wegen möglicherweise fehlerhafter Bauteile zieht sie alle Kampfhubschrauber "Tiger" vorerst aus dem Verkehr.
Die Bundeswehr hat einen vorläufigen Flugstopp für alle ihre Hubschrauber des Typs "Tiger" verhängt. Der Flugbetrieb mit allen 53 Maschinen sei ausgesetzt worden, teilte die Bundeswehr mit. Zuvor habe es eine Information von Seiten der Industrie gegeben, "dass bestimmte Bolzen, die im Kampfhubschrauber "Tiger" verbaut sind, einen Mangel aufweisen könnten". Vor neuen Flügen sollten die Maschinen "gründlich überprüft und falls notwendig Bolzen ausgetauscht" werden.
Die Sperrung betrifft den Angaben zufolge die Tiger im Kampfhubschrauberregiment 36 im hessischen Fritzlar und im Deutsch-Französischen Heeresfliegerausbildungszentrum in Le Luc in Frankreich. Zur Zeit seien keine Maschinen im Auslandseinsatz, es gehe also nur um Routineflüge.
Expertenrunde berät am Donnerstag
Das weitere Vorgehen solle an diesem Donnerstag von einer Expertenrunde geklärt werden. Auf jeden Fall würden alle Kampfhubschrauber Tiger vor dem nächsten Flug gründlich überprüft und falls notwendig Bolzen ausgetauscht. "Sicherheit hat für die Bundeswehr oberste Priorität", hieß es in der Erklärung.
Den Angaben zufolge wurden Bolzen derselben Bauart auch im Transporthubschrauber NH90 sowie im Schulungshubschrauber EC135 verbaut - allerdings nicht an sicherheitsrelevanten Stellen. Daher laufe der Flugbetrieb im Heer mit diesen Maschinen weiter.
Offenbar kritisches Bauteil
Nach einem "Spiegel"-Bericht handelt es sich bei dem defekten Bauteil im Fall des "Tiger" um einen Verbindungsbolzen innerhalb der Rotorsteuerung. Der Hersteller Eurocopter habe darauf hingewiesen, dass manche dieser Bauteile aus Titanium eine Wasserstoffversprödung aufweisen könnten. Sie könnten daher während des Flugs brechen, was nach Einschätzung von Experten einen Absturz auslösen könnte.
Die Flugpause sei deswegen bereits am 2. August angeordnet worden, hieß es weiter. Im Ausland werden die "Tiger"-Hubschrauber derzeit nicht eingesetzt. Sie waren zuvor aber etwa für die Bundeswehr-Mission in Mali verwendet worden. Bei der Hubschrauberflotte der Bundeswehr hatte es wiederholt Probleme gegeben.
Der "Tiger" ist eines der Waffensysteme, die der Bundeswehr wegen Problemen bei der Einsatzbereitschaft Sorgen bereiten. Im vergangenen März hatte die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf einen als geheim eingestuften "Bericht zur Materiallage der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr" berichtet, dass 2018 von 53 Tiger-Kampfhubschraubern durchschnittlich nur 11,6 einsatzbereit gewesen seien. Außerdem waren die Maschinen laut Rüstungsbericht des Ministeriums mit mehrjähriger Verspätung ausgeliefert worden.
FDP: Weitere Peinlichkeit
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nannte die vollständige Aussetzung des Flugbetriebs jetzt "eine weitere Peinlichkeit in einer langen Reihe von Pleiten, Pech und Pannen für die gebeutelte Bundeswehr".
Das große Problem der Bundeswehr sei, dass sie bei den Herstellern in der normalen Kundenkette stecke. Sie gehöre leider nicht immer zu den Kunden, die höchste Priorität beim Hersteller genießen. Neben Fehlern im Ministerium gebe es vermehrt auch Fehler in der Wartung durch die Rüstungsunternehmen. Deshalb müsse die Bundeswehr wieder vermehrt auf interne Expertise setzen.