In der Thüringer CDU ist ein Streit darüber entbrannt, wie sie sich zur AfD verhalten soll. 17 Lokalpolitiker fordern "ergebnisoffene" Gespräche. Die CDU-Spitze nennt das "irre".
Gut eine Woche nach der Landtagswahl ringt die CDU um den Umgang mit der AfD. In einem Appell fordern 17 Kommunalpolitiker der Thüringer CDU nun "ergebnisoffene Gespräche". Die Verantwortlichen sollten "sich aktiv am Gesprächsprozess mit ALLEN demokratisch gewählten Parteien im Thüringer Landtag beteiligen". Zwar schließen sie eine Koalition mit Bodo Ramelow (Linke) und Björn Höcke (AfD) explizit aus - doch "alles dazwischen" müsse besprochen werden, um auszuloten, ob und wie eine stabile Regierung gebildet werden könne.
Die 17 Unterzeichner unterstützen ausdrücklich den CDU-Landtagsabgeordneten Michael Heym, der vergangene Woche zum Wahlergebnis der AfD gesagt hatte: "Man tut der Demokratie keinen Gefallen, wenn man ein Viertel der Wählerschaft verprellt." Bei der Landtagswahl hatte die AfD 23,4 Prozent geholt und liegt damit vor der CDU mit 21,8 Prozent. Die Linke ging mit 31 Prozent als Wahlsieger hervor.
Eine Fortführung der rot-rot-grünen Koalition ist damit nicht mehr möglich. Denkbar wäre aber eine Minderheitsregierung aus CDU, AfD und FDP - was die Unterzeichner mit ihrer Forderung andeuten.
Aber auch Gespräche mit der Linken lehnen sie laut dem Schreiben nicht ab. Prominentester Unterzeichner des Papiers, das heute.de vorliegt, ist der Landtagsabgeordnete Jörg Kellner. Er reagierte nicht auf Anfragen von heute.de.
Mohrings Flirt mit Linke getadelt
Mike Mohring hatte nach der Wahl zunächst offen mit der Linken geflirtet, was Kritik in seiner Partei, vor allem auf Bundesebene, hervorrief. Der CDU-Landesvorstand hatte dann kürzlich erklärt, "keine Koalition mit Linke oder AfD" eingehen zu wollen. Stattdessen visiert Mohring eine Minderheitsregierung mit SPD, Grünen und FDP an. Eine solche Regierung müsste sich für jedes Vorhaben Mehrheiten organisieren.
Die Forderung der 17 Unterzeichner spricht indes eine Kernfrage der CDU an: Wie umgehen mit der AfD? In Thüringen handelt es sich um den Landesverband von Björn Höcke, einem Rechtsaußen der Partei und ein prominenter Vertreter des durch den Verfassungsschutz beobachteten Flügels der Partei. Sollte die Thüringen-CDU Gespräche mit der AfD beginnen, wäre das für Parteienforscher David Bebnowski ein "fatales Signal". "Wenn die CDU ernsthaft versucht, Brücken zur Höcke-AfD zu bauen, wäre das ein Tabubruch", sagte Bebnowski heute.de. Entscheidungen in Thüringen könnten Auswirkungen auf die Gesamtpartei haben, so der Wissenschaftler.
Konservative wollen CDU "nach rechts rücken"
Vom Koalitionspartner im Bund kamen heute mahnende Worte. Der Generalsekretär der SPD, Lars Klingbeil, twitterte: Er fordere ein Einschreiten der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer. Der Generalsekretär der Union, Paul Ziemiak, nannte den Vorstoß der 17 Unterzeichner "irre". Er verwies auf den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU, der für alle in der Partei gelte. Auf ihrem Parteitag im Dezember hatte die Partei beschlossen, "Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit" mit der Linken und der AfD abzulehnen.
Parteienforscher Bebnowski sieht in dem offenen Streit eine strukturelle Richtungsfrage, die zutage tritt: "Der konservative Teil der CDU will die Partei anders positionieren und nach rechts rücken."