Alleinsein im Alter ist ein oft unterschätztes Problem. In einer exklusiven ZDF-Doku sprechen Senioren offen über ihre Einsamkeit. Experten verraten, was man dagegen tun kann.
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Niemand da zum Reden, tagelang keinen Fuß vor die Tür setzen - so sieht der Alltag vieler Seniorinnen und Senioren in Deutschland aus. Meist fehlt der Kontakt zur eigenen Familie, oder es ist die Anonymität der Großstadt, die viele fürchten. Die Angst vor der Einsamkeit ist auch bei Eveline (78) aus Berlin groß: "Am schlimmsten sind die Feiertage. Zu wissen, in den nächsten drei, vier Tagen ist Weihnachten und ich bin vollkommen allein. Diese Leere, diese unglaubliche Leere, die dann um einen ist."
Eveline, ehemalige Direktionsassistentin, ist geschieden und hat keine Kinder. Die 78-Jährige ist eine der Senioren, die die Fernsehsendung ZDFzeit für die TV-Dokumentation "Wo leben Senioren am besten? - Die große Deutschland-Studie" zu einem Interview eingeladen hat. So wie Eveline geht es auch anderen Rentnerinnen und Rentnern.
Einsamkeit ein unterschätztes Problem
Hans-Joachim (66) aus Waldalgesheim wird beim Thema Einsamkeit ebenfalls nachdenklich: "Mein bester Freund, als der gestorben ist, das war ein ganz, ganz schweres Gefühl. Das ist schon eine Sache, die einem unter die Haut geht." Auch Annemarie (70) aus Mainz fühlt sich oft einsam. "Gerade, wenn die Sonne nicht mehr so oft scheint", fällt es ihr manchmal schwer, "sich zu motivieren". Dabei ist Annemarie verheiratet und hat zwei Söhne.
So offen wie Annemarie und Eveline sprechen nur wenige über ihre Einsamkeit. Die exklusive Studie, die das Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos für das ZDF erstellt hat, beschäftigt sich mit den Lebensbedingungen in der Republik. Auch der Altersforscher Sven Voelpel von der Jacobs University Bremen untersucht das Phänomen "Alleinsein im Alter" schon länger: "Einsamkeit ist tatsächlich ein noch sehr unterschätztes Problem." Dabei können die körperlichen und seelischen Folgen immens sein: "Depressionsraten nehmen zu, Todesraten nehmen zu. Alle Krankheitsraten wie Herzinfarkt usw. steigen an, und es gibt höhere Sterberaten", so Voelpel.
Studie mit überraschenden Ergebnissen
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Für die ZDF-Studie hat Forschungsleiter Christian Böllhoff vom Prognos-Institut mit seinem Team tausende Daten untersucht. Eines der wichtigen Themen: Einsamkeit.
"Hier haben wir uns den Familienstand angeguckt, also die Frage: Sind Senioren verheiratet oder nicht? In der älteren Generation ist das noch ein zuverlässiger Indikator."
Dabei gibt es überraschende Ergebnisse: Wie die ZDF-Studie zeigt, ist in Bamberg, Trier und Frankfurt am Main die Zahl der alleinlebenden Rentner am höchsten (anteilig an allen Senioren). Insgesamt ist ein klares Muster erkennbar: In den großen Städten leben ältere Menschen häufiger allein als auf dem Land. So gibt es die meisten Paar-Haushalte im Alter im Landkreis Erlangen-Höchstadt, im Saale-Holzland Kreis in Thüringen sowie im Landkreis Würzburg.
Zusammensein macht glücklich
Aber was sind Wege aus der Einsamkeit? Für Experten wie Sven Voelpel ist vor allem eins wichtig: "Wir sind ein soziales Wesen und das heißt: Wir müssen im Austausch sein. Gemeinsam lachen wir zum Beispiel wesentlich mehr, als wenn wir allein sind. Geteiltes Leid ist halbes Leid - geteilte Freude ist doppelte Freude."
Soziale Kontakte schaffen, in Sportvereine gehen oder die Einrichtung von zusätzlichen Mehrgenerationenhäusern: Es gibt viele Wege aus der Einsamkeit. Und es lohnt sich: "Wenn wir etwas gemeinsam machen, leben wir wesentlich länger und wesentlich gesünder", so Voelpel.