Im ZDF-Interview rechnet Edward Snowden mit Internetriesen und Geheimdiensten ab. Seine Zukunft im Exil sieht der Whistleblower gefährdet - solange Europa nicht hilft.
Lange hat man von Edward Snowden nichts mehr gehört. Nun erscheint am 17. September sein Buch "Permanent Record". Und der Whistleblower gibt auf einmal viele Interviews; er sitzt an einem unbekannten Ort in Russland vor einer weißen Wand, bereit für Gespräche mit den internationalen Medien.
In seinem Buch gibt der ehemalige NSA-Analyst einen überraschend tiefen Einblick in sein Privatleben. Denn außer seiner persönlichen Stimme Gehör zu verschaffen, entgegnet der 36-Jährige im ZDF-Interview, könne er nur wenig ausrichten.
Snowden warnt vor Regierungen weltweit
Und Snowden warnt: Regierungen würden immer mehr zu einer Bedrohung für die Menschen, indem sie weiterhin wichtige Fakten vor ihren Bürgern verheimlichten. Unterstützt werden sie laut Snowden von Internetriesen wie Facebook, Google und Amazon, die ihr Geld damit verdienten, "dass sie unser Leben als Produkt verkaufen". Man müsse verstehen, "dass diese Internetgiganten als Hilfssheriffs der Regierungen arbeiten" - und das in Ländern auf der ganzen Welt.
Zwar habe sich seit dem NSA-Skandal Vieles getan, die Öffentlichkeit sei über Datensicherheit und Überwachung stärker aufgeklärt. Jedoch sei noch lange nicht genug darüber an die Oberfläche gelangt, in welchem Ausmaß Daten über unsere tägliche Nutzung von Smartphones und Online-Diensten bei den Konzernen landeten.
Von den Konsequenzen für jeden Einzelnen ganz zu schweigen. Snowden spricht von "Schäden". "Wir haben nicht die Wahl, vernünftige Entscheidungen darüber zu treffen, was wir wollen. Denn diese Firmen treffen eine allgemeine Entscheidung für uns", sagt er.
Vom Agenten zum Staatsfeind
Edward Snowden hatte jahrelang beim US-Geheimdienst NSA an Programmen zur Datenüberwachung mitgearbeitet. 2013 machte er öffentlich, wie die Behörden Daten über Menschen sammeln, sie auswerten und verwenden.
Quelle: imago
Ein Gewissenswandel, der ihn zum Gegner der US-Regierung machte. Der Versuch, nach Lateinamerika zu fliehen, scheiterte. Er kam nicht weiter als Moskau, wo er seit 2013 lebt - unabhängig vom russischen Staat, wie er gleich zu Beginn des Gesprächs mit dem ZDF klarstellt.
Von allen 27 Ländern, in denen er Asyl suchte - darunter Deutschland und Frankreich - erhielt er Absagen. Er ist überzeugt: "Die amerikanische Regierung hält mich in Russland fest." Solange Europa eine Politik betreibe, in der Whistleblower lediglich gegenüber Saudi-Arabien, Russland oder China, nicht aber gegenüber den USA geschützt würden, sieht er seine eigene Zukunft düster und so auch die Zukunft für andere Whistleblower.
Deutschland ist im Fall Snowden gespalten
In Deutschland würde er ohne zu zögern ein neues Leben im Exil beginnen, wenn er dürfte. Doch die Meinungen in Deutschland darüber sind gespalten. Die Unionsparteien und die FDP sehen keine Gründe für eine Aufnahme, wie die "Welt am Sonntag" berichtete. Sie schlagen sich teils auf die Seite der USA, die in Snowdens Enthüllungen den Verrat von Staatsgeheimnissen sieht. Damit gefährde Snowdwn Agenten- und Informantenleben. Andere wie SPD und Grüne appellieren für eine Aufnahme Snowdens, die Linken sehen in ihm einen Friedensnobelpreisträger.
Edward Snowden polarisiert, auch sechs Jahre nach seinem Coup.
Das Interview können Sie in voller Länge auch nachlesesen - hier:
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Das ZDF-Interview mit Snowden zum Nachlesen
Vorwürfe gegen Internetriesen und Regierungen - dazu Einblicke in sein Leben im russischen Exil. Das Exklusiv-Interview mit Edward Snowden im ZDF in voller Länge zum Nachlesen.