Zwei Brexit-Abkommen, unzählige Abstimmungen im Unterhaus, immer neue Brexit-Termine, und kein Ende in Sicht. Für Großbritannien führt das zu immer höheren Brexit-Kosten.
Seit dem Referendum über den EU-Austritt im Juni 2016 hat die britische Regierung immer wieder Gelder bereitgestellt, die zur Vorbereitung auf den Brexit genutzt werden sollten. Zuletzt wurden unter Premierminister Boris Johnson Gelder speziell für die Vorbereitung auf den Brexit am 31. Oktober zur Verfügung gestellt. Die wiederholten Aufschübe des Brexit-Datums führen nun auch zu immer mehr Brexit-Kosten für die britische Regierung.
Milliarden für Brexit-Vorbereitungen
Aus dem "No-Deal Readiness Report", der im Sommer von der Regierung veröffentlicht wurde, geht hervor, dass für Vorbereitungen auf einen möglichen No-Deal-Brexit allein im August 2019 2,1 Milliarden Pfund (umgerechnet 2,43 Milliarden Euro) von der Regierung bereitgestellt wurden. Im September kündigte die Regierung an, weitere 2 Milliarden Pfund (2,3 Milliarden Euro) für Projekte, die nach dem Brexit anlaufen sollten, zur Verfügung zu stellen. Insgesamt hat die britische Regierung damit seit 2016 rund 8,3 Milliarden Pfund (9,6 Milliarden Euro) für Brexit-Vorbereitungen ausgegeben. Unter anderem wurden mit diesen Geldern neue Stellen geschaffen, um für den Brexit mehr Personal an den Grenzen einstellen zu können.
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Aus diesen Geldern wurden aber auch verschiedene andere Projekte finanziert, so zum Beispiel das Projekt "Operation Brock". 48,8 Millionen Pfund (56,5 Millionen Euro) wurden genutzt, um die Autobahn M20 im Süden Englands auf den Brexit vorzubereiten. Bereits im März wurde "Operation Brock" dort aufgebaut: Auf der Autobahn Richtung Eurotunnel in Folkestone und im Hafen in Dover wurden Vorbereitungen getroffen, um im Falle eines No-Deal-Brexit auf der einen Seite den Verkehrsfluss zu regeln und auf der anderen Seite eine Art großen Parkplatz für LKW-Rückstau zu schaffen. Seit Montag stehen die Barrikaden wieder auf der M20, dieses Mal in Vorbereitung auf das Brexit-Datum des 31. Oktober. Nach dem erneuten Aufschub wurden diese Vorkehrungen nun zum zweiten Mal umsonst aufgebaut.
Immer mehr Kosten durch erneuten Brexit-Aufschub
Für den Fall eines No-Deal-Brexit traf die britische Regierung auch weitere Vorkehrungen: Um die Versorgung mit Medikamenten garantieren zu können, schloss die Regierung Verträge mit Fährunternehmen wie DFDS und Brittany Ferries. Diese sollten auch nach einem No-Deal-Brexit bis zu sechs Monate lang Medikamente vom Kontinent auf die Insel transportieren. Bereits für den ersten Austrittstermin im März gab es solche Verträge.
Aufgrund des Brexit-Aufschubs musste die britische Regierung im Frühjahr Ausgleichszahlungen an die Unternehmen leisten. Diese Zahlungen beliefen sich nach Angaben des National Audit Office auf 51,4 Millionen Pfund (59,5 Millionen Euro). Für den 31. Oktober hatte das Verkehrsministerium nun ähnliche Verträge geschlossen. Nun wird die britische Regierung erneut ein entsprechendes Ausfallhonorar an die Unternehmen zahlen müssen. Auch für die Stärkung der Häfen nach dem Brexit hatte die Regierung bereits 30 Millionen Pfund (35 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt. Die Vorkehrungen wurden nun für ein Brexit-Datum getroffen, das nicht mehr aktuell ist.
Teure Werbekampagne für den 31. Oktober
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Weil die britische Regierung ausschließlich mit Fährunternehmen Verträge zur Versorgung nach einem möglichen No-Deal-Brexit geschlossen hatte, reichte der Betreiber des Eurotunnels offizielle Beschwerde ein. Um einen Gerichtsprozess zu vermeiden, einigte sich die britische Regierung schließlich im Februar 2019 mit dem Eurotunnel-Betreiber auf einen außergerichtlichen Vergleich von insgesamt 33 Millionen Pfund (38,2 Millionen Euro).
In Vorbereitung auf den Brexit wurde auch eine neue Abteilung gegründet: Das Ministerium für den Austritt aus der Europäischen Union. Dieses Ministerium hat nach eigenen Angaben von 2017 bis August 2019 rund 39,1 Millionen Pfund (45,4 Millionen Euro) für Vorbereitungen auf den Brexit ausgegeben. Auch eine Informationskampagne zur Vorbereitung auf einen möglichen Austritt ohne Abkommen am 31. Oktober – die "Get Ready For Brexit"-Kampagne – wurde geschaltet. Die Kosten für diese Kampagne beliefen sich wohl auf rund 100 Millionen Pfund (116 Millionen Euro). Nachdem nun der erneute Aufschub des Brexit-Datums beschlossen wurde, musste die Kampagne beendet werden. Sie hatte schließlich ein Datum beworben, das nun hinfällig ist.