Die 52. Essen Motor Show glänzt mit alten Reizen und neuen Entwicklungen. Doch in Zeiten des Klimawandels und der Mobilitätswende prallen hier Welten aufeinander.
Sie ist die größte ihrer Art in Deutschland: Die Tuningmesse Essen Motor Show (EMS) ist Zuschauermagnet, Trendsetter und Traumgenerator für Autoenthusiasten, Schrauber, Tuner und alle die gern schnell Auto fahren. Doch schnell und laut, ist längst nicht mehr nur ein Ärgernis. Tödlich verlaufende Straßenrennen, PS-Protzerei in der Innenstadt und damit eine zur Schau gestellte Gleichgültigkeit gegenüber der Umwelt setzen dem Image der Tuningbranche zu - und schweißt sie zusammen.
Wenn Greta den Spaß verdirbt
Zwei Messebesucher aus Holland sind bekennende Petrolheads, genießen den Klang hubraumstarker Turbomotoren und leben mit der Gewissheit, bald nur noch mit maximal 100 Stundenkilometern auf der Autobahn unterwegs zu sein. Auf Greta Thunberg angesprochen, verschluckt sich einer der beiden fast an einem "F*** Greta", was in ausformulierter Form inzwischen auch immer öfter am einen oder anderen Autoheck prangt.
Petrolheads und Klima-Aktivisten, das passt erstmal nicht so recht zusammen. Und doch schauen sich die beiden einen Volkswagen ID3 an. Die Zukunft also doch elektrisch? Ihre Version der perfekten automobilen Zukunft sei es nicht, es sei einfach nicht mehr dasselbe, meinen die beiden. Und man müsse sich dann eben auf sportliche Fahrwerke konzentrieren - also Tieferlegen, mit Felgen, getönten Fensterscheiben und einer guten Sound-Anlage das Auto individualisieren.
Suzuki Jimny mit 35 Zentimetern Bodenfreiheit
Quelle: Lothar Becker
Die Autotuning-Werkstatt Tibus tunt Geländewagen: Der Offroad Tuner hat Design-Elemente des großen Mercedes Kult-Modells G-Klasse auf den nicht weniger kultigen, aber wesentlich kleineren Jimny von Suzuki übertragen.
Die GJ-Klasse ist dabei kein langweiliges Look-a-like. Mit Portalachsen kommt der Jimny auf 35 Zentimeter Bodenfreiheit und könnte so locker über eine Bierkiste fahren - oder etwas realistischer, so manchen Holzstamm oder Felsbrocken im Gelände überklettern.
Spaßgesellschaft und Arbeitsplätze vs. Umwelt
Und dafür ist er auch gemacht, weniger für den Großstadtdschungel. Auf den Verbrauch angesprochen reden die Tuner aber nichts schön: "Wer solche Offroad-Fahrzeuge kauft, dem ist es egal, ob sie 10 oder 20 Liter brauchen", sagt André Hoffmann, der bei Tibus fürs Marketing zuständig ist. Wobei die kleine GJ-Klasse eher bei 10 und die G-Klasse eher bei 20 Litern auf 100 Kilometer liegen dürfte.
Das passt zur Haltung von Messebesucher Marc, 53: "Grundsätzlich hat jeder eine Verantwortung für die Umwelt, aber das widerspricht eben oft dem, was die Spaßgesellschaft will. Und: Es hängen 'ne Menge Jobs an der Automobilindustrie."
Auch E-Autos werden getunt
Auch wenn es einigen schwer fällt zu glauben, es wird eine elektrische Zukunft ohne Verbrenner-Autos geben - und auch dann wird es noch Tuning geben. So steht auf der EMS zum Beispiel auch ein Tesla Model S mit Carbon-Karosserie und ausgebauter Rücksitzbank. Dank dieses Tunings ist es bei den in der Szene beliebten Vierteilmeile-Rennen angeblich das schnellste Auto mit Straßenzulassung in Deutschland.
Daneben steht Matthias, Elektroinstallateur, er war schon immer Auto-Fan, sagt er, und das E-Auto sei für ihn die Zukunft. Tesla zeige es ja bereits, mache der S-Klasse von Mercedes Konkurrenz. Gerade im Alltag sei das E-Auto besonders angenehm. Allerdings habe der Verbrenner seinen ganz eigenen Charme - und den werde er auch noch lange haben, zum Beispiel für eine sportliche Runde am Wochenende auf der Rennstrecke.