Die türkische Militäroffensive in Nordsyrien steht wohl kurz bevor. Die EU fordert ein "Ende der Feindseligkeiten", die Bundesregierung warnt vor Eskalation.
Die EU und die Bundesregierung haben die Türkei vor den Folgen einer Militäroffensive im Norden Syriens gewarnt. Bewaffnete Auseinandersetzungen im Norden des Landes würden "nicht nur das Leiden von Zivilisten verstärken und zu massiven Vertreibungen führen", sondern bedrohten auch laufende politische Bemühungen für eine Beilegung des Syrien-Konflikts, sagte eine EU-Sprecherin am Montag in Brüssel. Sie kündigte an, dass sich die EU-Außenminister bei ihrem Treffen am kommenden Montag mit Syrien befassen würden.
"Die Bundesregierung nimmt die wiederholten Ankündigungen türkischer Politiker eine einseitige Militäroperation in Nordsyrien zu starten, sehr ernst", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Montag in Berlin. "Ein solches militärisches Eingreifen würde zu einer weiteren Eskalation in Syrien führen", fügte sie hinzu. Sie zeigte jedoch gleichzeitig Verständnis für die Sicherheitsinteressen der Türkei im Grenzgebiet.
Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Steve Alter, sagte, Innenminister Horst Seehofer (CSU) habe türkischen Regierungsvertretern in Ankara vergangene Woche deutlich gemacht, dass die Bundesregierung mit den türkischen Plänen für die Einrichtung einer "Sicherheitszone" in Syrien "ihre Probleme hat". Es sollen dort Flüchtlingen angesiedelt werden.
Die Europäische Union erkenne zwar die "berechtigten Sicherheitsbedenken" der Türkei an, bleibe aber "der Einheit, Souveränität und territorialen Integrität des syrischen Staates verpflichtet", sagte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. "Jegliche nachhaltige Lösung" für den Syrien-Konflikt könne aus Sicht der EU nicht durch militärische Mittel erreicht werden, sondern nur durch einen "echten politischen Übergang".
EU: Keine Voraussetzungen für "Sicherheitszone"
Die EU fordere die Türkei weiter auf, in Syrien "ein Ende der Feindseligkeiten sicherzustellen" und "den Schutz von Zivilisten zu garantieren", sagte die Sprecherin weiter. Auch für die EU sind demnach nicht die Voraussetzungen für den Plan Erdogans gegeben, nach der Offensive in einer "Sicherheitszone" im Norden des Bürgerkriegslandes zurzeit noch in der Türkei lebende Syrien-Flüchtlinge anzusiedeln. "Das kann nur erfolgen, wenn die Bedingungen für eine freiwillige und würdevolle Rückkehr gegeben sind."
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Montag erklärt, die Militäroffensive könne unmittelbar bevorstehen. Sie richtet sich gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG).
Bislang war die US-Armee im Kampf gegen Dschihadisten mit den YPG verbündet und unterstützte die Miliz mit Waffen und Spezialkräften. Die US-Streitkräfte begannen nach Angaben von Aktivisten am Montag aber mit dem Rückzug aus dem syrisch-türkischen Grenzgebiet.