Die EU im Würgegriff von Nationalisten? Der schillernde Linkspolitiker Yanis Varoufakis kämpft deshalb mit Ex-Playmate Pamela Anderson für die "Demokratie in Europa".
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Nun also wirbt Pamela Anderson für Yanis Varoufakis: Das Ex-Playmate unterstützt Griechenlands Ex-Kurzzeit-Finanzminister im Wahlkampf um einen Platz im neuen Europäischen Parlament. Damit bekommt der schillernde Wirtschaftsprofessor, der einst während der Finanzkrise der deutschen Regierung die Stirn bot, reichlich Publicity für seine neue Herzensangelegenheit, die transnationale Bewegung "Democracy in Europe Movement 2025" (DiEM25).
Anderson setzt sich mit sexy Pose für Varoufakis ein
Varoufakis tritt an als Spitzenkandidat des deutschen Parteienablegers der Bewegung, "Demokratie in Europa". Die verfolgt eine Demokratisierung der Europäischen Union und zahlreiche Reformen des Staatenbundes. Varoufakis sagt: "Europa wird demokratisiert oder es wird zerfallen!" Und er sieht sich und seine Mitstreiter in der Pflicht als Aktivisten, nicht als Berufspolitiker: "Dass wir für ein politisches Amt antreten, ist eine lästige Pflicht - wie abends den Müll runterbringen." Jemand müsse es eben tun.
Die Rebellen-Attitüde verfängt. Pamela Anderson gibt sich als Varoufakis-Fan und wirbt lasziv auf den Wahlplakaten für "Demokratie in Europa". Frei nach dem alten Wowereit-Slogan für Berlin: Europa ist zwar aktuell arm dran, aber dennoch sexy! Die inzwischen 51-jährige Kanadierin, die in den 1990er-Jahren international durch die TV-Serie "Baywatch" bekannt wurde, kann sich nach eigener Aussage vor allem mit dem Wunsch nach einem "Wandel im politischen Klima" identifizieren und mit dem ökologischen Programm der Bewegung, dem so genannten "Green Deal", der unter anderem "grüne Energie, grünen Verkehr und grüne Landwirtschaft" fordert.
Für Grundeinkommen und liberale Migrationspolitik
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Außerdem setzt sich die 2016 gegründete Bewegung unter anderem für eine offene EU-Flüchtlings- und Migrationspolitik ein, für ein Grundeinkommen, eine stärkere Transparenz von Regierungen und Institutionen in ganz Europa. Langfristig strebt die DiEM25 zudem eine gesamteuropäische Verfassung an. Diese soll die bisher gültigen EU-Verträge ersetzen.
Bei der Europawahl wird die DiEM25 mit je zehn Kandidatinnen und zehn Kandidaten als erste europaweite Liste mit einer gemeinsamen politischen Agenda in mindestens neun EU-Mitgliedstaaten antreten. Während seiner Wahlkampftour durch Deutschland begrüßt Varoufakis seine Zuhörer gern per Handschlag und seinem markanten Lächeln. Er will Nähe vermitteln und den Menschen nach eigenen Worten verständlich machen, "warum bestimmte Dinge in ihrem Alltag verbunden sind mit Europa".
Varoufakis: Europa könnte Opfer von "politischen Monstern" werden
Varoufakis mahnt auch, dass kapitalistische Misswirtschaft, Militarismus und nationaler Egoismus Bausteine seien, die Europa gefährdeten. Das einzigartige Friedensprojekt EU könne im schlimmsten Fall zum Opfer von "politischen Monstern" werden. Der Ökonom preist dagegen die DiEM25 als eine "echte europäische Bewegung" progressiv Denkender.
Dass der Grieche für Deutschland bei der Europawahl antritt, hängt unter anderem damit zusammen, dass es in der Bundesrepublik im Gegensatz zu anderen gewichtigen EU-Mitgliedsstaaten keine Sperrklausel für Kleinstparteien gibt. Das erhöht Varoufakis‘ Chancen auf einen Sitz im EU-Parlament deutlich.
Nationale Parteien versus paneuropäische Bewegung
Als EU-Bürger mit Wohnsitz in Berlin sieht der Politiker alle rechtlichen Voraussetzungen für seine Kandidatur in Deutschland erfüllt. Wie erfolgreich Varoufakis und die DiEM25 bei der Europawahl abschneiden werden, bleibt bis zur Wahl naturgemäß Spekulation. Allerdings gehen Beobachter eher davon aus, dass die Chancen gesamteuropäisch betrachtet minimal sein dürften.
"Zwar ist die Bewegung mit einigen sehr prominenten Köpfen aus Politik und Gesellschaft bestückt, jedoch hat sie seit ihrer medial sehr wirksamen Gründung im Jahr 2016 eher wenig öffentliches Interesse generiert", fasst die Politologin Julia Schmälter zusammen. Verstärkt werde die Marginalisierung "durch die immer noch sehr an nationalen Parteien ausgerichteten Wahlkampagnen", so Schmälter, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Jean Monnet Lehrstuhl für Europäische Integration und Europapolitik an der Universität Duisburg-Essen tätig ist.