Mit durchschnittlich sechs bis sieben Euro pro Quadratmeter bezahlen die Berliner, die ihre Wohnungsverträge bereits vor längerer Zeit abgeschlossen haben, vergleichsweise günstige Mieten. Allerdings sind die Angebotsmieten in der Hauptstadt in den vergangenen Jahren stärker gestiegen als in jeder anderen deutschen Großstadt. Das heißt: Wer heute eine Mietwohnung in Berlin sucht, muss laut Senat und dem aktuellen Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin im Schnitt 10,32 Euro pro Quadratmeter bezahlen. Für freie Wohnungen haben sich die Mietpreise in den vergangenen zehn Jahren also in etwa verdoppelt.

Die Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" will mittels eines Volksbegehrens den Berliner Senat zu einem so genannten "Rekommunalisierungsgesetz" zwingen und damit die Enteignung von Wohnungskonzernen erreichen, die in Berlin mehr als 3.000 Wohneinheiten besitzen. Die Wohnungsbestände sollen in Gemeineigentum überführt werden und die betroffenen Unternehmen "deutlich unter Marktwert entschädigt werden". Verwaltet werden sollten die Wohnungen nach dem Wunsch der Bürgerinitiative künftig durch eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR). In deren Satzung soll demnach auch festgehalten werden, dass die Bestände der AöR nicht privatisiert werden dürfen.

Die Initiatoren berufen sich mit ihrem Bestreben, Wohnungsunternehmen in Gemeineigentum zu überführen, auf das Grundgesetz. In Artikel 15 heißt es dort: "Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden." In Artikel 14 des Grundgesetzes heißt es zudem: "Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig."

Die Deutsche Wohnen sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt und weist darauf hin, dass das Unternehmen nicht mit Wohnungen spekuliere. Vielmehr sei es "an einer langfristigen Bewirtschaftung" der Bestände interessiert. "Deshalb halten wir unsere Immobilien im Zuge von Sanierungen technisch und energetisch auf einem zeitgemäßen Stand", so der Wohnungskonzern. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), der auch die Interessen der Deutsche Wohnen vertritt, weist darauf hin, dass die "Durchschnittsmiete der Deutsche Wohnen mit 6,71 Euro sogar am unteren Rand des von Stadtentwicklungssenatorin Lompscher als gemeinwohlorientiert definierten Mietenbereichs zwischen 6,50 und unter zehn Euro liegt".

Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) bezeichnet die Vergesellschaftungspläne der Bürgerinitiative als "Enteignungsfantasien ohne Fundament". Der BBU verweist in dem Zusammenhang auf ein Gutachten des ehemaligen Verfassungsgerichtspräsidenten des Landesverfassungsgerichts Berlin, das zu dem "eindeutigen Ergebnis" komme, "dass eine Enteignung weder mit dem Grundgesetz noch mit der Berliner Landesverfassung vereinbar wäre". Um Druck aus dem Berliner Mietwohnungsmarkt herauszunehmen, fordert der BBU die Regierung und Verwaltung Berlins vielmehr dazu auf, ihre Anstrengungen im Wohnungsneubau weiter zu intensivieren.

Informationen zusammengestellt von Marcel Burkhardt