Die Preise klettern in die Höhe, Fotografen sichern sich die besten Blickwinkel auf den roten Teppich und viele Stars sind schon da: Cannes ist bereit für seine Filmfestspiele.
Joe Morpelli kennt sie alle. Er ist einer der dienstältesten Promi-Jäger von Cannes. Stolz zeigt er einen Schlüsselbund, an dem ein gutes Dutzend kleiner Schlüssel hängt. Mit denen haben er und seine Freunde ihre Leitern am Boulevard de la Croisette angeschlossen, gleich gegenüber vom roten Teppich. Dort ziehen von Dienstag Abend an zwölf Tage lang die Promis an ihm vorbei.
Promi-Jäger hofft auf fette Beute
"Ich bin seit 36 Jahren dabei, das kann ich selbst kaum fassen", sagt Joe und zeigt stolz ein Fotobuch, in dem er seine besten Aufnahmen versammelt hat. "Wir kennen uns hier alle, und es ist jedes Mal wieder tolle Stimmung." Dieses Jahr hofft er auf besonders fette Beute: Quentin Tarantino, Brad Pitt, Leonardo di Caprio, Isabelle Huppert, Elton John, Diego Maradona und Penelope Cruz sind nur einige von denen, die Joe und seine Freunde mit den Teleobjektiven zu erhaschen versuchen.
Das sonst eher verschlafene Côte d’Azur-Städtchen hat sich seit dem Wochenende gut gefüllt. Viele Festivalbesucher sind durch die umgehängten Einlasskarten oder die Festivaltaschen - in diesem Jahr aus Leinen und Lederimitat im Safaristil - leicht zu erkennen. Vor dem Registrierungsbüros stehen die ankommenden Journalisten Schlange. Insgesamt werden etwa 4.000 von ihnen zu einem der bedeutendsten Filmfestivals der Welt erwartet.
Bewohner mit gemischten Gefühlen
Die Bewohner von Cannes sehen das Festival mit gemischten Gefühlen. "Für die Stadt ist es toll, dass so viele Menschen aus aller Welt herkommen", meint Yohan, der mit seinen Freunden in einem der vielen Straßencafés sitzt. "Aber es ist auch anstrengend, überall sind die Straßen gesperrt, und man findet kaum noch einen Parkplatz", schränkt seine Freundin ein.
Quelle: reuters
Die Preise klettern in Cannes während der Festivalzeit in schwindelnde Höhen. Ein Teller Nudeln kann schon mal 24 Euro kosten, und ein schäbiges Hotelzimmer, das während der Nebensaison für 40 Euro zu haben ist, findet in der zweiten Maihälfte auch für 260 Euro einen Mieter. Was die Suiten in den Luxushotels kosten, in denen all die Stars unterkommen, verschweigen die Hoteliers diskret.
Ein Fünftel Frauen
Über die 21 Filme im Wettbewerb urteilt die Jury unter Vorsitz des mexikanischen Filmemachers Alejandro González Iñárritu. Und der brach als erstes Mal eine Lanze für dir große Leinwand. "Man muss einen Film nicht nur sehen, sondern auch erleben. Kino ist dafür da, um ein Gemeinschaftserlebnis zu vermitteln", sagte er kurz vor Beginn des Festivals auf der Pressekonferez der Jury. Er habe nichts dagegen, Filme auf dem Telefon oder dem Laptop zu sehen. "Das mache ich ja auch selber", räumte er ein. "Aber es ist eben nicht dasselbe wie auf einer großen Leinwand."
Jury-Mitglied Alice Rohrwacher, eine italienische Filmemacherin, zeigte sich leicht genervt von der Dauerfrage, wie es denn so lebe und arbeite als weibliche Filmemacherin und damit Vertreterin einer recht kleinen Minderheit - im Wettbewerb sind dieses Jahr etwa ein Fünftel Frauen.
Quelle: dpa
"Das ist, als ob Sie einen Überlebenden eines Schiffsbruchs fragen, warum gerade er noch lebe", sagte sie. Diese Frage müsse man nicht dem Überlebenden stellen, sondern vielmehr dem Schiffsbauer, der für den Unfall verantwortlich ist, fügte sie hinzu. Ein Festival sei nur das letzte Glied in der Kette, Frauenförderung müsse viel früher anfangen, schon bei den Filmschulen, betonte Rohrwacher.