Die EU-Kommission arbeitet mit Hochdruck am angekündigten Programm für ein klimaneutrales Europa. Tatenlosigkeit ist keine Option, sagt Kommissionsvize Frans Timmermans.
Der "Green Deal" verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: Europas Wirtschaft soll klimaneutral werden. Das heißt im Klartext, dass ab 2050 keine zusätzlichen Treibhausgase mehr in die Atmosphäre gelangen sollen, sondern entweder vermieden oder gespeichert werden, zum Beispiel in Wäldern. Ein realistischer Zeitplan? Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission und zuständig für den "Green Deal", gibt sich optimistisch: "Wenn wir die Gesetze binnen fünf Jahren fertig bekommen, haben wir noch 25 Jahre für die Umsetzung."
Mit dem "Green Deal" für ein klimaneutrales Europa rollen massive Veränderungen auf die Bürger zu. Der gesamte Fahrplan soll erst nächsten Mittwoch vorgestellt werden. Heute nannte Timmermans erste Beispiele aus dem Plan, darunter Müllvermeidung, den Umbau des Nahverkehrs, neue Hilfen zur Modernisierung von Häusern und Heizungen und ein massives Programm zur Aufforstung und zur Begrünung von Städten.
Vier EU-Länder müssen noch überzeugt werden
Beim EU-Gipfel kommende Woche soll ein neuer Versuch unternommen werden, alle EU-Staaten auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu verpflichten. Im Sommer hatten sich noch vier der 28 Länder quergestellt. Vom Zieldatum 2050 könne man dann rückwärts rechnen und die Maßnahmen beschließen, die auf dem Weg nötig sind, sagte Timmermans.
Tatenlosigkeit sei hingegen keine Option, so der Vizepräsident der EU-Kommission. Wäre ein Komet auf Kollisionskurs mit der Erde und Wissenschaftler würden vor einem Einschlag in 30 Jahren warnen, würde schließlich auch gehandelt werden. Ähnlich sei es mit der Klimakrise.
Sozialverträgliche Lösungen angestrebt
Wichtig sei, alle Bürger mitzunehmen und zu vermeiden, dass es bei dem Prozess einige wenige große Gewinner und viele Verlierer gebe. So könnten sich viele Menschen 15.000 oder 20.000 Euro für eine neue Heizung oder bessere Isolierung nicht leisten. Für sie könnte ein Vertragspartner den Umbau übernehmen, den Hausbesitzer dann über Jahre abbezahlen. "Wir müssen das organisieren", sagte Timmermans.
Das geplante "massive, massive Programm zur Wiederaufforstung" betreffe nicht nur die Wälder, die bereits heute unter dem Klimawandel litten. Es gehe auch um Grünflächen in den Städten, die einerseits für bessere Luft sorgen sollten, andererseits aber auch Kühle im Sommer brächten, gerade im Süden Europas.
Ein Arbeitspapier der EU-Kommission zum "Green Deal" war vorige Woche bekannt geworden. Es umfasst in erster Linie Überschriften und Daten für ein Gesetzgebungsprogramm. So will die EU-Kommission bereits bis März 2020 ein Klimagesetz vorlegen, mit dem das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 festgeschrieben wird.
Das zweite große Ziel des "Green Deal" ist kurzfristiger: bis 2030 sollen die europäischen Treibhausgase "in verantwortlicher Weise" um 50 bis 55 Prozent unter den Wert von 1990 gesenkt werden. Wie das gehen soll, will die EU-Kommission bis Oktober 2020 in einem umfassenden Plan darlegen.