Nach zwei eher friedlichen Wochen eskaliert die Situation auf den Straßen Hongkongs wieder. Die Polizei setzt Wasserwerfer und Tränengas gegen Demonstranten ein.
In Hongkong ist am Sonntag erneut eine Demonstration mit Zehntausenden Teilnehmern eskaliert. Die Behörden hatten den Protestzug durch das Einkaufsviertel Tsim Sha Tsui eigentlich mit Verweis auf die öffentliche Sicherheit und die zunehmend gewaltsamen Proteste untersagt. Zwei Angriffe auf Demokratie-Aktivisten in den vergangenen Tagen hatten die Proteste jedoch neu angeheizt.
Brutales Vorgehen der Polizei
Trotz des Demonstrationsverbots beteiligten sich zehntausende Menschen an den zunächst friedlichen Protesten. Die Kundgebung eskalierte, als gewaltbereite Demonstranten Benzinbomben auf eine Polizeiwache, Eingänge von U-Bahn-Stationen sowie auf Bankfilialen warfen.
Die Polizei antwortete mit Tränengas und jagte tausende Menschen mit Wasserwerfern durch eine der Hauptgeschäftsstraßen Hongkongs. Beobachtern zufolge setzte die Polizei die Wasserwerfer so intensiv ein wie kaum zuvor bei den andauernden Protesten. Zudem deuteten Hustenanfälle von Menschen daraufhin, dass die Polizei dem Wasserstrahl Reizstoffe zugesetzt hatte.
Zusätzlich wurde eine blaue Farbe eingesetzt, die Einsatzkräfte zur Markierung von Demonstranten verwenden. Der Farbstoff enthält auch eine Pfefferlösung, die zu Hautverbrennungen führt. Demonstranten versuchten, den Vormarsch der Bereitschaftspolizei zu verlangsamen, indem sie Barrikaden in Brand setzten.
Erneut waren viele Demonstranten mit US-Flaggen zu sehen. Die Annahme eines Gesetzentwurfs im US-Abgeordnetenhaus zur Unterstützung der Demokratiebewegung in Hongkong hatte vergangene Woche schwere Spannungen zwischen China und den USA ausgelöst. Der Entwurf schreibt wirtschaftliche Sanktionen vor, wenn die Autonomie Hongkongs untergraben wird. Er sieht ferner Strafmaßnahmen gegen Politiker vor, die Freiheitsrechte von Hongkongern verletzt haben.
Massenproteste dauern seit fünf Monaten an
Die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong wird seit fast fünf Monaten von Massenprotesten erschüttert. Die Demonstrationen in der Finanzmetropole hatten sich anfänglich gegen ein geplantes Gesetz gerichtet, das Überstellungen von Verdächtigen an Festland-China ermöglichte. Mittlerweile richten sie sich generell gegen die pro-chinesische Führung in Hongkong und die Einschränkung der Demokratie.
Zuletzt hatten die Proteste etwas an Fahrt verloren, nachdem die Regierung ein Vermummungsverbot verhängt hatte. Außerdem wurde der U-Bahn-Verkehr eingeschränkt. Das macht es für Demonstranten schwieriger, sich in der Stadt zu bewegen.
Angesichts der harten Haltung der Regierungen in Hongkong und Peking sind die Proteste zunehmend gewalttätig geworden. Wiederholt kam es zu Zusammenstößen zwischen jungen Demonstranten und der Polizei. Immer wieder werden Demonstranten und Demokratie-Aktivisten zudem von Schlägern attackiert.
Zunehmend gewaltsame Zusammenstöße
Am Mittwoch wurde der Chef der Protestgruppe Civil Human Rights Front (CHRF), Jimmy Sham, von einer mit Hämmern bewaffneten Schlägertruppe so schwer verletzt, dass er ins Krankenhaus musste. Am Samstagabend wurde ein Mann, der Flugblätter verteilte, von einem Messerangreifer attackiert und an Bauch und Hals verletzt. Wie auf einem Video in Online-Netzwerken zu sehen war, rief der Angreifer nach der Attacke: "Hongkong gehört zu China."
Figo Chan von der CHRF, die zu den Protesten am Sonntag aufgerufen hatte, forderte die Demokratie-Aktivisten auf, sich mit einer Teilnahme an der verbotenen Demonstration der Gewalt zu widersetzen. "Wenn wir morgen nicht auf die Straße gehen, wird die Gewalt siegen und sich ausweiten", sagte Chan. Er machte die Regierung, die Polizei und Mitglieder der chinesischen Mafia, die sogenannten Triaden, für die Gewalt verantwortlich.