Vor fünf Jahren marschieren 4.800 Hooligans gegen Salafisten durch Köln. Hogesa gibt es zwar längst nicht mehr. Doch der Protest und die Bilder von damals wirken bis heute nach.
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Was passiert nach Köln?
Nach dem Protest in Köln sind die Hooligans euphorisiert. Das Gemeinschaftsgefühl - zu wissen, da draußen gibt es Tausende, die einer Meinung mit ihnen sind -, beflügelt die Bewegung. Am 15. November 2014 versucht Hogesa den Erfolg in Hannover direkt zu wiederholen.
Doch in Niedersachsen sind die Vorzeichen andere: Zum einen sind die Behörden nun vorbereitet. Mehr als 5.000 Polizisten kesseln knapp 3.200 Demonstranten ein. Statt eines Aufmarschs gibt es nur eine Kundgebung. "Die Behörden", sagt einer der führenden Hooligans im Jahr 2015 im Interview, "wollten uns zerstören."
Zum anderen zeigen sich deutliche Risse in der Hooligan-Szene. Hannovers Hooligans stehen geschlossen gegen Hogesa. Die Polizei schätzt, dass Hooligans in Hannover nur noch 45 Prozent der Demonstranten ausmachen. Ebenso viele Demonstranten ordnet die Polizei der rechten Szene zu.
Im Anschluss an Hannover zerfällt Hogesa. Interne Konflikte und Streitereien lähmen die Organisation. "Wir hatten viele Differenzen und konnten uns auf nichts mehr einigen", sagt der Hooligan. Auch Geld wird zum Problem. Das Merchandising der Organisation verkauft sich gut. Doch mehrere Tausend Euro verschwinden.
Im Dezember 2014 gründen einige der Organisatoren eine neue Gruppe, "Gemeinsam Stark Deutschland". Mit ihren Protesten kann die Gruppe jedoch nie an Hogesas Erfolg anknüpfen. Mehr als 400 bis 600 Demonstranten kommen nie zusammen.
Und heute? Was ist aus der Organisation Hogesa geworden?
"Als Organisation ist Hogesa tot", sagt der Fanforscher und Rechtsextremismus-Experte Robert Claus. Das bestätigt auch der Politikwissenschaftler Richard Gebhardt, der sich intensiv mit rechten Bewegungen und Fanszenen im Fußball auseinandersetzt. "Als Apparat ist Hogesa Geschichte", sagt Gebhardt, am Ende nicht mehr als eine "temporäre, vergängliche Kampfgemeinschaft" gewesen, wie der Fanforscher Gunter Pilz schon kurz nach Köln bemerkt habe. "Gemeinsam Stark Deutschland", sagt Claus, sei vor allem in den sozialen Medien "noch recht aktiv". Außerdem, fügt Claus hinzu, seien die Gruppen von damals weiterhin untereinander vernetzt.
Sind die Hogesa-Aktivisten nun in anderen Bewegungen aktiv?
Robert Claus nennt vor allem lokale und regionale Gruppen. "Die Bruderschaft Deutschland aus Düsseldorf sammelt Nazis, rechte Hooligans und Rocker ein", sagt Claus. Auch die selbsternannten Bürgerwehren aus Nordrhein-Westfalen, etwa die Steeler Jungs in Essen, stünden in der Tradition von Hogesa.
Insgesamt existiere in der extremen Rechten eine "Arbeitsteilung", sagt Claus. Die Hooligans stellten dabei eine Art "Gewaltmonopol der rechten Aufmärsche". Richard Gebhardt sieht in ihnen "die Avantgarde des Volkszorns, den militanten Arm des Wutbürgertums, das Ausgerichtetsein auf den Systemsturz". Das zeige sich nicht nur im Westen, sondern vor allem im Osten - am Rande von Pegida, in Chemnitz, bei rechten Bewegungen grundsätzlich.
Wirkt Hogesa darüber hinaus nach?
Davon ist Richard Gebhardt überzeugt. "Die Bilder, die Hogesa produziert hat, dieser martialische Aufmarsch, das ist ein Teil des Szene-Mythos geworden", sagt er. "Der umgestürzte Polizeiwagen war ein Symbolbild für eine gekippte Staatsmacht", sagt Gebhardt. Der Breslauer Platz in Köln sei "in diesem Moment eine besetzte Zone" gewesen, "die die Szene sich angeeignet habe". Eine Machtdemonstration.
Gleichzeitig habe Hogesa als "wichtiger Reizverstärker für Pegida" gewirkt. Vor Hogesa, am 20. Oktober 2014, marschierten gerade einmal 350 Menschen durch Dresden. Nach Hogesa stieg ihre Zahl rasant. Schon Anfang Dezember waren es etwa 10.000. Am 12. Januar 2015 marschierten geschätzt 25.000 Pegida-Anhänger durch Dresden. "Die Hooligans", sagt Gebhardt, "sind tatsächlich so etwas wie ein Vorreiter der sozialen Bewegungen von Rechts gewesen." Auch Robert Claus sagt, dass Hogesa als einer der ersten großen, rassistischen Aufmärsche "der Szene viel Selbstbewusstsein gegeben hat".
Zudem, fügt Gebhardt hinzu, habe sich Hogesa schon 2014 als "Seismograph für die Risse in der Bundesrepublik Deutschland" erwiesen. "Dass man sich selbst darstellt als Ordnungsmacht gegen den staatlichen Kontrollverlust, zeigen bis heute solche Gruppierungen wie die Steeler Jungs in Essen", sagt Gebhardt.
Und wie hat Hogesa die Fanszenen im Fußball verändert?
"Hogesa hat den alten, rechten Hooligans vor allem bewusst gemacht, dass auch sie gesellschaftlichen und politischen Einfluss haben", sagt Robert Claus. Auf die Fanszenen, da sind er und Richard Gebhardt sich einig, hat Hogesa aber - wenn überhaupt - nur sehr lokal Einfluss genommen.
"Aus meiner Sicht war Hogesa nie ein Phänomen der Stadien", sagt Gebhardt. Und Claus sieht in einigen Fanszenen zwar durchaus ein Wiedererstarken der Subkultur, eine junge Hooligan-Generation. "Das hat jedoch eher mit wachsenden Kontakten nach Osteuropa und der Professionalisierung der eigenen Gewalt im Kampfsport zu tun", sagt Claus. "Die junge Generation an trainierten Hools hat auf die älteren Bierbäuche bei Hogesa eher abfällig heruntergeguckt."
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