Ein EU-Gericht urteilt über staatliche Beihilfen für italienische Banken. Die haben viele faule Kredite in ihren Bilanzen. Ein Risiko, das jederzeit hochkochen kann.
Dass das italienische Bankensystem mit einigen Problemen kämpft, konnte man spätestens nicht mehr ignorieren, als die Traditionsbank Monte dei Pasci di Siena vom italienischen Staat gerettet werden musste. Doch damit sind die Probleme vieler italienischer Banken nicht gelöst – immer wieder sind seither kleinere Banken ins Straucheln geraten. Zuletzt hatte es Anfang des Jahres die Bank Carige getroffen: Die italienische Regierung hat die zehntgrößte Bank Italiens zu Jahresbeginn gerettet, um einen Ansturm der Kunden auf ihre Einlagen zu verhindern.
Viele faule Kredite in Italiens Bankbilanzen
Die Carige steht beispielhaft für ein Problem, mit dem auch andere Banken Italiens nach wie vor zu kämpfen haben: einem hohen Anteil an ausfallgefährdeten Krediten in ihren Bilanzen. Die können hochtoxisch wirken und die Banken in Schieflage bringen. Um zu verstehen, wie es zu dieser Ansammlung an giftigen Krediten kam, muss man zurückschauen auf die große Finanz- und Wirtschaftskrise. Nach dem heftigen Konjunktureinbruch konnten viele Unternehmen ihre Kredite nicht mehr bedienen. Auf diesen faulen Krediten sitzen die Banken zum Teil nach wie vor.
Immerhin kann man ein Stück weit Besserung vermelden. Nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW) ist der Anteil notleidender Kredite an allen Darlehen spürbar gesunken: Lag er 2015 noch bei knapp 17 Prozent, hat er sich bis Juni 2018 auf unter 10 Prozent reduziert.
Staatsschulden als Damoklesschwert
Dennoch tun sich Italiens Banken nach wie vor schwer mit ihren faulen Krediten, weil es nicht einfach ist, Abnehmer für sie zu finden. Und die wenigen, die an solchen notleidenden Kreditpaketen interessiert sind, verlangen hohe Abschläge; sie spekulieren darauf, dass sich zumindest ein Teil der Kredite erholt und so ein Gewinn für sie heraus springt. "Für die Banken ist dieses Geschäft wegen des Abschlags unattraktiv, denn auch sie hoffen, dass die Gläubiger ihre Schulden doch zurückzahlen", sagt Markus Demary, Volkswirtschaftler beim IW.
Ein zweites Damoklesschwert, das über den italienischen Banken schwebt, sind Italiens Staatsschulden. In diesem Zusammenhang hat sich die neue italienische Regierung im vergangenen Jahr negativ bemerkbar gemacht. Denn mit der Römer Koalition aus 5-Sterne-Bewegung und Lega Nord kehrte die Unsicherheit an die Finanzmärkte zurück.
Das Risiko italienischer Staatsanleihen
Das Problem: Die Institute haben einen riesigen Haufen von Staatsanleihen ihrer eigenen Regierung in ihren Bilanzen schlummern. Ende 2018 lag das Volumen insgesamt bei über 420 Milliarden Euro. In keinem anderen Land der Eurozone liegt der Anteil gemessen am Eigenkapital der Banken höher. Die Unsicherheit gipfelte Ende des Jahres im Haushaltsstreit zwischen Rom und Brüssel. In der Folge schnellten die Zinsen für italienische Staatspapiere in die Höhe, die Kurse bröckelten entsprechend. Eine riskante Situation, die Sorgen um die Stabilität des italienischen Bankensystems schlagartig wieder auf den Plan rief, manche sehen in diesem Problem sogar das Potenzial für eine neue schwere Eurokrise.
Jetzt ist es zwar wieder vergleichsweise ruhig geworden. Allerdings kann das Problem jederzeit wieder hochkochen. "Für uns ist das eines der derzeitigen Risiko-Szenarien", sagt Andreas Scheuerle, Volkswirt bei der Deka Bank – auch wenn er akut keine direkten Anzeichen für eine Verschlechterung der Situation sieht.
Faule Kredite und faule Ausreden
Im Gegenteil: Es gab zuletzt sogar gute Nachrichten für die italienischen Banken: EZB-Chef Mario Draghi hat eine dritte Runde von Langfristkrediten für europäische Banken quasi zum Nulltarif in Aussicht gestellt. Bislang gingen knapp 60 Prozent dieser Kredite der Notenbank an Banken in Italien oder Spanien.
Kritiker allerdings meinen, dass derartige Nullzinskredite vor allem eines fördern: Zombie-Banken, Banken also, die eigentlich nicht mehr lebensfähig sind und nur durch künstliche Geldspritzen noch existieren. "Draghi hat immer dazu gesagt: Ich kaufe euch nur Zeit. Ihr müsst Euch trotzdem reformieren, müsst eure faulen Kredite abbauen, Eure Bilanzen bereinigen", meint Andreas Krautscheid, Geschäftsführer des deutschen Bankenverbandes. "Manchen Politikern und manchen Banken in einigen Ländern aber hat er nicht Zeit gekauft, sondern faule Ausreden verschafft". Deswegen sei es für Banken nicht nur in Italien dringend geboten, ihre Bilanzen aufzuräumen.