Ursula von der Leyen wird EU-Kommissionspräsidentin. Dafür hat sie lange gekämpft. Ein Kommentar.
Tatsächlich. Ursula von der Leyen hat das Rennen gemacht - an die Spitze der EU-Kommission, als erste Frau, als Deutsche fast ein halbes Jahrhundert nach der Hallstein-Kommission. Sie, deren politische Karriere in Berlin schon auszulaufen schien - und zwar wenig glanzvoll: Berater-Affäre, Beschaffungschaos, immer ohne Chance auf die Kanzlerschaft, vor Jahren schon gescheitert mit dem Wunsch, Bundespräsidentin zu werden.
Eisernes Lächeln
Eine unvollendete Karriere - aus Gründen: Ihr Ehrgeiz immer zu offensichtlich, das Lächeln zu eisern, das Herzblut zu taktisch eingesetzt. Doch nun? Hat der Ehrgeiz sein Ziel gefunden und wirkt plötzlich gerechtfertigt. Als hätte sie Jahre auf nichts anderes gewartet, hat von der Leyen ihren Moment genutzt, und plötzlich passt alles zusammen: ihre Biographie, ihre Professionalität, ihr Geschlecht und: Ihr Ehrgeiz.
Ursula von der Leyen ist eine gute Wahl für dieses Amt. Sie schafft neue Chancen für ein angeschlagenes Europa: die Deutsche mit dem Segen aus Paris, das kann Brüssel die dringend nötige Dynamik bringen. Schade und peinlich, dass die deutschen Sozialdemokraten das nicht erkennen konnten: Wer hoch auf die Palme klettert, sollte besser wissen, wie man wieder herunterkommt.
Wichtigste Frau Europas
Die neue Präsidentin muss nun zeigen, was sie kann. Tempo machen, durchlüften, anpacken, was die Kommission angeht, integrieren, was das Parlament angeht, das bei diesem Wahlgang verwundet wurde, auch aus eigener Hand. Pflaster-Kleben reicht da nicht, das weiß Frau Dr. von der Leyen, die vor einem bisher nie eine Scheu hatte: vor einschneidenden Operationen.
Ursula von der Leyen, ihr Ehrgeiz darf sich nun in Brüssel bewähren. Und sie muss einen Titel ausfüllen, den bisher eine andere trug: wichtigste Frau Europas.