Zehn Tage hatten die Delegierten bei der UN-Klimazwischenkonferenz Zeit, um den Klimaschutz voranzubringen. Doch die Lobby der Energiewirtschaft verhinderte den Fortschritt.
Weder weltweite Hitzerekorde noch breite Proteste auf der Straße konnten die Verhandlungen der 3.000 Delegierten in Bonn beeinflussen, um am Ende durchschlagende Fortschritte in zentralen Punkten zu erzielen. Das Verhandlungstempo für eine entschlossene Umsetzung des Pariser Klimaabkommens gerät mehr und mehr ins Stocken. "Der politische Wille für ehrgeizigeren Klimaschutz fehlt in mehreren Staaten", bilanziert Rixa Schwarz, Teamleiterin für Internationale Klimapolitik bei Germanwatch.
Verhindern trotz großem Druck
So hat Saudi-Arabien - teilweise mit Unterstützung der USA und dem Iran - einmal mehr die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Erderwärmung angezweifelt und trat damit auf die Bremse der internationalen Beratungen. Das ist nicht verwunderlich, denn all diese Länder setzen auf Erdöl und Schiefergas. Aber auch die EU hat es verpasst, den Verhandlungen einen Schub in die richtige Richtung zu geben. Vor allem die osteuropäischen Länder kämpfen für die Kohleindustrie und leisten Widerstand beim gesetzten Ziel, bis 2050 eine EU-weite Klimaneutralität zu erreichen.
Das bedeutet, dass die EU ab Mitte des Jahrhunderts nicht mehr Treibhausgase produzieren darf, als Ausgleichsmaßnahmen - etwa durch Aufforstung oder CO2-Speicherung - vorhanden sind. Laut EU-Positionspapier wollen Länder wie Frankreich und Deutschland dieses Ziel dennoch anstreben.
Strittige Punkte
Die Förderung eines dynamischen, sich ständig verschärfenden Klimaschutzes, der Umgang mit klimabedingten Schäden und Verlusten sowie die Handhabung der sogenannten Marktmechanismen haben mehrere Verhandlungsparteien blockiert. Brasilien etwa bekämpft nach wie vor eine Doppelzählung von Emissionsminderung. Das heißt: Neben den eigenen Anstrengungen der Treibhausgasminderung, beispielsweise durch Waldprojekte oder Solarparks, sollten auch noch die verfügbaren Verschmutzungsrechte handelbar sein.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze betont indes: "Für uns ist es zentral, dass es bei der Nutzung der Marktmechanismen tatsächlich zu Emissionsminderungen kommt, dass die Rechte nicht mehrfach gezählt werden können und dass die Mechanismen einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten."
Hitzige Debatten in den Verhandlungsräumen, aber auch eine für Juni ungewöhnliche Hitze draußen: Nach Einschätzung der Gastgeberin der nächsten UN-Klimakonferenz, Chiles Umweltministerin Carolina Schmidt, sind die Folgen des Klimawandels konkret spürbar: "Das ist nicht etwas, was in 100 Jahren passiert, es ist etwas, was wir jetzt schon erfahren", so ihr abschließendes Statement.
Verhandlungs-Kalender
Beim G20-Gipfel im japanischen Osaka wird das Thema Klimaschutz auf der Tagesordnung stehen. Grundlage für die Staats- und Regierungschefs wird eben jenes Papier sein, welches die Delegierten in Bonn am Ende zusammengetragen haben - allerdings ohne griffige Punkte. Dennoch ist Rita Schwarzelühr-Sutter, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, optimistisch und meint: "Dass sich 19 Staaten eindeutig zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens bekennen - wenn auch nach zähen Verhandlungen - sollte nicht unterschätzt werden. Das ist angesichts der Position der USA keine Selbstverständlichkeit."
Im September findet dann in New York ein UN-Klimasondergipfel statt. Die EU müsse sich dort für die Verschärfung der nationalen Klimaschutzmaßnahmen stark machen. So lautet die Forderung von UN-Generalsekretär Antonio Guterres. Das Tempo beim Klimaschutz müsse angezogen werden. Die EU solle eine Treibhausgassenkung bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 erzielen. Das stellt auch hohe Ansprüche an die deutsche Klimastrategie.
Anfang Dezember findet in Chile die 25. Weltklimakonferenz statt. Dort sollen die Regeln für die Marktmechanismen verabschiedet werden. Zudem solle eine verbindliche Regelung zur Finanzierung der klimabedingten Schäden und Verluste verabschiedet werden. Und schließlich soll die Verschärfung der nationalen Ambition im Klimaschutz verabschiedet werden.
Christine Elsner ist Mitglied der ZDF-Umweltredaktion.